Pünktlich um 14.15 Uhr meldete sich DAZN-Moderatorin Laura Wontorra an der Seite von Experte Sami Khedira aus Frankfurt. Und um die historische Tragweite zu betonen, begann sie mit Hermann Hesse: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“

Seit dem 21. September 1952 gibt es am Samstagnachmittag Konferenz-Schaltungen von Fußballspielen der höchsten Spielklasse im Hörfunk. Produziert werden sie bis heute vom Westdeutschen Rundfunk (WDR). Vor 25 Jahren gab es dann die erste Konferenz-Schaltung der Fußball-Bundesliga im TV. Zunächst bei Premiere, dann bei Sky. Nun, zum Jubiläum, hat DAZN die Rechte.

Michael Bracher hatte im Vorfeld bereits angekündigt, dass man das Erfolgsformat nicht neu erfinden wolle. Der Fußball werde im Mittelpunkt bleiben, so der DAZN-Programmchef, der sich beim Herausstreichen der Unterschiede noch eine Spitze an die Konkurrenten gegönnt hatte: „Wir werden nicht on air singen.“ Sky-Clown Frank Buschmann, ein Meister der gekünstelten Emotion, hatte am letzten Spieltag der vergangenen Zweitligasaison nach einem Kölner Treffer „Kölle Alaaf“ am Reportermikrofon mitgeträllert und damit Kritik geerntet.

Nein, Lieder wurden bei DAZN an diesem ersten Samstagnachmittag tatsächlich nicht angestimmt, die Redaktion hielt Brachers Versprechen. Dafür präsentierte der neue Konferenz-Inhaber aber den größten TV-Schreihals in seinen Reihen.

Oliver Forster für DAZN im Einsatz

„Es könnte eine relativ laute Angelegenheit an der Alten Försterei heute werden“, orakelte DAZN-Feldreporter Tom Scheunemann gleich bei der ersten Schalte nach Berlin. Der erfahrene Journalist dürfte seinen Satz mit Blick auf die Atmosphäre auf den Rängen gewählt haben. Die Vorhersage hatte aber auch durchaus Berechtigung in Bezug auf die interne Personalbesetzung.

Die DAZN-Startaufstellung des 1. Spieltags: Robby Hunke kümmerte sich um Leverkusen gegen Hoffenheim, auch Jan Platte (Frankfurt gegen Werder), Max Siebald (Freiburg – Augsburg) sowie Marcel Seufert (Heidenheim vs. Wolfsburg) waren im Einsatz. Und um den Stuttgarter Auftritt in Berlin kümmerte sich: Oliver Forster.

Sie dürften den Kommentator kennen, zumal er von Hunke zum Auftakt der (30 Minuten früher als sonst begonnen) Übertragung um 14 Uhr als „Legende“ angekündigt worden war. Forster ist seit Jahrzehnten in Radio und TV für die unterschiedlichsten Sender im Einsatz, ist Stadionsprecher der Nationalmannschaft und wäre mit seinen modischen Armbändchen, Gel-Igelfrisur und weißem Shirt unter oft pastellfarbenen Sakkos auch durchaus kompatibel als Schlager-Act im ZDF-Fernsehgarten. Nebensächlichkeiten.

Als Kommentator geht es ja vor allem um seine Stimme. Und die ist markant wie keine andere. In seinen Live-Kommentaren und Zusammenfassungen wechselt er verlässlich zwischen extrem laaaaaaannggezogenen Wooooooorten. Und. Einem. Ab. Ge. Hack. Ten. Stak. Ka. To. Ein Doppelpass, der dann gern noch mit eigentlich überflüssigen Wiederholungen garniert wird. Foooooorster heißt der Mann. Forster, Forster, dieser Foooooorster. Oliver. For. Ster.

Man kann das mögen, man darf das aber auch für affektiert halten. Wenig Diskussionsspielraum allerdings bleibt bei der Bewertung seiner Lautstärke. Auf der „Aus-dem-Sattel-geh“-Skala lässt Forster selbst ohne Gesang Buschmann locker hinter sich, dreht auf, schreit, um die Worte dann plötzlich nur noch erschöpft zu hauchen. Eine Achterbahnfahrt der Selbstdarstellung.

Konferenz-Zentrale am Spielfeldrand

Zunächst aber überraschte er am Samstag beim neuen Kommentatoren-Talk vor dem Spiel: Leverkusen sei nach den vielen Abgängen wieder „ein Nobody, den du nicht so richtig geil findest in der Bundesliga“, sagte der 57-Jährige. Ja, da zog selbst Nebenmann Platte verdutzt die Augenbrauen hoch.

Die fünf Konferenz-Kommentatoren im lockeren Plausch über die Spiele, ein bisschen Eigenlob über den Rechteerhalt („Der Samstag gehört uns“), dazu wurde mit einigen interaktiven Features Modernität suggeriert: Hunke wies auf TikTok-Chat und Fanzone hin und präsentierte mit einem Bilderrätsel ein wenig KI-Spielerei. So verlief der Start, ehe der Ball dann nach Frankfurt gespielt wurde.

DAZN hat die Zeit vor dem Anpfiff aus dem Studio an den Spielfeldrand verlegt. Von dort schalteten Wontorra und Khedira zu den Feldreportern, die Einschätzungen, Interviews und Selbstreferenzielles boten. So erfuhren wir, dass Reporter Mario Rieker schon 80 Minuten vor dem Spiel Gänsehaut hatte. Angebrachte Emotionalität für den Kracher Freiburg gegen Augsburg.

Ansonsten gab es eingespielte Analysen und Porträts, ein Live-Gespräch mit Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche, der zumindest mehr zu sagen hatte als das lebendige Frankfurter Maskottchen: Steinadler Attila wurde ebenfalls an den Tisch geholt.

Auch bei Laura Wontorra kribbele es, wie die 36-Jährige mit Blick auf den nahenden Anpfiff bekannte. Gut, dass ihr ausreichend Zeit zum Durchatmen blieb: sechs Werbeblöcke wurden zwischen 14 Uhr und dem Anpfiff um 15.30 Uhr geschaltet. Die Feldreporter mussten dann im Rahmen eines Fan-Gewinnspiels noch ihre Ergebnistipps abgeben.

Präsentiert wurde dieses von einem Wettanbieter, ein Branchenkonkurrent bewarb während der Konferenz die Tor-Schalten, während die eingeblendeten Zwischenstände von anderen Plätzen „powered by“ einem Cloud-Anbieter waren.

Forster mit eigenen Kreationen

Auch die Kommentatoren saßen im Münchner Studio eng beieinander, und Hunke durfte sich dann als erster mit dem klassischen „Tor in Leverkusen“ die Kollegen unterbrechen.

Forster, der im Mai den Bundesligaaufstieg des HSV live begleitete („Die Peeeerle ist wieder da!“) und mit dem Wechsel zur DAZN-Konferenz national nun selbst eine Klasse höher mitspielen darf, musste noch auf seinen Premierentreffer warten und vertrieb sich die Zeit, indem er Banalitäten wie Großchancen kommentierte. Der Konfettiregen der Union-Fans, der zu einer Spielunterbrechung führte, klang dann so: „Gellllllbe, weiiiiiiße, Rose (sic!), roooote Zettel hier unterwegs. Fantastisch.“ Nun ja.

In der 18. Minute dann sein großer Auftritt: „Toooooooooooooor in Berlin!“ Die Angst, dass er im Anschluss an die Nacherzählung des Treffers vor Erschöpfung live am Mikrofon zusammenbrechen würde, war greifbar. Und die Frage stand mit zunehmender Dauer von Spielen und Sendung im Raum, ob er vielleicht das ist, was Programmchef Bracher meinte, als er mehr „entertainige Elemente in die Konferenz“ ankündigte?

Forster ist jedenfalls immer gut für kreative Neuerungen. So sind lauffreudige Spieler bei ihm „on the road“, und das Spiel kommentiert er ohnehin auf seine ihm ganz eigene Art: „Und jetzt doch der VfB. Und der Neue. Der Rückkehrer. Und die Hacke. Drin … drin, drin.“ Was er meinte: Tiago Tomas hatte Stuttgarts Anschlusstreffer zum 1:2 erzielt.

Fazit der DAZN-Bundesligakonferenz

Der Fan erhält mit der Bundesliga-Konferenz bei DAZN das, was er von Sky kannte. Auch technisch – bei DAZN nicht selbstverständlich – gelang der Auftakt. Und sogar die taktische Ausrichtung der Mannschaft weist Parallelen auf.

Wenn man so will, ist Forster nun der neue Buschmann, das polarisierende Element im Team. Nur wer hoffte, dass mit dem Wechsel mehr von der bekannten DAZN-Fachkompetenz und -Analytik in die Konferenz einziehen würde, blieb am Ende um 18.30 Uhr ein wenig enttäuscht zurück. Für all jene schließen wir mit Hesse. Sein von Wontorra zitiertes Stufen-Gedicht endet recht passend: „Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“

Wenn Lutz Wöckener nicht gerade irgendeinen Sport im Selbstversuch ausprobiert, schreibt er über Darts und Sportpolitik, manchmal aber auch Abseitiges wie Fußball.

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