Der Treffer von RB Leipzig im Auftaktspiel der Fußball-Bundesliga gegen den FC Bayern wäre wahrscheinlich ohnehin nur eine kleine Schadensbegrenzung gewesen. Am Ende gewann der deutsche Rekordmeister 6:0 (3:0). Der vermeintliche Anschlusstreffer der Leipziger war eine der Szenen des Abends. Denn noch vor allen anderen wusste einer, dass dieses Tor nicht zählen darf: Bayerns Mittelfeldstar Joshua Kimmich.

Was war passiert? In der 66. Spielminute knallt Antonio Nusa den Ball unter die Latte, Schiedsrichter Florian Badstübner pfeift. Treffer zählt. Es ist das 4:1, erzielt nach einem Freistoß von Castello Lukeba (22). Leipzig feiert, Kimmich reklamiert – obwohl der Treffer aus Perspektive der meisten sauber aussah.

Nach dem Spiel erklärte Kimmich: „Dann haben wir halt das Gegentor bekommen, dementsprechend habe ich reklamiert. Dann wurde das überprüft, ich weiß gar nicht, was. Dann wurde das Tor gegeben.“

Kimmich ließ nicht locker. Was er bemerkt hatte: Lukebas Freistoß war falsch ausgeführt worden. Der Verteidiger war zunächst angedribbelt, bevor er ihn geschossen hatte. Nachdem der ausführende Spieler den Ball berührt hat, darf er das nicht nochmal tun, bis ein anderer Spieler ihn berührt hat – so ist es in den Regeln des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) festgelegt. Das kleine Dribbling von Lukeba war somit ein Regelverstoß, wie Kimmich richtig erkannte. „Ich bin ehrlich, sowas habe ich noch nie erlebt, dass jemand beim Freistoß einfach losdribbelt“, so Kimmich.

Der Nationalspieler weiter: „Ich habe weiter reklamiert und die Gelbe Karte bekommen. Aber sie haben es dann nochmal überprüft und völlig zurecht zurückgenommen.“

Zumindest das Leipziger Tor. Die gelbe Karte behält Kimmich. Denn seinen Verstoß, das Meckern, macht die Rücknahme des Tors nicht rückgängig. Noch kann der Mittelfeldspieler gut damit leben: „Ich hätte mir wahrscheinlich auch Gelb gegeben, weil ich relativ hartnäckig geblieben bin. Wenn ich dann meine fünfte bekomme, werde ich mich darüber ärgern. In dem Fall ist es eine Gelbe, die man verkraften kann, weil wir dadurch das Gegentor nicht bekommen haben.“

DFB nimmt Stellung zu dem Fall

Der Video Assistant Referee hätte aber in dieser Situation gar nicht eingreifen dürfen, wie Alex Feuerherdt als Leiter Kommunikation und Medienarbeit der DFB Schiri GmbH dem „Kicker“ sagte: „Die anschließende Torerzielung ist vom VAR gecheckt worden, aber die Art der Ausführung eines Freistoßes im Vorfeld eines Tores zu überprüfen, gehört streng genommen nicht zu seinen Aufgaben.“

Aufgrund der ungewöhnlich heftigen Proteste der Bayern habe sich der Schiedsrichter veranlasst gefühlt, beim VAR nachzufragen. „Der VAR hat sich daraufhin im Sinne des Fußballs ausnahmsweise zu einem kurzen Hinweis auf die irreguläre Freistoßausführung entschlossen, weil es niemand verstanden hätte, wenn dieses Tor gezählt hätte. Am Ende stand die richtige Entscheidung, das Tor nicht zu geben“, so Feuerherdt. Der Anspruch müsse es sein, eine solche Situation auf dem Feld korrekt zu lösen.

Keine Kritik am Schiedsrichter

Wut auf den Schiedsrichter? Bei den Bayern Fehlanzeige. Nach dem Spiel nahmen Kimmich und Sportvorstand Max Eberl den Unparteiischen Badstübner in Schutz. Für den war es das erste Mal, dass er ein Eröffnungsspiel einer Bundesliga-Saison pfiff, erst im Januar wurde er zum Fifa-Schiedsrichter befördert. Gemeinsam mit Matthias Jöllenbeck als Nachfolger von Bastian Dankert und Christian Dingert.

Kimmichs Lob an Badstübner: „Am Ende bin ich schon froh, dass er den Mut hatte, das zurückzunehmen.“

Eberl sprach nach der Partie mit dem Unparteiischen und erzählte: „Dass die Situation zu einem Tor führt, passiert wahrscheinlich einmal bei 10.000 so belangloser Freistöße. Das habe ich Florian auch gesagt. Ich glaube, er war verwirrt, wie wir alle verwirrt waren. Er ärgert sich sehr.“

Reklamieren hilft laut Max Eberl

Lob von Eberl gab es auch für die nicht Verwirrten auf dem Spielfeld: „Wenn die Mannschaft nicht so reagiert hätte, hätte er das Tor gegeben.“

Reklamationen sind im Fußball gang und gäbe, denn auch die Spieler wissen: Damit können sie möglicherweise Unsicherheit beim Schiedsrichter erzeugen. Selbst wenn er eine Entscheidung nicht zurücknimmt, könnte er versuchen, das im Zweifelsfall bei der nächsten Entscheidung auszugleichen.

Zur bislang letzten EM gab es daher eine Regel-Änderung: Nur Kapitäne dürfen mit dem Schiedsrichter diskutieren. Der DFB übernahm die Regel.

Jennifer Ruf ist seit Januar 2025 Volontärin im Sportkompetenzcenter. Sie liebt Motorsport und berichtet für WELT und das Sportkompetenzcenter vor allem über Fußball – egal, ob Bundesliga oder international.

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