Nein, Sorgen macht sich Niko Kovac wegen seiner Abwehr nicht. „Wir werden drei Innenverteidiger aufbieten, das kriegen wir hin“, sagte der Trainer von Borussia Dortmund, der mit seiner Mannschaft am Montag das erste Pflichtspiel der Saison 2025/26 absolvieren wird. Der BVB, den Kovac in der vergangenen Saison in fast aussichtsloser Situation übernommen und dann doch in der Champions League geführt hat, muss im DFB-Pokal beim Drittligisten Rot-Weiss Essen antreten (20:45 Uhr/live Sky und ARD). Es gibt Aufgaben mit geringerer Fallhöhe.
„Ich weiß, dass an der Hafenstraße die Hütte brennen wird“, so Kovac. Es werde eine Partie mit Derby-Charakter werden, in denen spielerische Unterschiede allein schon aufgrund der Atmosphäre schnell unbedeutend werden könnten. Seine Spieler, so der BVB-Coach, müssten deshalb alles tun, um zu verhindern, dass die Essener, die bereits zwei Pflichtspiele in der dritten Liga hinter sich haben, ernsthaft an ihre Chance glauben könnten. Denn ein frühes Scheitern im Pokal wäre für die Dortmunder gleichbedeutend mit dem Verfehlen eines Saisonzieles. „Wir wollen ins Endspiel kommen und es gewinnen“, erklärte Kovac.
Der 53-Jährige wird die Mission mit einigen Problemen angehen müssen. Da ist die aufgrund der Teilnahme an der Klub-WM stark verkürzte Vorbereitung. „Wir wissen noch nicht so recht, wo wir stehen“, gibt Kovac zu. Das liegt auch daran, dass der BVB bislang in Bezug auf Verstärkungen nicht so richtig vorangekommen ist – und dass es speziell in einem Mannschaftsteil nur wenig Alternativen gibt.
Mit Niklas Süle hatte sich am vergangenen Sonntag im Testspiel gegen Juventus Turin bereits der dritte Innenverteidiger verletzt – nach Nico Schlotterbeck und Emre Can. Kovac kann in Essen – und wohl auch bei den ersten beiden Bundesligaspielen beim FC St. Pauli (23.8.) und gegen Union Berlin (31.8.) – nur noch auf einen gelernten Innenverteidiger zurückgreifen: Waldemar Anton.
Kovac muss in der Abwehr improvisieren
Das fällt besonders schwer ins Gewicht, da die Dortmunder es gewohnt sind, mit drei zentralen Abwehrspielern zu agieren. Das 3-5-2-System praktiziert Kovac seit März – und seitdem läuft es. Es hat der Mannschaft Stabilität gegeben. Kovac muss also improvisieren: Er wird mit Rami Bensebaini (links) einen Außenverteidiger nach innen ziehen und rechts dem jungen Filippo Mané (20) vertrauen müssen. Der Italiener, bislang noch ohne Bundesligaeinsatz, kann sowohl zentral als auch rechts hinten spielen, würde aber bei einer entspannteren Personallage kaum Chancen auf viel Spielzeit haben.
„Es sind immer Chancen und Risiken dabei“, kommentierte die Kovac die Situation. „Filippo Mané hat es in der Vorbereitung ganz gut gemacht. Ich habe volles Vertrauen in ihn.“ Dennoch gibt der erfahrene Coach zu Bedenken: „Wir haben da sicher einen Engpass. Deshalb gilt es nachzudenken, ob wir da noch etwas machen.“
Diese Frage stellt sich allerdings nicht nur aufgrund der neuen Probleme in der Defensive. Außer Jobe Bellingham, der für gut 30 Millionen Euro vom AFC Sunderland verpflichtet worden ist, und Ersatzkeeper Patrick Drewes ist noch kein neuer Spieler gekommen – obwohl es mit Jamie Gittens bereits einen prominenten Abgänger gibt, der 56 Millionen Euro Ablöse vom FC Chelsea in die Kassen gespült hat. Warum nur, fragen sich viele Fans, hält sich BVB auf dem Transfermarkt so stark zurück – obwohl Bedarf vorhanden ist?
Die Antwort ist komplex und offenbart ein grundlegendes, strukturelles Problem. Abgesehen davon, dass der Markt nur schleppend in Gang kommt und die Preise derzeit (noch) zu hoch sind: Die Dortmunder haben aufgrund von Entscheidungen, die sie vor und während der abgelaufenen Saison getroffen haben, bereits einen Teil ihres Budgets verbraucht.
So griff eine Kaufpflicht für Rechtsverteidiger Yan Couto, der im vergangenen Sommer von Manchester City ausgeliehen worden war und der nun für 20 Millionen Euro fest verpflichtet werden musste – obwohl der Brasilianer den Anforderungen bislang nicht entspricht. Bei Daniel Svensson ist letzteres zwar anders. Der Schwede, der im Winter von Nordsjaelland ausgeliehen wurde, ist Stammspieler. Doch um ihn fix zu verpflichten, musste ebenfalls eine Ablöse gezahlt werden: 6,5 Millionen Euro.
Das größte Handicap ist allerdings: Das Gehaltsvolumen der Mannschaft ist so hoch, dass es die Handlungsfähigkeit einschränkt. Da helfen auch die knapp 50 Millionen Euro, die durch die Klub-WM eingespielt wurden, nur bedingt. „Wir können uns alles wünschen, aber wir müssen auch die finanziellen Mittel haben, um diese Transfers zu realisieren“, sagte Kovac. Der im November scheidende Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke wurde deutlicher. „Man muss nicht jeden Wahnsinn mitmachen und beharrlich bleiben“, erklärte er.
Zähe Bemühungen um Facundo Buonanotte
Doch selbst trotz Beharrlichkeit könnte es schwierig werden. Die Bemühungen um den offensiven Mittelfeldspieler Facundo Buonanotte (20), der bei Brighton & Hove Albion unter Vertrag steht, sind zäh. Nicht nur der BVB möchte den Argentinier gerne ausleihen – auch Bayer Leverkusen, das durch Verkäufe bereits über 200 Millionen Euro eingenommen hat, ist interessiert – sowie eine Reihe englischer Klubs.
Auch eine Weiterverpflichtung von Carney Chukwuemeka (21), den die Dortmunder in der vergangenen Rückrunde von Chelsea ausgeliehen hatten, gestaltet sich schwierig. Kovac wird sich also in Geduld üben müssen: vor allem in Bezug auf Verstärkungen im Mittelfeld, wo er größeren Bedarf als in der Abwehr zu sehen scheint.
Die wirtschaftlich naheliegendste Strategie wäre es, wenn sich der BVB in diesem Sommer weiter zurückhalten würde. Denn im kommenden Sommer laufen eine Reihe teurer Spielerverträge aus: die von Süle, Julian Brandt, Emre Can – sowie die einiger Profis, die sportlich ohnehin kaum noch eine Rolle spielen wie Giovanni Reyna und Sébastien Haller.
Das allerdings würde bedeuten, dass in Bezug auf den Kader nur wenig neue Dynamik entstehen würde. Dabei wäre es sehr im Sinne von Kovac, den Kampf um die Startelfplätze anzuheizen. „Die Konkurrenz ist hier höher als bei anderen Klubs. Die Spieler, die sich für den BVB entscheiden, wissen, dass sie hier immer Leistung bringen müssen. Wenn nicht, zieht einer rechts oder links vorbei und nimmt deinen Platz ein“, sagte der Coach. Für die Abwehr und das offensive Mittelfeld gilt dies aktuell allerdings nur mit Einschränkungen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke