In Zeiten der Hoffnung wird jeder noch so kleine Schnipsel zu etwas Großem. Auch ein schnödes Blatt Papier im DIN-A-4 Format mit der Mannschaftsaufstellung, wie sich nun zeigte.
In England stand der Community Shield an, FC Liverpool gegen Crystal Palace, Meister gegen Sieger des FA Cups. Ein sportlich eher nachrangiger Pokalwettbewerb. Das Spiel gilt als der „Curtain Raiser“, also der Vorhangheber für die neue Saison. Gut für die Trainer, um noch mal experimentieren zu können, die Einnahmen gehen wohltätigen Organisationen zu.
Liverpool verlor das Duell im Wembleystadion, das schon mal vorweg. In Erinnerung blieb ohnehin eher dieses Blatt Papier mit der Startelf und den Reservespielern beider Teams – und eben allen voran Florian Wirtz.
Symbolfigur des mittelalterlichen Ritterideals
Denn der 22-Jährige war der einzige Spieler, der mit Zweitnamen aufgeführt war, in seinem Fall „Florian Richard Wirtz“. Als das Bild von der Mannschaftsaufstellung die Runde machte, schallte Hosianna durch das Netz. Einige sahen darin so etwas wie eine göttliche Erhöhung. „Gebt ihm, was er will“, kommentierte einer. Andere waren schlicht dankbar, dass sie endlich wussten, dass ihr neuer Star aus Deutschland zwei Vornamen hat und sie ihn nun korrekt lobpreisen können.
Und dann ist da ja auch noch diese spezifisch englische Beziehung zu Richard. In der Geschichte gab es drei englische Könige, die Richard hießen, der I., II. und III. Die letzten beiden kann man vergessen, wenig Ruhm und Ehre. Aber Richard I. kennt die Welt unter Löwenherz und aus den Robin-Hood-Filmen. Besungen von Troubadouren, verewigt von Chronisten, eine Symbolfigur des mittelalterlichen Ritterideals: furchtlos, gerissen, erfolgreich auf dem Schlachtfeld. Ein perfekter Herrscher.
So wünschen sie sich in Liverpool nun auch Florian Richard, das ist die Hoffnung. Der „Guardian“ attestierte fürs Erste respektvoll, Wirtz strahle „die hochmütige, aristokratische Ausstrahlung der besten deutschen Fußballer aus“.
Patrick Krull ist Sportredakteur der WELT. Von den Robin-Hood-Filmen fand er den mit Kevin Costner als Robin von Locksley am besten („Robin Hood – König der Diebe“). Kleine Erinnerung: Bryan Adams lieferte den Titelsong („Everything I do I do it for you“) – und König Richard Löwenherz spielte der große und selige Sean Connery.
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