Die Klub-WM markiert die neueste Episode der Titellosigkeit des deutschen Fußballs. Mit dem FC Bayern und Borussia Dortmund schieden beide deutschen Vertreter im Viertelfinale aus. In der Nations League reichte es für die Nationalmannschaft nur zu Platz vier, in den europäischen Vereinswettbewerben für deutsche Vertreter in der abgelaufenen Saison auch maximal fürs Viertelfinale.
Für Matthias Sammer nicht länger Ausdruck einer Pechsträhne, sondern es offenbart sich ein tiefgreifendes Problem. „Der deutsche Fußball hat seine grundsätzliche Identität und damit wesentliche Stärken verloren“, sagt der Berater von Borussia Dortmund im Gespräch mit dem „Kicker“. Es seien in der Spielweise zwar Veränderungen eingeführt worden, etwa „der wichtige Übergang von der einst gängigen mann- zur raumorientierten Spielweise“. Auch den neuen Fokus auf Ballbesitzfußball führt Sammer an.
Durch solche Innovationen seien aber Deutschlands traditionelle Stärken abhandengekommen. „Die Balance zwischen Innovation und Tradition, um unsere Identität zu bewahren, ist uns nicht geglückt“, sagt Sammer. Und er stellt eine provokante Frage: „Wofür steht der deutsche Fußball heute eigentlich? Ich kann es nicht erkennen. Wenn wir über die europäische und die Weltspitze sprechen, kann es nur ein Ziel geben: Titel zu gewinnen. Und das tun wir nicht.“
Das Interview kommt einer Abrechnung mit dem deutschen Fußball gleich – gerade im Vergleich zu früheren Zeiten. „Wir Deutschen sind, wie man an unserer Fußballgeschichte sieht, immer mannschaftlich geschlossen, robust und kompakt aufgetreten. Wir hatten Einzelspieler, die Genies waren; aber als Mannschaft waren wir eine Maschine. Heute sind wir noch maximal ein Maschinchen“, so der 57-Jährige.
„Viertelfinale bei der EM wurde verkauft wie ein Titel“
Auch der Umgang mit dem Ausscheiden bei der Heim-EM im Viertelfinale gegen Spanien (1:2 n.V.) stört den TV-Experten bei Prime. „Das Viertelfinale bei der EM 2024 wurde in der Öffentlichkeit verkauft wie ein Titel. Wir verkaufen also Durchschnitt als außergewöhnlich“, sagt Sammer. Die Wahrnehmung einer unglücklichen Niederlage gegen Spanien jedenfalls lässt er so nicht gelten: „Nicht der Spanier Mikel Merino hat mit seinem tollen Kopfball Deutschland im EM-Viertelfinale besiegt, sondern es lag vielleicht auch daran, dass wir – anders als früher – physisch nicht mehr dominieren.“
Die Analyse des Turniers – Deutschland siegte gegen Schottland, Ungarn und Dänemark und spielte zudem Unentschieden gegen die Schweiz – sei ohnehin „übertrieben positiv“ ausgefallen. Generell würden die Deutschen „unseren Fußball oftmals zu schön“ reden, zudem „oftmals nur noch zu erklären, wieso wir nicht erfolgreich sein können“. Ganz wichtig ist Sammer daher ein Wandel im Mindset: „Der deutsche Fußball muss wieder lernen, Durchschnitt nicht als Weltklasse zu verkaufen.“
Der Europameister von 1996 hat darüber hinaus eine klare Vorstellung, was sich ändern muss: „Wir müssen unseren Fußball nur neu justieren und Schwerpunkte definieren. Wir brauchen keine flachen Hierarchien mehr, sondern wieder Führungspersönlichkeiten auf und neben dem Platz.“
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