Es ist eine der schnellsten Etappen der Tour-Geschichte. Mit 50 km/h geht es für das Feld in Richtung Zentralmassiv. Eine lange Flucht, ein letzter Sprint: Tim Merlier gewinnt in der Hochburg der Sprinter. Der deutsche Meister stürzt und Dominator Pogacar verliert seinen wichtigsten Mann.
Als Tour-Rekordsprinter Mark Cavendish in "seinem" Châteauroux Etappensieger Tim Merlier gratulierte, strampelten Pascal Ackermann und Phil Bauhaus auf der Rolle etwas ratlos ihre Enttäuschung aus den Beinen. Auch auf dem letzten echten Flachabschnitt der 112. Tour de France hatte sich der Traum vom ersten Tageserfolg für die Sprint-Hoffnungsträger nicht erfüllt - das Warten auf das Ende des deutschen Siegfluchs geht weiter.
"Es ist meine dritte Tour, aber ich bin immer noch jedes Fall erschrocken, wie schnell das hier immer ist", sagte Bauhaus, der am Sonntag am Ende der 174,1 km langen 9. Etappe in die "Cavendish City" Châteauroux Siebter geworden war. Wie auch Ackermann auf Rang zwölf war Bauhaus im Vergleich mit den Top-Stars chancenlos geblieben.
Der Belgier Tim Merlier (Soudal Quick-Step) feierte seinen zweiten Tageserfolg, verwies in einem intensiven Massenspurt Italiens Sprint-Sensation Jonathan Milan (Lidl-Trek) und seinen Landsmann Arnaud De Lie (Lotto) auf die Plätze. Der letzte deutsche Tour-Tageserfolg liegt vier Jahre zurück, seit 80 Etappen sind die deutschen Fahrer in Frankreich sieglos. "Ich komme hier in Topform an, aber dann geht es nur darum, so schnell wie möglich zu sprinten", sagte Bauhaus. Viele Chancen dazu bleiben nicht mehr.
Zimmermann schleppt sich ins Ziel
Der Gesamtführende Tadej Pogacar und die Rivalen im Kampf um das Gelbe Trikot mussten auf Windkanten achten, verloren aber keine Zeit. Die Stars rollten im Hauptfeld ohne Zeitverlust ins Ziel. Pogacar führt die Gesamtwertung mit 54 Sekunden Vorsprung auf Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel an, geht die Fahrt ins Zentralmassiv am Montag dennoch geschwächt an: Sein am Freitag gestürzter Edelhelfer Joao Almeida stieg mit gebrochener Rippe vom Rad.
Ein großes Kämpferherz zeigte nach Jonas Rutsch auch Teamkollege Georg Zimmermann. Der deutsche Meister vom Team Intermarché-Wanty stürzte am Sonntag 114 km vor dem Ziel schwer, mit großen Schürfwunden am linken Oberschenkel und Arm setzte Zimmermann die Fahrt aber fort. Der tags zuvor gecrashte Rutsch ist ebenfalls weiter im Rennen.
Die große Bühne gehörte an einem für das Klassement ereignisarmen Wochenende den Sprintern. Milan nahm wie Merlier eine Hauptrolle ein. Die Italiener, die mit Fahrern wie Gino Bartali, Fausto Coppi oder Marco Pantani die Geschichte der Tour mitgeschrieben haben, hatten sechs Jahre auf einen Tageserfolg warten müssen. Nach 113 Etappen ohne Sieg sorgte der Tour-Debütant Milan aus dem Friaul am Samstag für die Erlösung. "Dieser Erfolg bedeutet viel für mich und mein Land", sagte der 1,96 m große Powersprinter Milan nach dem Gewinn der achten Etappe in Laval.
Am Nationalfeiertag geht's in die Bergen
Am Sonntag schien die erwartete nächste Sprintchance in Châteauroux, wo Tour-Rekordetappensieger Mark Cavendish (35 Siege) drei Mal triumphiert hatte, in Gefahr zu geraten. Eine überraschende Flucht von Superstar Mathieu van der Poel und seinem Teamkollegen Jonas Rickaert stellte das Feld vor massive Probleme. Superstar Van der Poel löste sich sechs Kilometer vom Ziel von seinem Teamkollegen und versuchte sein Glück als Solist. Die Mega-Flucht scheiterte auf der Zielgeraden.
Auf dem Schlusskilometer kämpften die Sprinter Rad an Rad um die Positionen. Europameister Merlier hatte nach einem intensiven Tag die größten Kraftreserven. "Es war ein sehr nervöses Rennen. Der Druck war nachher sehr groß im Feld", sagte Merlier, der bereits die dritte Etappe für sich entschieden hatte.
Die Sprintertage sind nun vorerst vorbei. Auf der zehnten Etappe geht es am französischen Nationalfeiertag ins Zentralmassiv, die 165,3 km von Ennezat nach Le Mont-Dore Puy de Sancy haben es mit 4450 Höhenmetern in sich. Insgesamt stehen sieben Anstiege der zweiten Kategorie auf dem Programm. Mehr dieser Art gab es auf einem einzigen Tour-Teilstück noch nie.
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