Lewis Hamilton ist ein Meister – nicht nur in der Formel 1, wo er sich bislang siebenmal zum Champion krönte, sondern auch in seinem sonstigen Auftreten. Der Brite ist ein Meister der perfekten Inszenierung. Den Beweis lieferte er am Montag. Bei der Premiere des Formel-1-Films „F1“, den Hamilton gemeinsam mit Hollywood-Star Brad Pitt und Regisseur Jerry Bruckheimer produzierte, strahlte der Ferrari-Fahrer auf dem New Yorker Times Square in die Kameras.
Wer es nicht besser wusste, hätte denken können, Hamilton sei nicht nur stolz auf das geschaffene cineastische Werk, sondern auch sportlich würde es wie gewünscht laufen. Er wirkte wie rundum zufrieden und auf besten Wege, sich zum achten Mal zum Weltmeister der Formel 1 zu krönen. Eine – wieder mal – perfekte Inszenierung.
Doch die Realität ist eine andere. Die mühsam aufgebaute Fassade bröckelt, und das immer häufiger – zuletzt nach dem Großen Preis von Spanien Anfang Juni. Statt nach der Zieleinfahrt in Barcelona aus seinem Ferrari auszusteigen, blieb Hamilton regungslos in seinem roten Renner sitzen. Während bei Teamkollege Charles Leclerc nach dessen drittem Platz Champagner auf dem Podest floss, flossen bei Hamilton Tränen.
Ungläubig saß er nach Platz sechs in seinem Dienstwagen, wischte sich durch das nur leicht geöffnete Visier die Augen trocken, um anschließend den Kopfschutz bis in das für die Medien abgeriegelte Ferrari-Teamhaus aufzubehalten. Die Weltöffentlichkeit sollte nicht sehen, dass die sonst so heile Welt immer größer werdende Risse bekommt.
Die Vorzeichen bei Ferrari standen gut für Hamilton
Denn nach drei krisengebeutelten Jahren und nur zwei Siegen mit Mercedes wollte Hamilton mit seinem Wechsel zu Ferrari den Thron der Königsklasse des Motorsports zurückerobern, sein letztes großes Karriereziel einfahren, den Gewinn der achten Weltmeisterschaft. Das würde ihn zum alleinigen Rekordchampion vor Michael Schumacher machen.
Die Vorzeichen standen gut. Der rote Renner war Ende vergangener Saison das beste Auto neben den McLarens. Die Scuderia verlor erst beim letzten Grand Prix das Rennen um den Konstrukteurstitel. Eine gute Grundlage für die Saison 2025. Das dachte auch Hamilton. Bei seinem Amtsantritt sagte der Brite hoffnungsvoll: „Ich bin voller Vorfreude, diese neue Ära mit solch einem talentierten und inspirierenden Team zu starten. Ich werde alles geben, um das Team, die Marke Ferrari und die Fans stolz zu machen. Heute beginnen wir ein neues Kapitel in der Geschichte dieses legendären Rennstalls, und ich kann nicht abwarten, wie unsere Story verlaufen wird.“
Dass sich der einstige König der Königsklasse des Motorsports den bisherigen Verlauf ganz anders vorgestellt hat, ist längst keine Frage mehr. Seine Bilanz nach zehn der insgesamt 24 Grands Prix: kein Podestplatz, nur Rang sechs in der Fahrerwertung – und damit keine Chance auf den achten WM-Erfolg. Viel zu wenig für die Ansprüche des Briten – aber beileibe nicht der einzige Rückschlag. Auch im teaminternen Duell mit Leclerc hat er das Nachsehen. Der Monegasse konnte nicht nur zwei Podestplätze erkämpfen, er nimmt auch mit 25 Punkten Vorsprung auf Hamilton Rang fünf der Meisterschaft ein.
Zwar hat auch Leclerc keine Hoffnungen mehr auf den Titelgewinn. Aber die Genugtuung, den erfolgreichsten Fahrer der Geschichte hinter sich zu lassen, dürfte sich wie ein Sieg anfühlen. Ein Genuss, in den auch schon George Russell bei Mercedes kam. In den drei Jahren als Teamkollege von Hamilton (2022 bis 2024) ließ er seinen britischen Landsmann zweimal hinter sich.
Hamiltons Widersacher, Russell und Leclerc, zählen zweifelsfrei zu den besten Fahrern der Formel 1, doch im Fahrerlager mehren sich dennoch die kritischen Stimmen gegenüber dem Ferrari-Zugang: Hat er noch das Zeug, Weltmeister zu werden? Ist er noch motiviert genug, um alles diesem Ziel unterzuordnen? Das sind die Fragen, die hinter vorgehaltener Hand diskutiert werden. Die – meist – dazugehörige Antwort ist deutlich: Nein – zumindest aktuell nicht.
Was in der Regel folgt, ist die Frage nach der Zukunft des siebenmaligen Weltmeisters. Hamiltons Vertrag bei Ferrari läuft bis mindestens Ende 2026. Sowohl das Team als auch sein Superstar sollen eine Option für ein weiteres Jahr haben. Ob eine der Parteien davon Gebrauch macht, wird sich Mitte nächster Saison abzeichnen. Die Hoffnung auf eine Kehrtwende in der Zukunft ist bei den Italienern noch groß. Denn von 2026 an greift ein neues Reglement in der Formel 1, das einer Revolution gleicht. Die dann elf Rennställe (Cadillac steigt in die Rennserie ein) werden mit kleineren Autos starten, deren Motoren zur Hälfte elektrisch angetrieben werden. Neuland für alle Teams. Doch Ferrari wird neben Mercedes und Honda ein Vorteil zugesprochen. Die drei Traditionsmarken beliefern sich und andere Formel-1-Teams seit Jahrzehnten mit Antriebseinheiten, haben die meiste Erfahrung.
In der Formel 1 traut sich keiner, Max Verstappen abzuschreiben
Red Bull, das erstmals mit einer Eigenkreation (in Zusammenarbeit mit Ford) in die Saison geht, erwartet intern, vorerst aus dem Feld der Favoriten zu verschwinden. Teamchef Christian Horner sagte der „Sport Bild“: „Es wäre arrogant von uns zu glauben, dass wir sofort besser sein können als unsere Konkurrenz. Ferrari ist in diesem Feld seit 75 Jahren, Mercedes seit rund 25. Audi und Honda haben ebenfalls einige der besten Antriebe der Welt in verschiedenen Motorsportbereichen gebaut. Wir müssen uns erst unsere Sporen verdienen. Nächstes Jahr steht ein Neustart an.“
Heißt für Hamilton und Ferrari: ein Konkurrent weniger. Zumindest in der Konstrukteurswertung. Denn in der Formel 1 traut sich keiner, Max Verstappen aus einem Titelrennen abzuschreiben. Der Niederländer konnte vergangene Saison seine vierte Weltmeisterschaft in Folge einfahren – und dass, obwohl er mit seinem Red Bull nur den drittbesten Boliden hatte. Verstappen weiß, dass ihm nächstes Jahr ein Nachteil beim Material droht. Dennoch machte er frühzeitig und öffentlich klar, dass er definitiv für den Energydrink-Konzern fahren wird. Nicht nur, weil sein Vertrag bis Ende 2028 läuft, sondern auch, weil es an echten Alternativen mangelt.
Mercedes hat mit Russell und Kimi Antonelli zwei starke Fahrer, McLaren mit Oscar Piastri und Lando Norris ebenfalls. Bei Ferrari ist Leclerc für die nächsten Jahre gesetzt. Hamilton liefert zwar nicht die Leistungen eines Königs, aber er ist mehr als nur ein Fahrer, sondern Aushängeschild und Markenbotschafter der Luxusmarke. Selbst, wenn der Brite 2026 seine Karriere beenden könnte, gilt ein Wechsel von Verstappen zur Scuderia als unwahrscheinlich. Zu unruhig und dominant ist das Umfeld des Niederländers. Ein Fakt, der bei den Italienern nicht gut ankommt.
Zumal Verstappen seine Zukunft selbst immer wieder offen lässt. Zwar hat er sich für 2026 an Red Bull gebunden, doch der Dritte der Fahrerwertung macht keinen Hehl daraus, dass er sich ein frühzeitiges Karriereende vorstellen kann. Verstappen will – anders als Hamilton – keine Rekorde knacken, er will aus Spaß fahren.
Sollte Red Bull wirklich nicht mehr zur Spitze der Formel 1 zählen und der Ausnahmefahrer keine Siegchance mehr haben, könnte er schnell die Lust verlieren. Das beste Beispiel dafür ist Sebastian Vettel. Nachdem er mit Red Bull (2009 bis 2014) und Ferrari (2015 bis 2020) dauerhaft oben mitfuhr, verging ihm bei Aston Martin innerhalb kürzester Zeit der Spaß. Nach nur zwei Jahren ohne nennenswerte Erfolge gab er Ende 2022 das Steuer ab. Er hatte erkannt, dass seine Zeit zu Ende ist. Eine Einsicht, die Hamilton bisher nicht hatte. Der Brite hofft noch immer, dass er sich sein Königreich zurückerobern kann. Spätestens 2026 möchte er wieder den Thron erklimmen und zum achten Mal Weltmeister werden.
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