Ein wenig Zanken kommt auch in der Liebe vor – so ähnlich ordnet Alexander Zverev den Disput mit Boris Becker ein. „In jeder Beziehung, ob es ein Partner ist oder mit jemand anderem, hat man Streitthemen. Das ist bei uns vielleicht eins gerade“, sagte der aktuell beste deutsche Tennisspieler. Rund zwei Monate, nachdem Bilder vom gemeinsamen Training aufgetaucht waren, tragen sie eine Meinungsverschiedenheit über die Öffentlichkeit aus. Auf die Kritik des dreimaligen Wimbledonsiegers antwortete Zverev mit Gegenkritik.

„Ich glaube, wenn es bei mir gut läuft, dann mache ich immer alles richtig. Und wenn es bei mir schlecht läuft, dann sind alle immer sehr, sehr schlau. Da gehört Boris leider dazu“, konterte der 28-Jährige, als er in Stuttgart gefragt wurde, ob er den Ruf nach einem Trainerwechsel mitbekommen habe.

Anlass ist das French-Open-Aus des Hamburgers der vergangenen Woche gegen Rekord-Grand-Slam-Sieger Novak Djokovic. Becker hatte öffentlich das einmal mehr passive Spiel angeprangert und Zverev den Rat gegeben, sich von seinem Vater als Coach zu trennen.

Bei einem kurzen Golftrip lenkte sich Zverev übers Wochenende ab, für den Auftakt der Rasensaison ist er am Montag direkt von Mallorca nach Stuttgart gereist. In der zum Pressezentrum umgestalteten Tennishalle redete der deutsche Topspieler zwar mit unaufgeregter Stimme. Er hielt sich aber nicht zurück, zeigte keine Einsicht. Er drückte klar seine Meinung aus.

„Das ist interessant, weil die Gespräche, die ich mit Boris persönlich führe, sind ganz anders. Vielleicht möchte er auch eine andere Maske aufsetzen, wenn er vor der Kamera steht und irgendwie anders dastehen“, sagte Zverev bei Sky.

Zverev schimpft über Rittner

Ob es stimme, dass er sich von seinem Vater und seinem Bruder Mischa unter Druck gesetzt fühle, jede Woche ein Turnier spielen zu müssen? „Es ist interessant, dass auf einmal alle alles besser wissen als ich selber“, sagte der Weltranglisten-Dritte. Er wisse nicht, woher eine solche Information stamme.

Besonders an Ex-Spielerin Barbara Rittner, die einst zu den Top 30 der Welt zählte und über viele Jahre deutsche Damenchefin war, ließ Zverev kein gutes Haar. Ihre Meinung nehme er erstens nicht ernst. Zweitens vertrete sie eine falsche Meinung, sagte er über die Eurosport-Expertin. Er wisse nicht, warum sie so viel Meinung zu ihm äußere. „Sie hat selber auf dem Niveau nie gespielt“, schimpfte Zverev bei Sky.

Mit Becker pflegt Zverev seit vielen Jahren Kontakt. Die Trainingsplatz-Bilder von Monte Carlo hatten Anfang April Gerüchte über eine mögliche Zusammenarbeit erneut angeheizt. Becker bezeichnet sich als Freund der Familie, schloss die Trainer-Rolle später aber aus. Nicht nur in seiner einstigen Funktion als Herren-Chef des deutschen Tennis haben sich die zwei aber schon oft ausgetauscht.

Zverev hat zwar schon mehrfach Ex-Profis engagiert, an seinem Vater als Haupttrainer hält er aber fest. Sein Bruder Mischa Zverev arbeitet als Manager. „Und ich glaube, in dieser Konstellation wird kein Neuer kommen“, kritisierte der sechsmalige Grand-Slam-Champion Becker nach der Niederlage gegen Djokovic: „Der Vater und der Bruder haben das hervorragend gemacht, aber für den letzten Schritt war das noch nicht gut genug.“

Paris-Champion Carlos Alcaraz und der Weltranglistenerste Jannik Sinner scheinen enteilt. Mit dem Wahnsinns-Finale der French Open erweckt das Duo den Eindruck, eine Dominanz wie einst Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic entwickeln zu können. Zverev klammert sich weiter an die Hoffnung, sich doch noch als erster deutscher Grand-Slam-Sieger bei den Herren seit Becker 1996 verewigen zu können. „Ich sehe mich immer noch als Kandidaten, gegen die beiden Jungs da oben anzutreten“, stellte Zverev klar.

Auf Mallorca gewann Zverev für ein paar Tage Abstand vom Grand-Slam-Frust. Beim Karten zocken und Golfen sei Tennis nicht das große Thema gewesen. „Ich war nicht auf dem Ballermann“, berichtete er gut gelaunt: „Ich habe tatsächlich 36 Löcher am Tag gespielt.“

Nun will der Australian-Open-Finalist in Stuttgart anfangen, sich auf Rasen in Grand-Slam-Form zu bringen. Voraussichtlich für Donnerstag wird sein erster Auftritt angesetzt.

Schon vorher könnte es zur Begegnung mit Becker kommen, denn auch der 57-Jährige wurde auf der Anlage des TC Weissenhof erwartet. „Wenn er mit mir sprechen möchte, bin ich dafür immer zu haben“, sagte Zverev respektvoll. „Er ist eine absolute Legende. Ich werde mir immer anhören, was er zu sagen hat. Ich muss aber nicht immer einig damit sein.“

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