Vor 25 Jahren hielt das Ruhrgebiet den Atem an. Ex-Nationalspieler Andreas Möller wechselte von Borussia Dortmund zum Revierrivalen FC Schalke 04. Ein Transfer, der weit über das gewöhnliche Maß hinaus für Furore sorgte. Nicht wenige erklärten den S04-Manager Assauer damals für "bekloppt".
"Möller hat mit seinem Berater bei uns um mehr Geld gepokert, gleichzeitig gesagt, er stünde bei einem anderen Klub im Wort. Dann hat er offenbart, dass er nach Schalke gehen will. Wir haben ihm nicht gesagt, dass er bekloppt ist. Aber gedacht haben wir es schon." BVB-Manager Michael Meier konnte sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen. Im Ruhrgebiet war der Paukenschlag im Frühsommer 2000 nicht zu überhören. Viele mussten die Nachricht mehrmals lesen: Andreas Möller wechselt von Borussia Dortmund zum Reviernachbarn FC Schalke 04. In der Tat ein Transfer, der weit über das gewöhnliche Maß hinaus für Furore sorgte.
Denn Meiers Worte waren damals der allgemeine Bundesliga-Tenor. Selbst der Sänger der "Toten Hosen", Campino, argwöhnte bei einem Konzert in den Dortmunder Westfalenhallen gemeinsam mit den anwesenden BVB-Fans: "Endlich seid ihr die Sch… los. Was für ein cleverer Schachzug, den Gegner so zu schwächen!" Und der künftige Mannschaftskollege Olaf Thon reagierte ebenfalls mit einem irritierten Schmunzeln auf die Verkündung des überraschenden Transfers: "Nein, das machen wir nicht. Das machen wir wieder rückgängig."
Natürlich war sich auch S04-Manager Rudi Assauer sehr genau bewusst, was er da tat: "Ich gehe keinen einfachen Weg, ich weiß, dass viele Fans sagen: 'Nun holt der diese Heulsuse.' Aber ich mache keine Fanbefragung, bevor ich jemanden verpflichte. Sonst könnte ich den Laden schließen." Doch auch intern hatte es Assauer nicht leicht mit seiner Entscheidung. Trainer Huub Stevens und Sportmanager Andreas Müller sollen sich damals offen und entschieden gegen einen Transfer von Möller nach Gelsenkirchen ausgesprochen haben. Und auch der damalige Aufsichtsratsboss Jürgen Möllemann unkte: "Möller wird durch ein Fegefeuer gehen müssen!"
"Wir haben Tempo-Taschentücher gekauft für die Heulsuse!"
Der ehemalige Nationalspieler von Borussia Dortmund nahm die Sache selbst allerdings erstaunlich gelassen. Er versuchte sich bei seiner Vorstellung sogar an einem Scherz: "Mein Lieblingswort heißt ab sofort Attacke." Vielleicht kam die gute Laune auch daher, dass sich Schalke den Wechsel einiges kosten ließ - auch wenn Rudi Assauer nicht müde wurde zu betonen, da es bei dem Transfer nicht ums "Geld ginge": "Möller verdient einen großen Betrag weniger als in Dortmund. Da gebe ich mein Ehrenwort."
Auch so bemühte sich der legendäre Schalker Manager mit allen Kräften und Mitteln, die Eingewöhnung für Möller in Gelsenkirchen so schmerzfrei wie möglich zu gestalten. Auf einer Werbetour mit dem Biersponsor und 800 Schalkern auf Mallorca meinte Assauer: "Möller war der meistgehasste Mann auf Schalke. Respekt, dass er das wagt. Ich erwarte von euch allen, die ihr Schalker seid: Gebt ihm eine faire Chance!" Als die Schalker Fans anschließend dennoch bierselig Hassgesänge gegen die "Heulsuse" anstimmten, meinte Assauer gewitzt: "Wir haben Tempo-Taschentücher gekauft für die Heulsuse!" Später am Abend stimmte der Manager schließlich in die Gesänge mit ein - und verteilte sogar tatsächlich Taschentücher an die Schalker Fans. So viel Mut zur Ironie kam an!
Dennoch hingen bei Möllers erstem Auftritt im Parkstadion Plakate wie "Assauer & Möller - verpisst euch!" und "Zecke Möller - willkommen in der blau-weißen Hölle" im weiten Rund. Für viele überraschend erkämpfte sich der Ex-Dortmunder jedoch recht schnell den Respekt der Schalker. Seine guten bis überragenden Leistungen und der hervorragende Start der gesamten Mannschaft halfen hierbei natürlich sehr.
Rudi Assauer hat recht behalten
Schalke spielte groß auf und gewann bereits bis zur Winterpause dreimal auswärts mit 4:0 (Berlin, Rostock, Dortmund). Während Assauer dies alles als "Momentaufnahme" gewertet wissen wollte, schrieben die Zeitungen schon die kommende Meisterschaft herbei. Soweit kam es am Ende, wie wir alle wissen, nicht.
Doch trotz des so unglücklichen zweiten Platzes ("Meister der Herzen") in Möllers erster Saison auf Schalke, war der Transfer, so "bekloppt" er am Anfang auch erschien, für die Königsblauen und für Andreas Möller letztendlich ein voller Erfolg. Zusammen mit Jörg Böhme, Radoslav Látal und Jiří Němec bildete der frühere deutsche Nationalspieler ein überragendes Mittelfeld-Quartett, das dafür sorgte, dass der FC Schalke 04 nicht nur erfolgreichen, sondern auch einen durchaus attraktiven Fußball spielte.
Und obwohl es in der Liga nur zum Vizemeister reichte, holte Möller in seinen drei Jahren auf Schalke immerhin zweimal den DFB-Pokal. "Ich bin davon überzeugt, dass er uns nach vorne bringt", hatte Rudi Assauer bei Möllers Verpflichtung gegen alle Widerstände gemeint. Am Ende sollte er recht behalten.
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