Manche Menschen nehmen Reize und Gefühle intensiver wahr. Das kann im Alltag einerseits dazu führen, dass sie überfordert sind, es kann aber andererseits Vorteile wie Empathie, Kreativität und ein feines Gespür für andere mit sich bringen. Was diese Menschen noch vereint: Sie gelten als hochsensibel. Wie Wissenschaftler nun in einer Studienarbeit herausgefunden haben, entwickeln hochsensible Menschen deutlich häufiger psychische Störungen als weniger sensible Personen. Für die Übersichtsarbeit und Metaanalyse haben Forscher der Queen Mary University of London und weitere Universitäten 33 Studien ausgewertet.
Während die psychologische Forschung bisher vor allem Neurotizismus und psychische Erkrankungen in den Blick nahm, zeigt diese neue Analyse, dass Sensibilität ein eigenständiger und relevanter Faktor für die psychische Gesundheit ist. Ziel der Arbeit war, den Zusammenhang zwischen Sensibilität und häufigen psychischen Problemen wie Depressionen und Angststörungen nachzuweisen. Sensibilität gilt als Persönlichkeitsmerkmal, das beschreibt, wie stark Menschen auf Umweltreize reagieren. Dazu gehören Faktoren wie körperliche Reize, helles Licht, subtile Veränderungen in der Umgebung oder soziale und emotionale Signale, etwa die Stimmung anderer Menschen. Hochsensible Personen nehmen das intensiver wahr.
„Dies ist die bisher umfassendste systematische Übersicht zu Sensibilität und psychischer Gesundheit“, erklärt Tom Falkenstein, Psychotherapeut und Doktorand an der Queen Mary University of London. Die Metaanalyse zeigt, dass hohe Sensibilität in engem Zusammenhang mit Depressionen, Angststörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, Agoraphobie (sogenannte Platzangst) und vermeidenden Persönlichkeitsstörungen steht. Rund 31 Prozent der Bevölkerung gelten als hochsensibel, was die Ergebnisse auch aus Sicht der öffentlichen Gesundheit bedeutsam macht.
Gleichzeitig reagieren hochsensible Menschen nicht nur stärker auf negative Erfahrungen, sondern profitieren besonders von positiven Einflüssen. Unterstützende Beziehungen, förderliche Umwelten oder psychotherapeutische Maßnahmen wirken bei ihnen überdurchschnittlich gut. Methoden wie Achtsamkeit, Entspannung oder Rückfallprophylaxe scheinen besonders geeignet.
Michael Pluess, Professor für Entwicklungspsychologie an der britischen University of Surrey, ergänzt: „Dies ist die erste Metaanalyse mit robusten Belegen dafür, dass hochsensible Menschen anfälliger für psychische Erkrankungen sind. Zugleich reagieren sie stärker auf positive Erfahrungen, darunter psychologische Behandlung. Ihr Wohlbefinden hängt besonders von der Qualität ihres Umfelds ab.“
Die Studie mit dem Titel „The Relationship Between Environmental Sensitivity and Common Mental-Health Problems in Adolescents and Adults“ wurde Anfang August in der Fachzeitschrift „Clinical Psychological Science“ publiziert. Die Ergebnisse legen laut den Forschern nahe, dass Sensibilität viel stärker in der klinischen Praxis berücksichtigt werden sollte. Dadurch könnten Diagnosen verbessert und Behandlungen gezielter abgestimmt und mentale Krisen oder Rückfälle in psychische Erkrankungen vorgebeugt werden.
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