Bei Klimaanlagen denken viele an Gesundheitsrisiken oder hohe Stromkosten. Wie groß das Unbehagen ist, merkte unsere Autorin, nachdem sie eine Anlage von innen gesehen hatte.

Vor einer Weile durfte ich im Keller unseres damaligen Bürogebäudes in die Klimaanlage schauen, genauer gesagt: In eine Anlage, die die Außenluft reinigte und temperierte. Ein freundlicher Haustechniker schloss mir einen Kellertrakt auf, den ich zuvor nie betreten hatte, und öffnete die schweren Stahltüren von mehreren Containern, jeder so groß wie mein kleines Büro. Dicht an dicht hingen darin Lamellen aus Filtervlies, um den Dreck der angesaugten Stadtluft abzuscheiden: Haare, Pollen, Schimmelsporen, Dieselruß – all den groben und feinen Staub, der da draußen herumfliegt. Außerdem brachte die Lüftungsmaschinerie die Luft auf moderate Temperatur und befeuchtete sie leicht.

Was mich besonders beeindruckte, war der Farbunterschied: Im ersten Container reinigten die Lamellen das, was man sich unter "frischer" Luft von draußen vorstellte. Hier waren die Filter dunkelgrau vom Stadtstaub. Der zweite Container filterte, was aus unseren Büros als Abluft zurückgeleitet wurde. Die Nachreinigung sollte die teure Klimaanlage vor Fusseln und anderem Kleinkram schützen. Doch diese Lamellen waren schneeweiß. So sauber war unsere Büroluft? Was atmete ich dann ein, wenn ich einfach das Fenster aufriss? 

Beeindruckt von meinem Ausflug in den Lüftungskeller nahm ich mir vor, die Anlage nun etwas öfter einzuschalten. Doch andere rümpften die Nase.

Deutsche und Klimaanlagen: eine komplizierte Beziehung

"Die Klimaanlage benutze ich nie. Ich brauche frische Luft!", hörte ich von einem Kollegen. Andere meinten, von der eisigen Zugluft bekäme man einen steifen Nacken, von den verquirlten Schadstoffen Kopfschmerzen und von den Schimmelpilzen aus der Lüftung Allergien. Ich dachte zurück an die schmutzgrauen Lamellen, die uns offenbar sehr viel vom Leib hielten, und merkte: Es ist kompliziert mit uns und den Klimaanlagen.

Hierzulande scheinen die Skeptiker bisher in der Mehrheit zu sein. Noch immer gelten die Deutschen – Klimawandel und Hitzewellen zum Trotz – im internationalen Vergleich als Klimaanlagenmuffel. Im Auto freuen wir uns zwar längst über Kühlung und Ventilation an heißen Tagen. Auch im Urlaub am Mittelmeer, in den USA oder in Asien flüchtet man sich bei Hitze wie selbstverständlich in gekühlte Shopping-Malls. Doch mit der Aircondition in Gebäuden fremdeln wir hierzulande noch immer.

Nur jeder fünfte Haushalt hat eine Klimaanlage

Nur schätzungsweise jeder fünfte Haushalt hat eine Klimaanlage. Viele sensible Gebäude wie Schulen, Pflegeheime oder Krankenhäuser können bei Hitze nicht gekühlt werden. Anfang 2025 kritisierte die Deutsche Krankenhausgesellschaft, dass Ventilatoren und verdunkelnde Vorhänge noch immer der Standard in den meisten Krankenhäusern seien – aber nicht ausreichten als Hitzeschutz.

Gesundheit Risiko Hitze – warum auch Gesunde vorsichtig sein müssen

Gründe für den geringen Grad der Klimatisierung gibt es viele: Altbauten müssen aufwendig nachgerüstet werden, doch es fehlen Geld und Fachkräfte, um Anlagen einzubauen. Im privaten Bereich zögern viele, weil sie sich Sorgen über Gesundheitsrisiken, hohe Kosten oder den Stromverbrauch einer Klimaanlage machen. Manch einer mag vielleicht auch noch abwägen, ob sich der Einbau einer Klimaanlage lohnt, oder ob man nicht gleich die gesamte Heizung austauscht und sich eine Wärmepumpe mit zusätzlicher Sommer-Kühlfunktion anschafft.

In Bezug auf mögliche Gesundheitsrisiken wie das "Sick Building Syndom", bei dem Menschen in Bürogebäuden über Kopfschmerzen, juckende Augen und andere Beschwerden klagen, konnten Studien keinen eindeutigen Zusammenhang mit Klimaanlagen finden. So kam die deutsche ProKlimA-Studie schon vor Jahren zu einem geradezu paradoxen Ergebnis: Obwohl die Luft in klimatisierten Räumen sauberer war als in Gebäuden mit Fensterlüftung, fühlten sich viele trotzdem stärker krank – was auf eine Beteiligung psychischer Faktoren hindeuten könnte.

Aber auch unsere bisherigen Erfahrungen mit Wetter, Klima und den gefühlten Temperaturen spielen bei Vorbehalten gegenüber Klimaanlagen eine Rolle. "Es gibt so etwas wie kulturelle Gewohnheiten. Die Erfahrung, aus der Hitze in einen gefühlt eiskalten Raum zu kommen, ist für Deutsche ungewohnt", erklärt die Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Eva Horn im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur (DPA). Sie ist Professorin an der Universität Wien und Autorin des 2024 erschienenen Buches: "Klima – Eine Wahrnehmungsgeschichte". Die Anlagen seien laut Horn oft zu kühl eingestellt und würden daher häufig als unangenehm empfunden, denn sie gingen von einer Norm-Temperatur aus: 22 Grad Celsius, 50 Prozent Luftfeuchtigkeit.

Training bei Hitze "Sie trinken pures Wasser? Das ist Blödsinn!"

Doch in letzter Zeit scheint die Akzeptanz für Gebäudeklimatisierung auch in Deutschland zu steigen: 2024 gaben in einer repräsentativen Umfrage des Vergleichsportals Verivox 19 Prozent der Befragten an, zu Hause schon eine Klimaanlage zu haben. Das waren sechs Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. 19 weitere Prozent planten, sich eine anzuschaffen. Und fast die Hälfte (41 Prozent) der übrigen Befragten konnte sich das ebenfalls vorstellen, wenn es in Zukunft spürbar wärmer werden sollte.

Produktion von Klimaanlagen ist sprunghaft angestiegen

Der gnädigere Blick auf gekühlte Wohnräume schien zuletzt auch den Markt zu beflügeln, wie neue Zahlen vom Statistischen Bundesamt belegen: Demnach wurden 2024 in Deutschland fast doppelt so viele Gebäude-Klimaanlagen produziert wie im Jahr davor: Die inländische Produktion stieg sprunghaft um 92 Prozent von 165.000 Geräten im Jahr 2023 auf 317.000 Anlagen 2024. Der Gesamtwert der hergestellten Geräte lag bei etwa 1,5 Milliarden Euro. In den Jahren zuvor wurden jährlich weniger als 200.000 Geräte hergestellt. Zusätzlich importierte Deutschland 2024 Anlagen im Wert von knapp einer Milliarde – ein ähnlich hoher Wert wie 2023, als die Einfuhren bereits eine Rekordhöhe erreicht hatten. Die Ausfuhr von Klimaanlagen sank dagegen 2024 leicht, vermutlich, weil mehr Geräte im Inland gebraucht und verbaut wurden.

Klimaanlagen als Teil von Hitzeschutzkonzepten könnten in Zukunft womöglich Leben retten: Erst vor wenigen Monaten errechnete eine Studie im Wissenschaftsjournal "Nature Medicine", dass in Europa durch Extremtemperaturen bis Ende des Jahrhunderts 2,3 Millionen zusätzliche Hitzetodesfälle drohen, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Dagegen gelten die Gesundheitsrisiken von Klimaanlagen, etwa durch die Verwirbelung von Bakterien oder Viren, als vergleichbar gering, wenn die Anlagen korrekt gewartet werden.

Mit Material der dpa

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