Schon seit Beginn des Sommers ist das Mittelmeer so warm wie sonst erst im August: Um bis zu fünf Grad liegen die Temperaturen über dem langjährigen Mittelwert. Geht es so weiter, sind die Folgen dramatisch: Korallen, Seesterne und Muscheln können sich nicht mehr in kühlere Zonen flüchten und werden stattdessen von Algen überwuchert – die sich wiederum umso heftiger vermehren, je wärmer es ist.
Vor allem aber: Je stärker sich das Meer durch den Klimawandel aufheizt, desto mehr Wasser verdunstet und desto mehr Feuchtigkeit zirkuliert in der Atmosphäre. Die so aufgeladenen Luftschichten führen zu besonders heftigen Gewittern und wolkenbruchartigen Regenfällen – Extremwetterlagen, die bis nach Mitteleuropa reichen können.
So schlimm diese Auswirkungen auch sind, es gibt einen positiven Nebeneffekt: Das Mittelmeer ist ein gigantisches Wärmereservoir. Im Winter wirkt es wie eine natürliche Heizung und sorgt an der französischen Côte d’Azur oder der ligurischen Küste in Italien selbst im Dezember für ein mildes Klima.
Und das Meer könnte noch viel mehr sein: Quelle für Wärmepumpen. Zehntausende Haushalte und Hotelzimmer könnten darüber mit Kälte im Sommer und Wärme im Winter versorgt werden. Das Mittelmeer, das sich infolge des Klimawandels besonders stark aufheizt, könnte damit große Mengen sauberer Energie liefern und klimaschädliche Emissionen reduzieren – vorausgesetzt natürlich, der für die Pumpen erforderliche Strom wird aus Sonnen- oder Windernergie erzeugt.
Dass das keine Utopie ist, macht Marseille bereits vor und versorgt mit der Thassalia-Anlage einen ganzen Stadtteil. Sogar an der Ostsee entsteht gerade ein Modellprojekt. Neustadt in Schleswig-Holstein nutzt das warme Meerwasser als natürliche und erneuerbare Energiequelle, um klimafreundliche Wärme zu erzeugen.
Nach Angaben der Stadtwerke Neustadt ist das Herzstück des ambitionierten Projekts eine Meerwasser-Wärmepumpe, die in dieser Größenordnung deutschlandweit erstmals in ein größeres Wärmenetz eingebunden wird. Im vierten Quartal 2025 soll die Anlage betriebsbereit sein.
Ein Vorbild für andere Gemeinden mit Meerblick.
Claudia Ehrenstein ist nach Stationen in der Innen- und Außenpolitik seit Juli 2025 wieder Redakteurin im Ressort Wissen und Gesundheit.
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