Bescheiden ist der französische Hersteller von smarten Gesundheitsgeräten nicht gerade, wenn er sein neustes Gerät als „Revolution“ bezeichnet. Das BeamO sei das „Thermometer der Zukunft“ und ein „neuer Standard in der Telemedizin“. Nun lassen wir uns nicht von großen Worten beeindrucken. Doch im Test zeigte das BeamO, dass es tatsächlich mehr kann als ein normales Thermometer. Viel mehr.

Der Begriff Multiskop bezeichnet das Gerät wohl noch am besten. Es hat die Form eines großen Textmarkers, wiegt 80 Gramm und ist eine Art Vitalmonitor. Es misst die Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Körpertemperatur und Herz- und Atemgeräusche. Das macht zwar noch niemanden zum Arzt, könnte aber hilfreiche Hinweise geben, dass etwas nicht stimmt – und ein Arztbesuch ratsam wäre.

Von den Vorteilen eines Thermometers zu Hause muss niemand überzeugt werden. Es gehört in jede Wohnung. Das BeamO misst mit einem Infrarotsensor an der Oberseite des Gerätes die Körpertemperatur kontaktlos. Dabei wird es seitlich über die Augenbraue gehalten, ohne die Haut zu berühren und in Richtung Ohr bewegt. Dabei findet das BeamO die Schläfenaterie und ermittelt die Temperatur. Auf dem Farbdisplay an der Vorderseite zeigt es dann den Wert an. Das funktioniert schnell und zuverlässig.

Vor der ersten Messung sollte man jedoch ein Konto in der Withings-Smartphone-App einrichten und auch das BeamO damit verbinden. Auf diese Weise sind alle gemessenen Daten auch über die App abrufbar, was besonders für Verlaufsstatistiken wichtig ist. Die App führt gut verständlich durch all diese Schritte. Withings versteht das BeamO als Gerät für die ganze Familie. Und so können auch bis zu acht Nutzer für das BeamO angelegt werden. Nach dem Einschalten des Gerätes erscheinen alle Nutzernamen auf dem BeamO-Display, wo man dann den richtigen Namen auswählt.

Während die Temperaturmessung noch vertraut erscheint, dürften die übrigen Messungen für die meisten Nutzer etwas ungewöhnlicher sein. An der Seite des BeamO sind zwei weitere Sensoren angebracht, mit denen zugleich die Blutsauerstoffsättigung gemessen und ein 1-Kanal-Elektrokardiogramm (EKG) aufgenommen wird. Der Sauerstoffsättigungswert (SpO2) ermöglicht Rückschlüsse auf die Effizienz eines Teils unseres Atmungssystems, mithilfe des EKGs kann ein Vorhofflimmern erkannt werden, eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen.

Sind die Werte auffällt, gibt es eine Warnung. Um das EKG zu erstellen und die Blutsauerstoffsättigung zu messen, muss das BeamO horizontal gehalten und auf jeden Sensor ein Zeigefinger gelegt werden. Eine Anzeige auf dem Display gibt Auskunft darüber, ob man mit seinen Fingern den richtigen Druck auf die Sensoren ausübt. Alle Werte und das aufgezeichnete EKG erscheinen anschließend in der App, was jedoch einige Sekunden dauern kann.

Die Daten über die Temperatur, die Höhe des Pulses und vielleicht noch die Sauerstoffsättigung können auch von Nutzern gedeutet werden, die nicht medizinisch ausgebildet wurden. Fällt die Sauerstoffsättigung unter 94 Prozent, sollte sowieso ein Arzt eingeschaltet werden. Ein EKG zu lesen und Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, ist Laien jedoch nicht zu empfehlen. Doch mit dem Ergebnis des vierten Sensors dürften Laien dann gar nichts mehr anfangen können. Dabei geht es um ein digitales Stethoskop, das Herz- und Lungentöne aufnimmt.

Die Bedienung des Stethoskops ist einfach. Auf dem Display zeigt das BeamO, an welche Stelle des Brustkorbs es gehalten werden soll. Dann nimmt es für 15 Sekunden dort die Geräusche auf und speichert sie ab. Hier sind mehrere Messungen an unterschiedlichen Stellen vorgesehen. Nicht alle davon sind für den Nutzer erreichbar, für das Abhören im Rückenbereich muss eine zweite Person helfen. Ein mitgelieferter Adapter, an dem ein Kopfhörer angeschlossen werden kann, ermöglicht das Mithören. Alle Geräusche werden jedoch auch in Audio-Dateien aufgezeichnet, die sich später in der App abrufen lassen.

Für Ärzte sind Herztöne aufschlussreich, die durch das Schließen der Herzklappen entstehen, um mögliche Herzklappenerkrankungen festzustellen. Atemgeräusche ermöglichen Rückschlüsse auf den Zustand der Lunge und der Atemwege. Weil das Beurteilen für Laien kaum möglich ist, liegt die Stärke des BeamO im Zusammenspiel mit dem Arzt, dem Nutzer aus der App heraus seine Daten schicken können. Dazu erstellen sie einen sieben Tage gültigen HealthLink, der per E-Mail verschickt wird. Klicken Ärzte auf den Link, werden sie auf eine Plattform geleitet, in der alle Daten anonymisiert abrufbar sind, auch die Audio-Dateien. Der Link kann jederzeit widerrufen werden.

Mit dem BeamO bietet Withings auch eine Mitgliedschaft unter dem Namen Withings+ an. Sie kostet 99,50 Euro im Jahr oder 9,95 Euro im Monat. Mitglieder bekommen eine langfristige Gesundheitsbewertung und künftig auch KI-gestützte personalisierte Einblicke und Auswertungen. Außerdem sind vier Check-ups pro Jahr durch einen Kardiologen inbegriffen. In diesem Fall können Nutzer eine EKG-Messung einreichen und bekommen innerhalb von 24 Stunden eine Auswertung von einem Kardiologen zurückgeschickt. Im Notfall wird der Nutzer auch angerufen. Im Test von WELT kam die Auswertung sogar innerhalb von zwei Stunden.

Fazit: Das BeamO ist ein sinnvolles Gesundheitsinstrument für zu Hause, das deutlich über ein Thermometer hinausgeht. Vor allem das digitale Stethoskop ist ein Alleinstellungsmerkmal, das aber nur im Zusammenspiel mit einem Arzt sinnvoll ist, der dafür auch ein Ohr hat. Das alles geht nur in Verbindung mit einem Cloud-Service, der verschlüsselt und anonymisiert ist. Trotz allem muss man hier Withings viel Vertrauen entgegenbringen. Einige der Funktionen des BeamO können aber auch von modernen Smartwatches übernommen werden, darunter das 1-Kanal-EKG, einschließlich der Vorhofflimmern-Warnung und das Messen der Blutsauerstoffsättigung. Das BeamO kostet 249,50 Euro, enthalten ist eine dreimonatige Testmitgliedschaft für Withings+.

Thomas Heuzeroth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verbraucher- und Technologiethemen, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation.

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