Union und SPD wollen, dass Rentner künftig bis zu 2.000 Euro Gehalt beziehen können, ohne dafür Steuern zu zahlen. Was könnte das heißen? Und wem nützt das?

Eine Anhebung des gesetzlichen Rentenalters ist derzeit nicht geplant. Doch CDU, CSU und SPD wollen es attraktiver machen, auch als Senior oder Seniorin arbeiten zu gehen. In ihrem Koalitionsvertrag haben sie sich daher unter anderem das Thema Aktivrente vorgenommen.

Dort heißt es: "Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei." Was ist davon zu erwarten? Ein Überblick.

Was würde sich durch die Pläne von Union und SPD für Rentner ändern?

Es klingt erst einmal einfach: bis 2.000 Euro Gehalt steuerfrei. Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail. So weist etwa der Rentenexperte Jan Scharpenberg von Finanztip im Gespräch mit tagesschau.de darauf hin, es komme darauf an, wie die Aktivrente mit anderen steuerlichen Regelungen wie dem Grundfreibetrag interagiere. "Davon hängt dann ab, wie genau arbeitswillige Senioren davon profitieren." 

Ein Beispiel: Wird zusätzlich zu den 2.000 steuerfreien Euro beispielsweise auch der Grundfreibetrag angewendet, würde jemand, der 3.000 Euro als Angestellter ohne zusätzliche Rente verdient, darauf gar keine Steuern mehr zahlen müssen. Diese Ausgestaltung hält der Experte aber für schwer vorstellbar - der Koalitionsvertrag wird aber nicht konkreter.

Generell gilt auch: Grundsätzlich steht die Aktivrente laut Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt. Es muss also genug Geld da sein, um diese Steuererleichterung überhaupt durchzusetzen.

Wem nützt die Aktivrente?

"Vor allem Rentner, die hohe Einkommen aus Arbeit haben werden, dürften profitieren", sagt Finanztip-Experte Scharpenberg. Das sind oft Fachkräfte. Auf diese dürfte die Aktivrente angesichts des viel beschworenen Fachkräftemangels auch in erster Linie abzielen. Zum Vergleich: In einem Mindestlohnjob müsste aktuell fast Vollzeit gearbeitet werden, um auf die 2.000 Euro Bruttolohn zu kommen.

Für wen könnte sie greifen?

Unklar ist, ob der geplante Freibetrag für alle Gruppen älterer Beschäftigter eingeführt werden soll: "Der Koalitionsvertrag sagt nicht eindeutig, ob die steuerliche Begünstigung auch für die gelten soll, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeiten und gleichzeitig Rente beziehen wollen", sagt Scharpenberg. 

Denn: Beide Modelle gibt es in Deutschland. Senioren können zusätzlich zur Rente arbeiten. Oder sie können auch nach Erreichen der sogenannten Regelaltersgrenze arbeiten, ohne Rente zu beziehen. Letzteres erhöht die Rente um 0,5 Prozent pro Monat, auf den auf die Rente verzichtet wurde - im Jahr wären das sechs Prozent. 

Peter Haan, Rentenexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), weist gegenüber tagesschau.de zudem auf die Leerstelle selbstständige Arbeit hin: "Es wäre verwunderlich, wenn Selbständige nicht gleichgestellt würden und auch von einem Freibetrag profitieren. Gleichzeitig führt das zu einem wesentlich höheren bürokratischen Aufwand."

Was haben arme Rentner davon?

Für Rentner, die Grundsicherung im Alter beziehen, gelten andere Verdienstregeln. Unabhängig von der Aktivrente will die künftige Regierung prüfen, wie sie für sie die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessern kann.

Wie sinnvoll ist die Maßnahme?

Experten warnen vor einer Fachkräftelücke, wenn die sogenannten Babyboomer in Rente gehen. Denn diese Generation arbeitet besonders oft in Engpassberufen. Gerade im Januar teilte das Statistische Bundesamt mit, dass ihr Anteil über alle Berufe hinweg bei 25 Prozent liege. Zudem wird mit dem Renteneintritt der Babyboomer die Zahl der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis 2035 stark zurückgehen. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) rechnet - abhängig von der Entwicklung der Migrationszahlen - mit einem Rückgang zwischen 1,5 und 4,7 Millionen Personen.

DIW-Rentenexperte Haan sagt daher: "Grundsätzlich halte ich es für richtig, dass Anreize gegeben werden in der Rentenphase, länger zu arbeiten. Eine Erhöhung des Freibetrags erhöht sicherlich die Anreize."

Ob der höhere Freibetrag das beste Mittel ist - da ist sich der Experte hingegen nicht sicher. "Das kann eine recht teure Option werden. Es profitieren vor allem die Personen, die ohnehin schon jetzt in der Rente zusätzlich verdienen, so dass hier kein zusätzlicher Effekt zu erwarten ist." Entsprechend erwartet Haan deutliche Mitnahmeeffekte.

Was ist von der Abschaffung des Vorbeschäftigungsverbots zu halten?

Ein weiterer Punkt im Koalitionsvertrag: Union und SPD wollen ermöglichen, dass ältere Menschen bei ihrem alten Arbeitgeber sachgrundlos befristet weiterarbeiten können. Das ist bisher nicht möglich. Daher soll das sogenannte Vorbeschäftigungsverbot für Menschen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, abgeschafft werden.

Für Scharpenberg ist das eine gute Sache - für beide Seiten: "Die bestehende Regelung schreckt Unternehmen oft ab, ältere Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen. Und auch ältere Arbeitnehmer haben andere Wünsche, etwa in Hinsicht ihrer Arbeitszeit." 

Was ist generell zu beachten?

Prinzipiell könnte Arbeitseinkommen zwar bis zu 2.000 Euro steuerfrei werden - das heißt aber nicht, dass 2.000 Euro dann eins zu eins auf dem Konto der Senioren landen. "Sie müssen weiter Sozialbeiträge zahlen, wenn auch insgesamt weniger als reguläre Beschäftigte", sagt Scharfenberg. Auch eine Steuererklärung ist Pflicht, wenn die Einnahmen den Grundfreibetrag übersteigen.

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