Wo sich früher riesige Waschmaschinen-Trommeln drehten, ist jetzt nur noch gähnende Leere. «Alle Arbeiterinnen und Arbeiter sind entlassen worden», sagt ein Wachmann, der hier noch die Stellung hält. In der Halle mit Dutzenden Maschinen wurden früher die fertig genähten T-Shirts und Hosen gewaschen. 

Die Halle ist Teil eines grossen Industrieparks mit Nähereien und Färbereien. Sie gehört dem Beximco-Konzern. Doch der hat alle seine Fabriken zugemacht. Den Preis zahlen bis zu 40'000 junge Männer und Frauen, die bis vor Kurzem für Beximco gearbeitet haben. Viele von ihnen haben dagegen protestiert, auch gewaltsam.

Plötzlich fliessen die Tränen beim Hausbesitzer

In den schlichten Siedlungen der Textilarbeiterinnen und -arbeiter gegenüber dem Industriepark sind viele Läden zu, die meisten Wohnungen abgesperrt. «Hier haben meine Mieter gewohnt, alles Textilarbeiter», sagt Amzad Hossein, ein kleiner Mann mit einer Tasche voller Schlösser.

Plötzlich fängt er an, zu weinen. «Ich muss immer mehr Türen abschliessen.» Er habe Kredite, die müsse er zurückzahlen. Aber ohne Einnahmen?  

Legende: Viele der Näherinnen und Näher hatten gegen das Regime demonstriert. Maren Peters/SRF

Hinter den Schliessungen stecken politische Gründe: Beximcos Vize-Chef, Salman Fazlur Rahman, war Finanzberater der früheren Premierministerin Sheikh Hasina. Der Milliardär soll seinen politischen Einfluss für persönliche Bereicherung genutzt haben – einer unter vielen.

Die neue Interimsregierung unter Nobelpreisträger Muhammad Yunus, die in Bangladesch seit August die Geschäfte führt, hat Rahman ins Gefängnis gesperrt. Seine Bankkonten wurden eingefroren, die Fabriken mussten schliessen. 

Die Zukunft ist ungewiss

Eine Häuserecke weiter werden Kleintransporter bepackt. Auch Nayeem Bepari packt seine Sachen. Der Näher kann die Schule seiner Töchter nicht mehr bezahlen.

Legende: Zehntausende Arbeiterinnen und Arbeiter haben seit dem erzwungenen Regimewechsel in Bangladesch ihren Job verloren. Maren Peters/SRF

Im Januar sei ihm gekündigt worden, sagt der frühere Beximco-Arbeiter. Rund 20'000 Taka im Monat habe er mit Zulagen verdient, umgerechnet 145 Franken. Deutlich mehr als der Mindestlohn. Und trotzdem reichte es für Miete, Essen und ein paar Rücklagen nur, weil auch seine Frau in der Fabrik gearbeitet hat. 

Neue Arbeit zu finden, sei im Moment schwierig, sagt Nayeem Bepari. Darum wird der 20-Jährige mit seiner schwangeren Frau zurückziehen in sein Heimatdorf, rund 300 Kilometer entfernt. Die meisten Arbeiter kommen von weither, vom Land. 

Hoffnung auf besseres Leben bleibt unerfüllt

Die Näherin Surjahan Begim, die ihre Tochter im Arm hält, hofft noch, dass die Fabriken schnell wieder öffnen. Sie und ihr Mann haben schon Mitte Dezember die Kündigung erhalten. Die Arbeit sei gut gewesen. Beximco habe immer pünktlich bezahlt.

Legende: Jetzt könnten sie sich nicht einmal die Schule für ihre beiden Kinder leisten, sagt die 38-Jährige. Und nur noch mit Mühe drei Mahlzeiten am Tag.   Maren Peters/SRF

Für die Näherin und Zehntausende ihrer Kollegen ist es kein Happy End: Sie hatten mit demonstriert für den Regimewechsel im letzten Jahr. Die Absicht war gut, doch ihre Hoffnung auf ein besseres Leben hat sich nicht erfüllt. Jetzt demonstrieren sie wieder, diesmal für ihren Arbeitsplatz. Besser ein schlecht bezahlter Job als gar keiner.

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