Vor fünf Jahren raste das Coronavirus um die Welt. Der Pandemie fielen laut WHO mindestens 20 Millionen Menschen zum Opfer. Die globale Gesundheitskrise verlief teils chaotisch. Um künftig besser gerüstet zu sein, initiierte die EU in der WHO einen Prozess, der letzte Nacht zu einem internationalen Pandemievertrag geführt hat. Informationen von SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel zum Vertragstext, der im Mai in Genf verabschiedet werden soll.

Was sind die Eckpunkte des Vertrags?

Es geht um drei Ziele: Pandemien gar nicht erst entstehen lassen, die bessere Vorbereitung auf Pandemien und schliesslich die koordinierte und gezielte Reaktion im Pandemiefall. Der Vertrag zeichnet konkrete Wege vor, wie das aussehen kann und soll. Details werden noch nachverhandelt. Aber es ist klar: Wenn, wie bei Corona, ein Erreger neu auftaucht, soll schnell informiert und besser zusammengearbeitet werden.

Mit Blick auf die teilnehmenden Staaten: Kann der Vertrag ein erneutes Chaos verhindern?

In Kraft tritt der Vertrag erst, wenn 60 Länder ihn ratifiziert haben. Wenn das gelingt und wichtige Länder dabei sind, hat der Vertrag schon Wirkungsmacht. Und allein der Umstand, dass es gelungen ist, den Vertrag zu Ende zu verhandeln, ist ein starkes Signal. Denn es gibt extrem widersprüchliche Interessen, die da zusammenkommen mussten. Wenn jetzt wegen des Vertrags auch nur mehr Länder manches angehen, würde es bei einer nächsten Pandemie etwas weniger Improvisation brauchen. Das tut etwa die Schweiz bereits – mit einer besseren Überwachung und mit Investitionen in bestimmte Forschungsbereiche. Ob der Vertrag ausreicht, um ein erneutes Chaos zu verhindern, ist schwer abschätzbar. Aber es wurden jetzt relevante Schritte unternommen. Letztlich bleibt jedes Land in seinen Entscheidungen souverän, die WHO kann nichts durchsetzen.

Legende: WHO-Hauptquartier in Genf. Beim Jahrestreffen aller 194 Mitglieder der WHO im Mai soll das Pandemieabkommen verabschiedet werden. Keystone / Martial Trezzini

Wie stellt sich die Pharmaindustrie zum Vertrag?

Die Pharmaindustrie ist grundsätzlich positiv eingestellt. Deren Interessen wurden in den Verhandlungen nachdrücklich vertreten – von der EU, von Deutschland und auch von der Schweiz. Vorgesehen ist nun eine Art Deal: Über eine Plattform können Pharmahersteller schnell und umfassend an Informationen über einen neuen Krankheitserreger kommen, etwa bezüglich Erbgut, Krankheitsverläufe und wer wie stark erkrankt. Diese Informationen liefern die Länder an die WHO. Im Gegenzug liefern Firmen Medikamente und Impfungen über die WHO an Länder, die selbst zu wenig oder gar nichts herstellen. Beim Technologietransfer an weniger entwickelte Länder wurden die Regelungen gestern im letzten Moment noch abgeschwächt. Das geht klar auf die Initiative der Pharmaindustrie zurück, die sich nicht zu stark verpflichten wollte.

Die USA im Abseits, China eine treibende Kraft des Abkommens, wie ist das einzuordnen?

Dass die USA nun wegen Präsident Donald Trump nicht mehr bei der WHO sind, hat dem ganzen Prozess tatsächlich eher geholfen. Es gibt eine Art «Jetzt-erst-recht-Stimmung» unter den verbliebenen Ländern und ein stärkeres Bekenntnis zum Multilateralismus. Den Willen, zu zeigen, dass solche Abkommen möglich sind, auch wenn sie komplex sind. Und die Überzeugung, dass sich manches nur international regeln lässt und nicht im Alleingang.

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