Wie geht es den US-Forscherinnen und -Forschern? «Die Stimmung ist schlecht», sagt Ökonom Stephan Meier, der eine Professur an der Columbia University innehat. «Jeden Tag passiert etwas neues Gravierendes. Es gibt viel Unsicherheit über die Zukunft. Alle sind der Meinung, dass das erst der Anfang ist.» Er befürchtet, dass die Universitäten rapide an Attraktivität verlieren. Toptalente könnten abwandern. Auch er selbst, seit mehr als 20 Jahren in den USA und mit einer Amerikanerin verheiratet, sagt, bisher sei die Wahrscheinlichkeit null gewesen, dass er in die Schweiz zurückgehe. «Jetzt überlege ich mir zum ersten Mal: Vielleicht ist die Wahrscheinlichkeit doch höher.»
Stellen Schweizer Universitäten einen Zulauf fest? Auf Anfrage von SRF antworten die meisten Schweizer Universitäten, dass sie bisher nicht mehr Bewerbungen aus den USA erhielten und es noch zu früh sei, etwas festzustellen. Zwei Hochschulen sehen eine Zunahme. Die Universität in Lugano schreibt: «Wir wurden bereits von mehreren in den Vereinigten Staaten tätigen Forschern kontaktiert, die ihr Interesse an einem möglichen Wechsel in die Schweiz bekundet haben.» Und an der EPFL in Lausanne gingen mehr Bewerbungen aus den USA ein. «Im Moment ist tatsächlich festzustellen, dass das Interesse noch grösser ist als sonst», sagt EPFL-Vizepräsident Ambrogio Fasoli.
Wie wichtig sind US-Forscher- und -Forscherinnen für die Schweiz? Sie sind schon heute bedeutend. Mit keinem anderen Land arbeiten Schweizer Forschende häufiger zusammen für wissenschaftliche Publikationen (14 Prozent). Und mit keinem Partnerland erhalten Schweizer Forschungsprojekte häufiger Geld vom Schweizerischen Nationalfonds. Das teilt das Staatssekretariat für Forschung, Innovation und Bildung (SBFI) mit. An den Schweizer Universitäten selbst bilden sie eine eher kleine Gruppe: Laut Bundesamt für Statistik stammen 747 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an Schweizer Universitäten aus den USA (das entspricht 1 Prozent). Die meisten sind bei der ETH Zürich angestellt (239), gefolgt von der Universität Zürich (123) und der EPFL in Lausanne (97).

Wie reagieren Sie darauf? Laut Columbia-Professor Stephan Meier wäre es für Schweizer Universitäten jetzt die Gelegenheit, exzellente Forscher und Forscherinnen abzuwerben: «Wäre ich an einer Schweizer Uni, würde ich schon versuchen, Personen anzuziehen, die in den USA extrem betroffen sind.» In Frankreich werben einige Hochschulen US-Personal aktiv an, darunter Aix-Marseille und Toulouse. Auch in Deutschland hat eine Gruppe hochrangiger deutscher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu aufgerufen, gezielt um Forschende aus den USA zu werben. Die Schweizer Hochschulen antworten aber unisono, dass sie nicht aktiv Personen abwerben würden.
Weshalb halten sie sich zurück? Das SBFI schreibt, es sehe solche Programme «als Widerspruch zum Grundsatz des Wettbewerbs und der Exzellenz im Hochschulbereich». Und: «Wir wissen, dass talentierte Wissenschaftler aus aller Welt durch attraktive Forschungsumgebungen, hohe akademische Standards und internationale Kooperationen angezogen werden. Unsere Hochschulen bieten solche Bedingungen und sind darum im Wettbewerb um Talente in einer guten Ausgangslage.» Sprich: In der Schweiz geht man davon aus, dass die US-Forscher und Forscherinnen von selbst kommen werden.
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