Wochenlang hatte Ungarn die Verlängerung der EU-Sanktionen gegen Russland blockiert. Erst kurz vor Ablauf der Frist lenkte Premier Viktor Orban ein, aber erst, nachdem er erreicht hatte, dass mehrere Russen von der Sanktionsliste gestrichen wurden. Einmal mehr hat Orban durch den Einsatz seines Veto-Rechts Konzessionen erzwungen, wie schon so oft.
Der 38-jährige Levente Magyar ist stellvertretender ungarischer Aussenminister. Er sagt: «Wir akzeptieren den Mehrheitswillen in der EU, melden aber grosse Vorbehalte bezüglich der Wirksamkeit der Sanktionen an.»

Die Sanktionen hätten nicht zu einem Ende des Krieges gegen die Ukraine geführt. Gleichzeitig fügten sie der ungarischen Wirtschaft grossen Schaden zu.
Russisches Flüssiggas auf Rekordniveau in Westeuropa
Ungarn hat sich – anders als andere europäische Staaten – nicht aus der Energieabhängigkeit von Russland gelöst. Magyar sagt, es gebe viel Heuchelei. Denn ausgerechnet einige der europäischen Staaten, die sich am lautesten für den Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit Russland einsetzten, trügen indirekt dazu bei, dass Geld in die russische Staatskasse fliesse.
Er meint damit den Import von russischem Flüssiggas nach Westeuropa. Tatsächlich erreichten diese Importe letztes Jahr ein Rekordniveau. Bestrebungen, auch diesen Handel zu unterbinden, kommen nur langsam voran.
Ungarn untergrabe gemäss EU europäische Einheit
Deshalb argumentiert Magyar, Ungarn tue lediglich offen, was andere versteckt tun würden: Handel mit Russland betreiben. Ungarn werde dafür kritisiert, dass es offen sage, es halte an einer gewissen Kooperation mit Russland fest.
Doch aus Sicht anderer EU-Staaten schadet diese Haltung den Bemühungen, Europa von Russland unabhängiger zu machen und untergräbt die europäische Einheit.
Die Doppelmoral des Viktor Orban
Daniel Bartha ist Experte für Aussenpolitik und leitet eine Denkfabrik in Budapest. Er sagt: Die Regierung Orban rede die Ukraine und dessen Präsidenten unablässig schlecht. So behaupte sie, Selenski sei korrupt, erhalte aber endlos Geld von der EU. Ungarn hingegen werde für angebliche Korruption mit Kürzungen der Gelder bestraft.

Dieses Argument der Doppelmoral wende Orban seit Jahren in allen möglichen Zusammenhängen an, so Bartha. Um zu zeigen, dass es der EU nicht um Werte und demokratische Standards gehe. Sondern lediglich darum, Ungarns Regierung zu bestrafen.
Angst zahlt sich für Orban aus
Ausserdem habe sich gezeigt: Angst zu schüren, ein Feindbild zu schaffen, das zahle sich für Orban aus. Er habe zuerst mit dem Thema Migration und später mit der Angst vor dem Krieg Wahlen gewonnen.
Die Aussenpolitik der Regierung Orban, so Bartha, habe nur ein Ziel: innenpolitische und geschäftliche Vorteile zu erzielen. Die Regierung glaube fest daran, dass gute Beziehungen zu Russland Ungarn wirtschaftlich nützten und billige russische Energie dem Land einen Wettbewerbsvorteil verschaffe.
In der EU wächst inzwischen der Unmut über das Verhalten Ungarns. Ob sich diese Art der Aussenpolitik für Ungarn schlussendlich auszahlt, ist offen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke