Frau Mosca, wie haben Sie sich seit der Wahl Trumps auf die Zölle eingestellt?
Wir haben unser Lager in den USA mit Ersatzteilen befüllt und auch ganze Baugrupppen vorproduziert und nach Amerika geschickt. Das hilft uns jetzt vielleicht über die nächsten drei, vier Monate. Im Maschinenbau ist es allerdings nicht so einfach, sich vorzubereiten. Bei unseren Sondermaschinen wissen wir im Voraus nicht, was der Kunde braucht. Müssen wir dann später viele Umbauten an den Maschinen vornehmen, sind wir auch wieder bei 20 Prozent Zusatzkosten.
20 Prozent – so hoch sind auch die Zölle, die Präsident Trump auf Importe in die USA aus der Europäischen Union zunächst verhängt und nun schon wieder ausgesetzt hat. Wie gehen Sie mit diesem Hin und Her um?
Wie soll man so ein Unternehmen steuern? Aber man wird da resilient. Gestern Abend, als die Nachricht kam, dass die Zölle ausgesetzt werden, haben wir uns natürlich erst einmal gefreut. Das gibt uns eine Atempause. Es ändert aber nichts daran, dass wir uns auf diese amerikanische Regierung und mögliche Zölle einstellen müssen. Eigentlich müssten wir als Unternehmen sagen: Wir bauen die Maschinen in den USA. Bisher haben wir dort keine komplette Fertigung, und natürlich kann es eine Lösung sein, mehr Wertschöpfung in die USA zu verlagern. Den Platz hätten wir in unserem US-Werk. Aber wir dürfen jetzt keine Schnellschüsse machen.
Simone Mosca ist Chefin des Maschinenbauers Mosca aus Waldbrunn. Ihr Schwiegervater hat das Unternehmen, das weltweit gut 1300 Menschen beschäftigt, in den 1960er-Jahren gegründet. Der Mittelständler hat ein Werk in Hazleton im US-Bundesstaat Pennsylvania, aber auch Standorte in Kanada, Spanien und Malaysia.
Sie warten also ab?
Wir prüfen verschiedene Optionen. Schließlich hängen an solchen Entscheidungen Arbeitsplätze. Sie würden auch unseren Standort in Deutschland beeinflussen. Hier haben wir eine sehr hohe Fertigungstiefe. Wir haben Fräszentren, eine Blecherei, eine Schweißerei. Die Herzstücke der Maschinen kommen nach wie vor aus Deutschland. Wenn wir hier in Zukunft weniger Maschinen bauen, würden die Teile im Zukauf teurer – und damit auch die Maschinen für den europäischen Markt. Es geht auch nicht nur um Deutschland, wir bauen auch in Spanien, Malaysia und Kanada Maschinen für die USA. Die Zölle treffen uns also von allen Seiten.
Wissen Sie denn überhaupt, welche Zölle aktuell für welche Länder gelten?
Bis gestern Abend war es so: Für Malaysia sollten die Zölle sogar höher liegen als für die Europäische Union, nämlich bei 24 Prozent. Das hat uns wirklich überrascht. Wir hatten gehofft, dass wir mehr Maschinen aus Asien in die USA liefern können, um die Zölle für Produkte aus der EU zu vermeiden. Daraus scheint nichts zu werden. Im Moment gehen wir davon aus, dass überall zehn Prozent gelten. Sicher sind wir uns da aber nicht.
Wenn wir in den USA Probleme haben, strahlt das auf das ganze Unternehmen aus
Trump hat angekündigt, die Zölle für 90 Tage auszusetzen. Verschiffen Sie jetzt noch schnell Teile in die USA?
Die Ersatzteile, die wir liefern konnten, sind schon in den USA. Darüber hinaus macht es keinen Sinn.
Wie wichtig ist der amerikanische Markt für Sie?
Wir sind schon seit den 80er-Jahren in den USA und fertigen Sondermaschinen für die Wellpappindustrie. Ein Drittel des Umsatzes findet dort statt. Wenn wir in den USA Probleme haben, strahlt das auf das ganze Unternehmen aus. In unserer Strategie sind die USA der Wachstumsmarkt. Jetzt mache ich mir große Sorgen um Amerika. Wir haben dort 260 Mitarbeiter. Sie sind sowieso schon konfrontiert mit hohen Kosten, wenn sie einkaufen gehen. Die Preise im Supermarkt werden nun noch einmal steigen.
Für Ihren US-Standort läuft ein Investitionsprogramm von über 20 Millionen Euro, jetzt könnte die US-Wirtschaft in eine Rezession stürzen. Steht das Programm auf der Kippe?
Nein. Wir haben neue Extrusionsanlagen bestellt für die USA, zum größten Teil kommen sie aus Deutschland. Die Bestellung ist raus, wir müssen das durchziehen. Wir brauchen die Anlagen auch, weil Teil unserer Strategie ist, lokal zu produzieren. Ich fände es auch idiotisch, Plastikbänder in Deutschland zu fertigen – und dann im Container in die USA zu schippern.
Wir haben direkt nach der Wahl im November schon einmal miteinander gesprochen. Damals sagten Sie, die USA seien ein "Wahnsinnswachstumsmarkt". Gilt das noch?
Wenn alles so läuft, wie Herr Trump sich das vorstellt, gilt es umso mehr. Wenn also wirklich mehr Wertschöpfung in den USA stattfindet und nicht mehr so viel zugeliefert wird. Werden neue Produktionen aufgebaut, wäre das für uns ein riesiger Markt. Ich bin mir nur nicht so sicher, ob Trump nicht zu hoch pokert. Ich bin keine Ökonomin. Für uns als Mittelständler ist das wirklich eine schwierige Situation: Wenn du jetzt eine falsche Entscheidung triffst, kann es dich auch komplett umhauen. Es ist ja alles unberechenbar. Nur mal angenommen, wir bauen hier Arbeitsplätze ab, ziehen in den USA eine Produktion hoch – und dann kommt doch ein Freihandelsabkommen.

Vorwurf der Demokraten Hat Trump bei seinem Zoll-Schwenk die Märkte manipuliert?
Wie machen Sie jetzt also weiter?
Wir entwickeln einen Plan B und machen uns bereit. Wir recherchieren im Moment: Würden wir überhaupt Teile bekommen in den USA? Wir müssten dort viel zukaufen. Wie wären dann die Preise? So etwas finden wir jetzt raus – bevor wir in Panik verfallen und irgendwelche Kurzschlussentscheidungen treffen. Gleichzeitig stellen wir uns auf ein schwieriges Jahr 2025 ein. In den letzten Jahren kamen uns die Überschüsse aus den USA zugute. Mit den hohen Margen in Amerika haben wir Arbeitsplätze in Deutschland gesichert.
Wie läuft es für Sie in Deutschland?
Wir sind seit Anfang des Monats teilweise in Kurzarbeit. Aber wir sehen ein kleines Licht am Horizont und glauben, dass es im zweiten Halbjahr wieder etwas aufwärts geht. Der große Aufschwung wird das allerdings nicht. Dabei ist der Bedarf da in den Unternehmen, wenn ich unsere Listen durchschaue, haben wir unheimlich viele Anfragen – und dann steht da sehr oft "ausstehend wegen Investitionsstopp". Dafür brummt das Ersatzteilgeschäft, weil die Unternehmen eher reparieren und mit Neuinvestitionen warten. Wir spüren in ganz Europa große Verunsicherung.
Capital
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