Daten über Zahlungsausfälle muss die Schufa nicht sofort löschen, wenn die Rechnungen bezahlt wurden. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Wenn Sie Zahlungsprobleme haben, muss die Schufa diese Daten über Sie nicht sofort löschen, sobald Sie die Rechnungen bezahlt haben, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag geurteilt – Revision der Wirtschaftsauskunftei gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln wurde damit stattgegeben. Über die konkrete Klage eines früheren Schuldners muss das Kölner Gericht nun neu entscheiden; er hatte Forderungen trotz Mahnungen erst nach längerer Zeit beglichen. (Az. I ZR 97/25)

Der BGH erklärte jetzt, dass die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden müssten. Als Leitlinie sieht er die bisherigen Regeln, die der hessische Datenschutzbeauftragte genehmigte. Demnach speichert die Schufa ausgeglichene Forderungen für bis zu drei Jahre. In Einzelfällen kann aber auch eine kürzere Frist angemessen sein, wie der BGH erklärte.

Bei der Wohnungssuche, der Aufnahme eines Bankkredits oder einem Kauf auf Rechnung spielt der Schufa-Score oft eine entscheidende Rolle. Unternehmen sollen durch ihn besser einschätzen können, ob Kundinnen und Kunden ihre Rechnungen pünktlich bezahlen werden. Grundlage dafür sind auch Daten zu früheren Zahlungsausfällen. 

Zu der Frage, wie lange diese Daten gespeichert werden dürfen, hat der Bundesgerichtshof (BGH) heute in Karlsruhe eine Entscheidung verkündet. In dem Verfahren hatte ein Mann von der Schufa Schadenersatz verlangt, weil die Auskunftei an ihn gerichtete Forderungen noch über mehrere Jahre speicherte, nachdem er sie abbezahlt hatte. Ein Überblick über die bisherige Rechtslage und die Folgen des Urteils:

Was ist eine Wirtschaftsauskunftei?

Auskunfteien sind privatwirtschaftliche Unternehmen. Sie sammeln Daten, um vorherzusagen, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Person in Zukunft ihre Rechnungen pünktlich bezahlen wird. Das Ergebnis dieser sogenannten Bonitäts- oder Kreditwürdigkeitsprüfung geben sie dann meist in Form von Score-Werten an Händler, Banken oder Versicherungen weiter. Wer einen schlechten Score hat, bekommt womöglich keine günstigen Konditionen für einen Kredit oder darf online nicht in Raten oder auf Rechnung zahlen.

Die größte und wohl bekannteste Wirtschaftsauskunftei ist die Schufa. Nach eigenen Angaben verfügt der Marktführer aus Wiesbaden über Daten zu 68 Millionen natürlichen Personen und 6 Millionen Unternehmen.

Welche Speicherfristen galten bislang?

Wie lange Wirtschaftsauskunfteien Daten über Verbraucherinnen und Verbraucher speichern dürfen, ist vom Gesetzgeber nicht klar vorgegeben. Die Auskunfteien in Deutschland haben sich aber ein eigenes Regelwerk auferlegt. Dieser "Code of Conduct" wurde zuletzt 2024 überarbeitet und vom hessischen Landesdatenschutzbeauftragten abgesegnet. Er sieht für erledigte Zahlungsstörungen grundsätzlich eine Speicherfrist von drei Jahren vor. In bestimmten Fällen endet die Speicherung schon nach 18 Monaten.

Wo liegt das Problem?

Am BGH ging es nun um die Frage, ob die Schufa diese Daten überhaupt weiter speichern darf, wenn die Forderungen ausgeglichen wurden – oder ob das gegen Datenschutzrecht verstößt. Letzteres hatte das Oberlandesgericht Köln im April bejaht und die Schufa zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt. Auskunfteien müssten demnach Informationen zu Zahlungsstörungen löschen, sobald die überfälligen Schulden beglichen wurden.

Was sagt die DSGVO?

Die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt vor, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten dann erlaubt ist, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen dient. "Darauf können sich die Auskunfteien durchaus berufen", sagt Niko Härting, IT-Rechtsanwalt und Vorstandsmitglied beim Deutschen Anwaltverein. "Die Frage ist nur: Wie lange bestehen diese berechtigten Interessen?" Das sei der Kern des Verfahrens am BGH.

Warum ist die Speicherung für die Schufa so wichtig?

Hätte der BGH die Rechtsauffassung des Kölner Urteils bestätigt – und die Speicherung der Daten verboten – enthielte die Bonitätsauskunft in Zukunft keine Informationen mehr dazu, ob es bei einer Person Zahlungsstörungen gab, sagt Schufa-Sprecherin Tanja Panhans. 

Welche Folgen hat diese Entscheidung für Verbraucher?

Dadurch, dass die Daten weiterhin gespeichert werden, können Unternehmen das Risiko von Zahlungsausfällen ohne die Daten besser einschätzen – und müssten dieses Risiko nicht in ihre Waren und Dienstleistungen einpreisen, sagt Panhans. Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier hatte ebenfalls gewarnt, der Wegfall dieser Daten würde die Risikokalkulation für Banken erschweren. "Dieses finanzielle Risiko dürften einige Kreditinstitute in Form höherer Zinsen auf ihre Kundinnen und Kunden umlegen".

Welche Nachteile hat der Schufa-Score für Betroffene?

Die Anwälte des Klägers betonten bei der BGH-Verhandlung im November die schweren Konsequenzen, die eine schlechte Bonität für Betroffene noch Jahre, nachdem sie ihre Schulden abbezahlt haben, mit sich bringen könnte. Der Score sei oft entscheidend dafür, ob man eine Wohnung, ein Auto oder einen Arbeitsvertrag bekomme. Die Fristen, die sich die Auskunfteien setzten, seien wiederum willkürlich gewählt, kritisierte Rechtsanwalt Veaceslav Ghendler.

Woher kommt die Drei-Jahres-Frist?

Die Schufa hält dagegen: Vor der DSGVO und dem daraufhin angefertigten "Code of Conduct" war bis 2018 die dreijährige Speicherfrist für erledigte Zahlungsstörungen im Bundesdatenschutzgesetz verankert, argumentiert die Auskunftei. In die letzte Genehmigung ihres Regelwerks 2024 seien sowohl Verbände der Kredit-gebenden Wirtschaft, als auch Verbraucherschützer wie der Bundesverband der Verbraucherzentralen und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungen einbezogen worden.

Wie viele Menschen sind konkret betroffen?

Nach Angaben der Auskunftei sind rund 564.000 Personen betroffen. Hätte der BGH anders geurteilt, hätte die Schufa dann bereits erledigte Zahlungsstörungen aus dem Datenbestand streichen müssen. Jetzt aber bleiben die erledigten Negativeinträge weiter in ihren Schufa-Daten, und ihr Score kann sich nicht entsprechend verbessern.

Ist das Thema mit einem BGH-Urteil geklärt?

Ja und Nein. Als oberstes Zivilgericht Deutschlands prägt der BGH die Rechtsprechung der Bundesrepublik. In Bezug auf die Speicherfristen für Zahlungsstörungen hat seine Entscheidung also durchaus Bedeutung. Allerdings seien auch in Bezug auf weitere Arten von Daten die Speicherfristen bisher nicht rechtssicher geklärt, sagt Schufa-Sprecherin Panhans. Damit diese Fragen nicht erst nach jahrelangen Verfahren durch mehrere Gerichtsinstanzen beantwortet werden, wünscht sich die Auskunftei auf gesetzlicher Ebene Klarheit und wirbt für eine Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes.

DPA ari

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke