Die Stahlbranche hat vor einem dauerhaften Verlust von Industriearbeitsplätzen in Deutschland gewarnt. „Wertschöpfung, die heute abwandert, holen wir nicht zurück“, sagte der Präsident des Branchenverbandes Wirtschaftsvereinigung Stahl, Gunnar Groebler, laut einer Mitteilung anlässlich des „Stahlgipfels“ im Kanzleramt.
Besonders betroffen seien industriell geprägte Regionen, in denen Menschen Verunsicherung und Zukunftsangst spürten. „Wer den sozialen Frieden sichern will, muss die industrielle Grundlage dieses Landes sichern“, sagte Groebler, der auch Vorstandschef des Stahlherstellers Salzgitter ist.
Bei dem anderthalbstündigen „Stahlgipfel“ ging es darum, wie die kriselnde Stahlindustrie gestützt werden kann. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte dazu Vertreter von Industrie und Gewerkschaften sowie Ministerpräsidenten von Bundesländern mit Stahlindustrie eingeladen. An dem Treffen nahmen auch weitere Regierungsmitglieder teil.
„Die starke Präsenz heute aus Bund, Ländern, Industrie und Gewerkschaften zeigt: Die Zukunft der Stahlindustrie ist eine nationale Gemeinschaftsaufgabe“, so Groebler weiter. Es gehe nicht nur um eine Branche. „Es geht um die grundlegende Frage, wie wir gesamte industrielle Wertschöpfungsketten in Deutschland halten wollen.“ Stahl sei das Fundament der Industrie. Rund 5,5 Millionen Arbeitsplätze hingen direkt oder indirekt an stahlintensiven Wertschöpfungsketten in Zuliefer- und Abnehmerbranchen. Gebraucht würden jetzt ein robuster Handelsschutz gegen Preisdumping, wettbewerbsfähige Energiepreise, mehr Tempo beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und eine Stärkung der Nachfrage nach emissionsarmem Stahl Made in Germany & EU.
Merz fordert Bevorzugung heimischer Stahlhersteller
Merz sprach sich für eine Bevorzugung von heimischen Herstellern von Stahl aus. Beim „Stahlgipfel“ sei ihm gegenüber der Wunsch geäußert worden, „dass europäischer Stahl und auch deutscher Stahl präferiert verwendet werden soll“, sagte Merz nach dem Treffen mit Industrievertretern. Er werde sich nun bei der EU dafür einsetzen, dass dies ermöglicht wird.
Er habe sich stets für offene Märkte und fairen Wettbewerb eingesetzt, führte Merz aus. Doch spätestens mit den von den USA verhängten Zöllen hätten sich die Gegebenheiten geändert. Die Zeiten offener Märkte und fairen Handels „sind leider vorbei. Deswegen müssen wir unsere Märkte schützen. Deswegen müssen wir unsere Hersteller schützen“.
Bei protektionistischen Maßnahmen wie der Bevorzugung eigener Unternehmen, die in Europa zum Beispiel von Frankreich häufig vorgeschlagen wurden, hatte sich die Bundesregierung lange skeptisch gezeigt. Mit Blick auf die Krise in der Stahlindustrie forderte Merz nun jedoch, heimischen Unternehmen „eine entsprechende Präferenz“ zu ermöglichen, wenn sie in Europa produzierten Stahl verwenden. „Wir sprechen hier über das Schicksal einer Schlüsselindustrie“, fügte er hinzu.
Es brauche niedrigere Energiepreise, um die Branche zu stabilisieren, erklärte Merz. Dabei seien die Aussichten für einen subventionierten Industriestrompreis ab 2026 für drei Jahre gut. Über die konkrete Ausgestaltung beraten Bundesregierung und EU-Kommission derzeit.
Klingbeil warnt: Dürfen am Ende nicht die Dummen sein
Die Frage, wie die heimische Industrie stärker geschützt werden könne, „war, glaube ich, der größte Debattenpunkt“, sagte auch Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) nach den Gesprächen. Regelbasierter Handel sei wichtig, „aber wir dürfen am Ende nicht die Dummen sein“.
Klingbeil hob zudem die „große Einigkeit“ hervor, die unter den Teilnehmern des Gipfels bestanden habe. Die Bundesregierung will sich demnach bei der EU unter anderem für höhere Zölle auf Stahl aus China einsetzen. Weitere Themen, die Berlin ebenfalls in Brüssel vorantreiben will, sind etwa die Möglichkeit zur Subventionierung von Unternehmen beim Strompreis und Änderungen am geplanten CO₂-Ausgleichsmechanismus.
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