Seit Anfang August verstärkt die Ukraine ihre Angriffe auf russische Ölanlagen. Ziel der etwa 30 Attacken auf Raffinerien und Pipelines ist es, Moskau die Finanzierung des Krieges zu erschweren. Die Rechnung geht offenbar auf.
Welche unmittelbaren Folgen haben die ukrainischen Angriffe?
Russland ist der drittgrößte Produzent und zweitgrößte Exporteur von Rohöl der Welt. Die Einnahmen aus Öl und Gas machten 2024 etwa 30 Prozent des Staatshaushalts aus und waren damit laut dem Oxford Institute for Energy Studies (OIES) die wichtigste Finanzquelle des Landes.
Die ukrainischen Angriffe seien "ziemlich wirksam", die Produktionsrate der russischen Raffinerien sei jüngsten Schätzungen zufolge "um etwa zehn Prozent zurückgegangen", sagt Homayoun Falakshahi vom Analyseunternehmen Kpler. Die Produktion der Raffinerien schrumpfte im September gegenüber dem ersten Halbjahr um "etwa 400.000 Barrel pro Tag" auf etwa 4,9 Millionen Barrel, wie Janiv Shah von der Beratungsfirma Rystad Energy bestätigt.
Dieser Rückgang wirkt sich auf die Preise an den Tankstellen aus: Am 1. September kostete das Benzin laut der russischen Statistikbehörde Rosstat 6,7 Prozent mehr als Ende 2024 - trotz des starken Falls der Rohölpreise. Um einem Mangel im Inland vorzubeugen, beschränkte die Regierung die Ausfuhr von Erdölprodukten bis zum Jahresende und verlängerte das Verbot für Benzinexporte.
Und langfristig?
Die russischen Öleinnahmen werden derzeit vor allem durch den Rückgang der weltweiten Rohölpreise beeinträchtigt. Die Schäden an der Ölinfrastruktur könnten die Lage weiter verschlechtern, "denn es dauert in der Regel lange, bis sie wieder funktionsfähig ist", sagt Shah von Rystad Energy. Zudem würden die Angriffe der Ukraine "immer wirkungsvoller", beobachtet Bjarne Schieldrop vom Beratungsunternehmen SEB. Zerstörung und Reichweite könnten noch deutlich zunehmen, wenn die Ukraine tatsächlich die Möglichkeit bekommt, mit US-Waffen weit entfernte Ziele ins Visier zu nehmen. Der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Keith Kellogg, schloss dies kürzlich nicht mehr aus.
Analyst Shah rechnet damit, dass Moskau Benzin- und Dieselexporte vollständig stoppt, damit der Kraftstoff im Inland nicht rationiert werden muss. Russland versucht, einen Teil des für seine Raffinerien bestimmten Erdöls nun zu exportieren. Doch dem stehen nicht nur logistische Probleme entgegen. Auch sind nur wenige Länder bereit, größere Mengen russischen Öls zu importieren.
Sind die Luftangriffe wirksamer als Sanktionen?
Seit Beginn des Krieges versucht der Westen mit Sanktionen, die russischen Öleinnahmen zu drosseln. Diese Strafmaßnahmen seien bisher jedoch wirkungslos geblieben, sagt Adi Imsirovic, Chef des Beratungsunternehmens Surrey Clean Energy. Manche Sanktionen seien zu spät umgesetzt worden und hätten dem Kreml genug Zeit gegeben, "ein paralleles Handelssystem mit Schiffen, Finanzierungen und Kunden aufzubauen".
Ein großer Abnehmer des russischen Öls ist neben China Indien. Selbst die Verdopplung der US-Zölle auf viele indische Produkte auf 50 Prozent im August, mit der Washington Druck auf Neu-Delhi ausüben wollte, verfehlte die gewünschte Wirkung.
Mit dem Rückzug westlicher Ölkonzerne aus Russland gingen jedoch die Investitionen in die Infrastruktur des Landes deutlich zurück. Dadurch wird es schwierig für Russland, die Rohölproduktion in den kommenden Jahren zu steigern.
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