Die Deutsche Bahn hat viele Probleme. Die teils verheerende Pünktlichkeit sind Verantwortliche einem Untersuchungsbericht zufolge allerdings auf fragwürdige Weise angegangen. Sie sollen Sicherheitsbedenken ignoriert haben. Dafür übten sie sogar Druck auf Mitarbeiter aus.
Ein interner Untersuchungsbericht der Deutschen Bahn (DB) enthüllt nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) verheerende Missstände bei dem Staatsunternehmen. Dem Bericht zufolge waren für das Streckennetz verantwortliche Beschäftigte jahrelang massiv unter Druck gesetzt worden, die Sicherheit zu vernachlässigen. In dem Bericht heißt es, wenn Anlagen-Verantwortliche für die Trassen wegen Mängeln eine Langsamfahrstelle verfügen wollten, dann hätten sie sich in der Vergangenheit wiederholt kritische Einwände ihrer Vorgesetzten gefallen lassen müssen. "Das geht nicht, das kannst du nicht machen. Die Züge müssen fahren." In dem Bericht, in dem von "erheblicher Einschüchterung" die Rede ist, werden etliche Beispiele geschildert.
Der mehr als 300 Seiten lange Untersuchungsbericht, den die SZ einsehen konnte, stammt von der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz. Die Kanzlei war im Auftrag der Schienennetzgesellschaft der Bahn (DB Infrago) der Frage nachgegangen, wie es zu dem Zugunglück am 3. Juni 2022 in Garmisch-Partenkirchen hatte kommen können. Damals war ein Regionalzug auf dem Weg nach München bei 100 Kilometern pro Stunde wegen gebrochener Betonschwellen entgleist. Fünf Fahrgäste kamen ums Leben, 16 Menschen wurden schwer und 62 leicht verletzt.
Nach Erkenntnissen von Gleiss Lutz waren die Missstände auch dem Bezahlungssystem geschuldet. Führungskräfte seien daran gemessen worden, wie pünktlich die Züge gewesen seien. Die Anlagen-Verantwortlichen seien deshalb von Vorgesetzten angehalten worden, "Pünktlichkeitsziele statt Sicherheitsziele" zu erreichen. Dem Untersuchungsbericht zufolge soll ein damaliges Vorstandsmitglied der Netzgesellschaft der Bahn ein Jahr vor dem Unfall gewarnt worden sein, dass ein "Teufelskreis" aus zu wenig Geld für die Instandhaltung, schlechtem Zustand der Bahnanlagen und einer steigenden Zahl von Bauarbeiten im Netz die "Stabilität des Systems" infrage stelle.
Sparmaßnahmen vor allem im Regionalbereich
In diesem Zeitraum, im Frühjahr 2022, habe bei der Instandhaltung der Strecken wieder einmal Geldmangel geherrscht. Daraufhin habe ein interner Vorschlag bei DB Netz für Strecken mit mittlerer Auslastung, also vor allem für Regionalstrecken, gelautet: "Reduzierung der Prävention Oberbau (inkl. Vegetation) … um 70 Prozent", davon 2500 Kilometer Gleise und 17.000 Kilometer "Vegetationspflege". Als Konsequenz seien "schwere Qualitätseinbrüche … aufgrund Null-Prävention zu erwarten".
Die Bahn erklärte auf Anfrage, jede Form von Druck auf Anlagen-Verantwortliche zulasten der Sicherheit "widerspricht unserer Unternehmenskultur und wird nicht toleriert". Für die Vorstände und Aufsichtsräte stehe "Sicherheit an erster Stelle". Seit dem Unfall von Garmisch-Partenkirchen gebe es ein umfassendes Maßnahmenpaket. Man habe die Führungskräfte "unmissverständlich darauf hingewiesen", dass kein Druck auf Anlagen-Verantwortliche ausgeübt werde. Fehlverhalten habe "unmittelbare personelle Konsequenzen". Man nehme sämtliche Defizite, die der Bericht von Gleiss Lutz offengelegt habe, sehr ernst. Die Kanzlei werde der Bahn dabei helfen, die entdeckten Missstände zu beseitigen.
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