Das Schicksal des insolventen Flugtaxi-Unternehmens Lilium entwickelt sich zu einem internationalen Wirtschaftskrimi. Um die werthaltigen Reste des deutschen Entwicklers gibt es nach Informationen von WELT aus Branchenkreisen einen Bieterwettbewerb.
Eine erste Angebotsfrist ist abgelaufen. Dabei liegt der große US-Flugtaxihersteller Archer mit seiner Offerte angeblich in Führung. Doch es soll inzwischen zwei weitere, höhere Angebote geben: vom Archer-Konkurrenten, dem US-Flugtaxiunternehmen Joby, sowie dem zuvor unbekannten niederländischen Unternehmen Ambitious Air Mobility Group (AAMG) mit dem Vorsitzenden Robert Kamp.
Jetzt kommt es darauf an, ob die nach Fristablauf eingereichten höheren Angebote noch berücksichtigt werden. Dies wäre im Interesse der Gläubiger. Zu den werthaltigen Assets zählen vor allem die Patent- und Schutzrechte an dem Flugtaxi mit seinem jetähnlichen Elektroantrieb.
Ein Sprecher des Insolvenzverwalters Ivo-Meinert Willrodt von der Kanzlei Pluta wollte sich zu Details nicht äußern. Es sei Verschwiegenheit vereinbart. Allgemein formulierte er: „Es gibt konkrete Angebote, aber noch keine finale Lösung.“
Es wäre ein weiteres Kapitel in der wechselhaften Geschichte von Lilium. Zunächst investierten internationale Geldgeber über eine Milliarde in die Idee eines elektrischen Kleinflugzeugs, das wie ein Hubschrauber senkrecht starten und landen kann. Allerdings ging der oberbayerischen Firma das Geld aus, bevor sie die Maschine für den Personentransport zertifizieren konnte.
Im Frühjahr 2025 war der erste bemannte Flug geplant. Doch vorher wurde es turbulent. Eine erste Insolvenz erfolgte im Oktober 2024, dann eine vermeintliche Kehrtwende: An Heiligabend 2024 kündigte eine Investorengruppe an, die Firma weiterführen zu wollen.
Liliums Insolvenzverwalter sucht neue Käufer
Allerdings konnte das Konsortium nicht die entsprechenden Finanzierungsnachweise vorlegen. Deswegen rutschte Lilium im Februar erneut in die Pleite. Seither sucht der Insolvenzverwalter neue Käufer.
Die niederländische Ambitious Air Mobility Group (AAMG) äußerte bereits im August Interesse an einer Lilium-Übernahme, doch der Insolvenzverwalter erklärte, dass ihm keine ausreichenden Finanzierungsnachweise des möglichen Investors vorliegen.
AAMG beschreibt sich als europäische Industrie- und Investmentholding für nachhaltige Luftfahrt. Die Gruppe hatte angekündigt, es wolle die Reste von Lilium für 20 Millionen Euro kaufen. Um den Neustart zu stemmen, lägen weitere 250 Millionen bereit.
Der bei der Lilium-Übernahme bisher angeblich in Führung liegende US-Flugtaxihersteller Archer will Ende 2025 seinen regulären Passagierbetrieb starten und ist für die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles als offizieller Flugtaxi-Partner ausgewählt. In einer Kooperation mit United Airlines sind über 200 Flugtaxis bestellt.
Konkurrent Joby Aviation hat eine Kooperation mit Delta Air Lines. Zu den wichtigsten Investoren zählt die Toyota Motor Corp.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.
Gerhard Hegmann ist freier Wirtschaftsredakteur und berichtet seit Jahrzehnten insbesondere über die Rüstungs- und Raumfahrtindustrie.
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