Für den US-Vizepräsidenten stehen die Schuldigen bereits fest. Die Demokraten halten laut J.D. Vance dem amerikanischen Volk "die Pistole auf die Brust" und drohen, die Regierung lahmzulegen. Wenn nicht bis Dienstag um Mitternacht Ortszeit genug Kongressabgeordnete einem Übergangshaushalt zustimmen, kann die US-Regierung ihren Mitarbeitern kein Gehalt mehr zahlen. "Shutdown" nennt sich das. Etliche Behörden müssten dann schließen, hunderttausende Staatsbedienstete würden in den Zwangsurlaub geschickt oder müssten weiterarbeiten, ohne zu wissen, wann die Regierung ihnen das nächste Mal Gehalt überweist.
Jedes Jahr ringt der US-Kongress im September um den Haushalt, der am 1. Oktober verabschiedet werden muss. Meist gibt es keine schnelle Einigung, sondern Übergangslösungen, um die Ministerien und Bundesbehörden zu finanzieren. Doch selbst für den Übergang ist bis jetzt keine Lösung in Sicht. Ein Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Vertretern der Demokraten, um den Shutdown abzuwenden, endete am Montag ergebnislos.
Shutdown: keine Konjunkturdaten für Fed-Zinsentscheid
Käme es zum Shutdown, würde wohl auch die Veröffentlichung wichtiger Konjunkturdaten am kommenden Freitag verhindert, die unter anderem für die Zinsentscheidungen der Notenbank Fed wichtig sind.

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capitalDie Republikaner haben aktuell 53 Sitze im US-Senat. Um die meisten Gesetze zu verabschieden, reicht diese Mehrheit, auch deshalb konnte Trump in seiner zweiten Amtszeit bisher fast ungestört durchregieren. Doch den Haushaltsgesetzen müssen 60 Abgeordnete zustimmen. Viele liberale US-Kommentatoren sehen deshalb im Shutdown die beste Möglichkeit für die Demokraten seit Langem, um Druck auf Trump auszuüben.
Gleichzeitig könnte das Weiße Haus die Gelegenheit nutzen, um einen Stillstand für die Entlassung zahlreicher Regierungsangestellter zu nutzen. In einem Memo, das vergangene Woche öffentlich wurde, forderte das Haushaltsamt, auch dauerhafte Entlassungen in Betracht zu ziehen.
Längster Shutdown in Trumps erster Amtszeit
Trump hat Erfahrung mit Shutdowns. Während seiner ersten Amtszeit kam es sogar zweimal zu einem längeren Regierungsstillstand: im Januar 2018 und dann erneut im Dezember 2018 und Januar 2019. Letzterer ging 35 Tage lang und war der längste Shutdown der US-Geschichte. Damals waren hunderttausende Staatsbedienstete beurlaubt, Flughäfen mussten schließen, das nationale Lebensmittelhilfeprogramm funktionierte nicht mehr und das FBI konnte teilweise keine Ermittlungen fortführen.
Wichtigster Streitpunkt war 2018 die Finanzierung der Mauer an der Grenze zu Mexiko. Im Zuge dieses Shutdowns sanken Trumps Zustimmungswerte. Am Ende musste er den Demokraten entgegenkommen, um den Stillstand zu beenden.

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Heute ist der größte Streitpunkt eine Verlängerung der Krankenversicherungszuschüsse (Medicaid), die zum Jahresende auslaufen. Ohne eine Verlängerung dieser Zuschüsse werde es keine Zustimmung der Demokraten geben, sagte Chuck Schumer, Fraktionschef der Demokraten. "Es liegt an den Republikanern, ob sie die Regierung schließen wollen oder nicht", so Schumer.
Streitpunkt: Krankenversicherung
Die Medicaid-Kürzungen waren Teil von Trumps großem Steuergesetz – und genau das dürfte den US-Präsidenten ärgern, wenn er nur wenige Monate nach der Verabschiedung bereits erste Punkte wieder verwerfen müsste. Er unterstellt den Demokraten, Millionen für die Gesundheitsversorgung von Migranten ausgeben zu wollen, die sich ihm zufolge illegal im Land aufhalten, und bezeichnete die Forderungen als "lächerlich".
Ein Regierungsstillstand hätte ökonomische Folgen. Schätzungen zufolge führte der lange Shutdown 2018/2019 zu Schäden in Höhe von 11 Mrd. US-Dollar.
Für die US-Bevölkerung kann ein Stillstand der Regierungsgeschäfte bedeuten, dass Anträge langsamer bearbeitet werden, Menschen auf Steuerbescheide länger warten müssen und Nationalparks schließen. Touristen könnten ebenfalls betroffen sein: In einem Brief an die Parteispitzen im Kongress warnte der US-Reiseverband vor Flugverspätungen und -annullierungen. Die Kosten dieses "völlig vermeidbaren Schlages" bezifferte er auf 1 Mrd. US-Dollar pro Woche.
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