Mit seiner Bahnstrategie will der Verkehrsminister die Bahn aus der Krise führen. In Sachen Pünktlichkeit schraubt Schnieder die Ziele jedoch zurück. Auch personell plant Schnieder eine Neubesetzung. Dagegen regt sich aber bereits Widerstand.

Verkehrsminister Patrick Schnieder will die Bahn wieder nach vorne bringen und hat dafür eine neue Bahnstrategie präsentiert. "Weiter so" sei keine Option, sagte Schnieder bei der Vorstellung. In den Mittelpunkt will er dabei die Kunden stellen.

Im Fernverkehr will der CDU-Politiker die Ziele zur Pünktlichkeit jedoch erstmal nach hinten verschieben. Bis Ende 2029 soll die Pünktlichkeit im Fernverkehr bei mindestens 70 Prozent liegen. Die bislang von der Bahn anvisierten Ziele seien "nicht annähernd erreichbar", so Schnieder. Das bisherige Ziel der Bahn sah diese Quote bereits für 2026 vor.

Mittelfristig soll die Quote nun laut Ministerium bei mindestens 80 Prozent liegen, langfristig bei mindestens 90 Prozent. Im Nahverkehr soll die Pünktlichkeit dauerhaft mehr als 90 Prozent betragen. Ein konkreter Zeitraum für diese Ziele geht aus der Strategie nicht hervor.

Verkehrspolitik-Experte Gernot Sieg, Uni Münster, zur neuen Bahn-Agenda

tagesschau24, 22.09.2025 11:00 Uhr

Neue Bahnchefin ist Evelyn Palla

Schnieder stellte auch offiziell die neue Bahnchefin vor. Diesen Posten soll die bisherige Chefin der Bahn-Regionalverkehrstochter DB Regio, Evelyn Palla, übernehmen. Sie löst damit den bisherigen Bahnchef Richard Lutz ab. Die Personalie war bereits am Wochenende bekannt geworden.

Palla ist seit 2019 bei der Deutschen Bahn. Zunächst war sie Finanzvorständin bei DB Fernverkehr, seit 2022 ist sie für den Regionalverkehr mit rund 780.000 Fahrten monatlich - inklusive aller S-Bahnen - verantwortlich. "Wir räumen auf", sagte die Südtirolerin bei ihrer Vorstellung. Mit Blick auf die angestrebte Sanierung der Infrastruktur räumte sie jedoch auch ein: "Nichts wird schnell gehen. Das ist kein Sprint. Die Sanierung der Eisenbahn-Infrastruktur ist ein Marathon."

Pressekonferenz zur Vorstellung der neuen Bahn-Strategie

tagesschau24, 22.09.2025 10:00 Uhr

Unmut auf Arbeitnehmerseite mit Neubesetzung

Auch bei der Infrastruktur-Sparte InfraGo soll es einen Führungswechsel geben: Dirk Rompf soll dort Philipp Nagl ersetzen. Rompf ist seit 2021 Geschäftsführer bei der Strategieberatung Ifok. Davor war er jahrelang Vorstand der DB Netz AG, dem Vorgänger-Unternehmen der DB InfraGo.

Zuständig für die Bestellung des neuen Spitzenpersonals ist der Bahn-Aufsichtsrat, der am Dienstag und Mittwoch tagen soll. Bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) regt sich jedoch Widerstand. Im Aufsichtsrat wolle man gegen die designierte neue Konzernchefin Evelyn Palla stimmen, sagte EVG-Chef Martin Burkert.

Der Ärger der Gewerkschaft richte sich dabei nicht gegen Palla, sondern vor allem gegen Rompf, den vorgeschlagenen neuen Chef der Infrastruktur-Tochter DB InfraGo. "Der Weg nach vorne kann niemals durch die Vergangenheit führen. Professor Rompf war sechs Jahre lang Vorstandsvorsitzender der DB Netz und ist mit seinem Sparwahn mit Schuld an der heutigen Situation", sagte Burkert.

Sofortprogramme sollen Verbesserungen bringen

Schnieder betonte auch die Bedeutung der Deutschen Bahn für das Vertrauen der Menschen in den Staat. "Viele setzen das Nicht-Funktionieren bei der Bahn gleich mit einem Nicht-Funktionieren unseres Staates. Ich finde das brandgefährlich", sagte Schnieder. "Wir müssen zeigen, dass unser Staat funktioniert und dass unsere Bahn funktioniert."

Die neue Bahnstrategie sieht dafür drei Sofortprogramme vor. Das erste soll zu mehr Sicherheit und Sauberkeit an Bahnhöfen führen. Ziel sei es, "eine objektiv wie subjektiv verbesserte Sicherheit und Sauberkeit durch einen Mix aus Personal und Technik" zu erreichen, heißt es, etwa durch Videoüberwachung. Das Sofortprogramm soll ab dem ersten Quartal 2026 greifen.

Für eine bessere Kundenkommunikation soll die Fahrgastapp DB Navigator verbessert werden und für mehr Komfort in den Zügen des Fernverkehrs soll die Sauberkeit in den Zügen verbessert werden. Auch das Angebot im Bordbistro soll sich verbessern. Die DB Fernverkehr soll ein Maßnahmenpaket umsetzen, um bereits 2026 spür- und messbare Verbesserungen zu erreichen.

An dem Konzept der Generalsanierung hält Schnieder in seiner neuen Strategie fest. Es sieht vor, dass bis 2036 mehr als 40 besonders wichtige Strecken grundlegend modernisiert werden. Ziel ist es, auf diese Weise die Zahl der Baustellen nach und nach zu reduzieren und den Zugverkehr wieder zuverlässiger fahren zu lassen.

Schnieder will Vorstand verkleinern

Schnieder will auch den Vorstand der Deutschen Bahn verkleinern. Die Chefetage des Konzerns soll künftig mit maximal sechs Personen besetzt sein. Derzeit besteht der Konzernvorstand aus acht Ressorts, die auf sieben Vorstandsmitglieder verteilt sind - Personalvorstand Martin Seiler ist seit einigen Monaten auch kommissarisch für die Finanzen zuständig.

Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, dass der bisherige Infrastruktur-Vorstand Berthold Huber und die für Digitalisierung und Technik zuständige Managerin Daniela Gerd tom Markotten den Staatskonzern wahrscheinlich verlassen werden. DB-Aufsichtsratschef Werner Gatzer sagte in Berlin, er habe mit beiden länger telefoniert, um auszuloten, ob sie für sich eine Zukunft an anderer Stelle im Konzern sähen. "Ich denke, das ist nicht der Fall."

Auch der Vorstand der Infrastruktur-Tochter DB InfraGo soll künftig mit maximal sechs Personen besetzt sein. Dieser hat momentan ebenfalls sieben Mitglieder. Aus der Strategie des Ministers geht auch hervor, dass die Aufsichtsräte des Konzerns und der DB InfraGo neu aufgestellt werden sollen.

Wettbewerber kritisieren Reform als unzureichend

Die Wettbewerber der Deutschen Bahn reagierten mit deutlicher Kritik: Sie halten die neue Strategie von Verkehrsminister Schnieder für unzureichend. Diese werde keinen Turnaround beim Staatsbetrieb DB herbeiführen, teilten die Verbände mofair und Die Güterbahnen in einer gemeinsamen Erklärung mit.

Zwar sei ein Problembewusstsein beim Minister vorhanden, die Strategie sei jedoch in dieser Form zu einfach gestrickt. "Sie enthält keine konkreten verkehrlichen Ziele und kaum messbare Zahlen." Zudem seien die vom Bund gewährten Rahmenbedingungen vage und die Änderungen am Steuerungskonzept deutlich zu schwach. Positiv bewerteten die Verbände jedoch, dass mit der Abschaffung des Infrastrukturressorts im Konzernvorstand eine ihrer zentralen Anforderungen erfüllt wird.

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