Ganz einfach online bestellen - damit werben Versandapotheken gerne. Und wer viel bestellt, kann auch noch sparen. Viele physische Apotheken machen dagegen zu. Der Verbandschef schlägt Alarm.
In der Fernsehwerbung versprechen sie, dass alles ganz einfach sei: "Karte dranhalten und schon wird alles nach Hause geliefert." Günther Jauch flimmert da über den Bildschirm, die begeisterte Kundin spricht von einer "Revolution". So zumindest die Eigendarstellung der Online-Apotheken. Anderen sind sie ein Dorn im Auge.
Denn Online-Apotheken graben zunehmend den klassischen Einzelhändlern das Wasser ab. Sie werben mit Rabatten und sogenannten Cashbacks. Das heißt: Wer viel bestellt, bekommt auch Geld zurück. Ein Angebot, dass die meisten Apotheken um die Ecke nicht leisten können.
Dabei reiche "einfach die Karte dran halten und schon wird alles geliefert" nicht aus, sagt Thomas Preis, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Für Bürgerinnen und Bürger sei die Apotheke vor Ort unersetzbar. "Jeder braucht dringend Medikamente, da hat es keine Zeit, auf Versandhändler zu warten. Deshalb ist es ganz wichtig, dass dieses flächendeckende System erhalten bleibt."
Jeder sechste Standort binnen zehn Jahren verschwunden
Denn spätestens um Mitternacht mit starken Kopfschmerzen wächst der Drang, eine Notfallapotheke aufzusuchen. Doch dieses Alleinstellungsmerkmal hilft Apotheken nicht. Sie verschwinden nach und nach - immer stärker, in den Städten und auch auf dem Land.
Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres mussten 238 Apotheken schließen. Mit 16.803 Geschäften ist die Zahl der Filialen auf dem niedrigsten Stand seit 1978 angekommen. Innerhalb von zehn Jahren machte jeder sechste Standort dicht.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Nachwuchssorgen seien das eine, der wachsende Kostendruck das andere, sagt Thomas Preis: "Wir haben seit fast zwanzig Jahren keine Erhöhung bekommen bei unserem Honorar. Und da geht die Rechnung nicht auf."
Allein in den vergangenen zehn Jahren seien die Kosten für die Apotheken um sechzig Prozent gestiegen, die Kosten beim Personal um achtzig Prozent. "Da braucht es keine großen mathematischen Übungen, dass man sieht, dass diese Rechnung nicht aufgeht."
Apotheken sollen mehr leisten - wie zur Corona-Zeit
Das wird sich ändern. Die Bundesregierung hat höhere Honorare und eine stetige Anpassung versprochen. Doch mehr Geld wird nicht ausreichen, um Apotheken für Pharmazeuten und die Kundschaft wieder attraktiver zu machen. Es geht darum, die Kernkompetenzen gegenüber den Online-Konkurrenten hervorzuheben. Da kommen zwei Themen ganz besonders auf: Beratung und Service.
"So sollen Apotheken noch mehr im Bereich von Prävention und Früherkennung von Erkrankungen helfen, und auch beim Impfen", sagt Thomas Preis. Das habe sich schon in Corona-Zeiten bewährt, als Apotheken Impfzertifikate ausgestellt haben.
Online-Apotheken weniger erfolgreich als gedacht
Alles in allem sieht der Verbandschef seinen Berufszweig - wer mag es ihm verübeln - als besonders schützenswert an. Und deshalb bezeichnet er die Zulassung von Online-Apotheken als "Fehler", fordert schärfere Regulierung bis hin zur endgültigen Konsequenz. "Das kann auch dazu führen, dass der Versandhandel verboten wird in Deutschland, denn das ist ja in den allermeisten Ländern so, und das aus gutem Grund."
Härtere Regeln außerhalb Deutschlands haben dazu beigetragen, dass Online-Apotheken auch nicht den Erfolg haben, den man ihnen mal zugetraut hat. Auch nicht an der Börse: Vor ziemlich genau fünf Jahren ging der niederländische Redcare-Konzern an die Börse, ehemals Shop-Apotheke. Seitdem ist der Kurs um über vierzig Prozent gefallen. Eine ähnliche Entwicklung haben auch die Aktien des Schweizer Konkurrenten Doc Morris genommen.
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