Die westlichen Sanktionen sorgen für eine Wiederbelebung einer alten Handelsmethode in Russland: dem Tauschhandel. Mit chinesischen Partnern werden so verschiedene Produkte transferiert. Das zuständige Wirtschaftsministerium liefert die Anleitung.
Weizen für Autos, Leinsamen für Baumaterialien: Unter dem Druck westlicher Sanktionen greifen russische Unternehmen im Außenhandel auf eine zuletzt in den 1990er-Jahren übliche Methode zurück: Tauschgeschäfte.
Der Hauptgrund für diese Entwicklung sind Finanzsanktionen. Die USA, Europa und ihre Verbündeten haben nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und schon nach der Besetzung der Krim 2014 mehr als 25.000 verschiedene Maßnahmen gegen Russland verhängt. Das soll die 2,2 Billionen Dollar große russische Wirtschaft treffen. Besonders schwer wiegt der Ausschluss russischer Banken vom internationalen Zahlungssystem Swift, mit dem Transaktionen abgewickelt werden können.
Hinzu kommen die Warnungen der USA an chinesische Banken, Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht zu unterstützen. Das schürt die Furcht vor sogenannten Sekundärsanktionen. "Chinesische Banken haben Angst, auf Sanktionslisten gesetzt zu werden", sagt eine Person aus dem Zahlungsverkehrsmarkt. "Sie akzeptieren daher kein Geld aus Russland."
Das russische Wirtschaftsministerium ermutigt sogar Unternehmen zum Tauschhandel. Es veröffentlichte schon im vergangenen Jahr einen 14-seitigen "Leitfaden für Tauschgeschäfte im Außenhandel". Dieser empfiehlt den Austausch von Waren ohne internationale Finanzflüsse. "Außenhandelstauschgeschäfte ermöglichen den Austausch von Waren und Dienstleistungen mit ausländischen Unternehmen, ohne dass internationale Transaktionen erforderlich sind", heißt es in dem Dokument.
Historisches Vorbild für Handelsmethode
Bis vor Kurzem gab es kaum Anzeichen für ein kommerzielles Interesse an solchen Transaktionen. Doch im August signalisierte das chinesische Unternehmen Hainan Longpan Oilfield Technology, Stahl und Aluminiumlegierungen gegen Schiffsmotoren eintauschen zu wollen. Mithilfe von Handelsexperten, Zollerklärungen und Unternehmensangaben konnten insgesamt acht solcher Geschäfte identifiziert werden. Bei einer der Transaktionen wurden chinesische Autos gegen russischen Weizen getauscht. Dabei kaufte der chinesische Partner die Autos in der Volksrepublik in der Landeswährung Yuan. Der russische Partner erwarb Getreide für Rubel. Anschließend wurden die Waren ausgetauscht.
Bei anderen Geschäften wurden Leinsamen gegen Haushaltsgeräte und Baumaterialien aus China getauscht. Einem Experten zufolge hatte eines dieser Geschäfte einen Wert von etwa 100.000 Dollar. "Das Wachstum des Tauschhandels ist ein Symptom für die Entdollarisierung, den Sanktionsdruck und die Liquiditätsprobleme bei den Partnern", sagt Maxim Spasski vom Russisch-Asiatischen Verband der Industriellen und Unternehmer (RAUIE).
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 1990er Jahren hatten Tauschgeschäfte für Chaos in der Wirtschaft gesorgt. Damals war der Mangel an Geld der Grund, heute sind es die westlichen Sanktionen. Neben dem Tauschhandel gibt es weitere Methoden, um die Beschränkungen zu umgehen. Einige Händler nutzen sogenannte Zahlungsagenten, die gegen eine Gebühr Transaktionen erleichtern. Andere verwenden Kryptowährungen oder die Filiale der staatlichen russischen VTB-Bank in Shanghai. "Die Wirtschaft überlebt", sagt Sergej Putjatinski, Vizepräsident des russischen Finanzunternehmens BCS. "Die Unternehmen wenden gleichzeitig 10 bis 15 verschiedene Zahlungsmethoden an."
Umfang der Geschäfte kaum bezifferbar
Der genaue Umfang des Tauschhandels lässt sich wegen der Intransparenz der Geschäfte kaum beziffern. Ein Hinweis auf das Ausmaß ist Experten zufolge eine wachsende Lücke zwischen den Außenhandelsstatistiken der Zentralbank und den Zolldaten. Diese erreichte im ersten Halbjahr sieben Milliarden Dollar. Die russische Zollbehörde bestätigte auf Anfrage, dass Tauschgeschäfte mit verschiedenen Ländern für eine breite Palette von Waren durchgeführt würden. Die Zahl sei im Vergleich zum gesamten Außenhandelsvolumen jedoch unbedeutend.
Dass das Thema wichtiger wird, zeigte sich im August bei einem Wirtschaftsforum in der Stadt Kasan. Dort nannten chinesische Unternehmen Abwicklungsprobleme als Hindernis für den beiderseitigen Handel und schlugen Tauschgeschäfte als Lösung vor. "Unter den gegenwärtigen Bedingungen begrenzter Zahlungen" biete der Tauschhandel neue Möglichkeiten, sagte etwa Xu Xinjing, Chef von Hainan Longpan Oilfield Technology.
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