Bei der größten deutschen Fluggesellschaft verdienen Piloten deutlich mehr als bei anderen Airlines. Angemessen findet die Cockpit-Crew der Lufthansa ihre Konditionen trotzdem nicht. Aktuell streiten sich Gewerkschaft und Arbeitgeber über die Betriebsrenten.

Kunden der Lufthansa müssen sich auf Flugausfälle und Verspätungen im Oktober einstellen. Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) stimmt seit Freitag über einen Streik bei Deutschlands größter Fluggesellschaft ab. Die Zeichen stehen ganz auf Arbeitskampf: "Lufthansa hatte sieben Verhandlungsrunden Zeit, ein ernsthaftes Angebot vorzulegen", sagt VC-Präsident Andreas Pinheiro. "Es läuft immer nach demselben Muster: Der Arbeitgeber blockiert und mauert, lehnt alles ab, geht auf keinen Kompromiss ein - und beklagt sich anschließend, wenn wir den Verhandlungstisch verlassen."

Die Gewerkschaft fordert zwar grundsätzlich auch mehr Gehalt für Piloten, in den aktuellen Tarifverhandlungen geht es aber um die Betriebsrenten. Früher hatten die rund 4800 Lufthansa-Piloten demnach eine klassische Betriebsrente mit garantierten Zahlungen. Das vor acht Jahren eingeführte kapitalmarktfinanzierte Modell verfehlt das frühere Rentenniveau laut VC deutlich, die Renditen lägen weit unter den Erwartungen. Der Vorruhestand ist bei der Lufthansa schon ab 55 Jahren möglich.

Der Arbeitgeber soll nach dem Willen der Arbeitnehmer höhere Rentenbeiträge zahlen. "Bei einem Grundgehalt von 10.000 Euro und 3000 Euro Zulagen zahlt der Arbeitgeber aktuell rund 820 Euro", rechnete Tarifkommissionssprecher Arne Karstens dem Fachportal aero.de vor. Dieser Beitrag würde mit den VC-Forderungen um rund 1800 Euro im Monat steigen. Die Gewerkschaft nennt die Betriebsrente "mindestens genauso wichtig wie die gesetzliche Rente".

Der Weg ans Steuer ist lang, aber lukrativ

Letztere wird im Schnitt hoch ausfallen, Lufthansa-Piloten verdienen deutlich mehr als die Cockpit-Crew anderer Airlines. Bei der Kernmarke Lufthansa steigt ein Co-Pilot mit einem Fixgehalt von 88.600 Euro im Jahr ein, wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf das Unternehmen berichtete. Kapitäne in der höchsten Erfahrungsstufe können demnach bis zu 281.300 Euro verdienen - plus Zulagen. Kapitänin oder Kapitän zu werden, dauert bei der Lufthansa allerdings 18 bis 20 Jahre, wie Pinheiro im Gespräch mit ntv.de sagte.

Inzwischen ist der Einstieg zudem kaum noch möglich - die Lufthansa-Gruppe stellt über ihre Töchter ein. Dort verdient die Cockpit-Crew bis zu 50 Prozent weniger als beim Mutterkonzern. Und der Job ist anstrengend: Schicht- und Nachtarbeit nach einem strikten Dienstplan. Gerade erst ergab eine VC-Umfrage, dass Piloten regelmäßig während des Flugs schlafen. "Was ursprünglich als kurzfristige Erholungsmaßnahme vorgesehen war, hat sich zu einem dauerhaften Mittel gegen strukturelle Überlastung entwickelt", beklagt Vizepräsidentin Katharina Dieseldorff. Gerade in den Sommermonaten verschärfe sich die Lage: "Pilotinnen und Piloten berichten uns, dass sie ihre Einsätze trotz starker Ermüdung absolvieren. Ursache sind enge Dienstpläne, Personalmangel und zunehmender operativer Druck." Eine dauerhaft erschöpfte Cockpitbesatzung stelle ein erhebliches Risiko dar.

Die Gewerkschaft sieht in den Arbeitsbedingungen einen Grund für den zunehmenden Mangel an Piloten. Pinheiro meint, dass heute schon junge Menschen bei der Berufswahl den Job mit anderen Tätigkeiten und deren Gehältern vergleichen - beispielsweise mit Ärzten, Unternehmensberatern oder Juristen. Ärzte verdienen nach Berechnungen des Jobportals Stepstone im Schnitt knapp 110.000 Euro brutto pro Jahr.

Lufthansa durchläuft Sanierungsprogramm

Die Lufthansa setzt in den laufenden Tarifverhandlungen weiter auf eine Verhandlungslösung. Nach Darstellung der Gewerkschaft verweist der Konzern auf die schlechte wirtschaftliche Lage bei der Kerngesellschaft. Diese machte im vergangenen Jahr Verlust und durchläuft ein umfangreiches Sanierungsprogramm. Das Management trimmt den gesamten Konzern auf mehr Effizienz. Der Turnaround der Kernmarke Lufthansa kommt laut Vorstandschef Carsten Spohr voran, die klassische Fluglinie sei aber noch immer zu teuer. Deshalb treibt das Unternehmen das Wachstum bei den günstiger arbeitenden Tochter-Airlines Discover und City Airlines voran.

Unter anderem vergleichsweise hohe Gebühren und Steuern setzen die hiesigen Fluggesellschaften unter Druck. Der Gesamtkonzern Lufthansa Group ist aber profitabel. Im zweiten Quartal steigerte er seinen bereinigten Betriebsgewinn um 27 Prozent auf 871 Millionen Euro. Im Jahr zuvor hatten der Verlust der Kernmarke, aber auch Streikkosten den Gewinn stark gesenkt. Für das laufende Gesamtjahr soll der Konzerngewinn deutlich steigen, Analysten erwarteten zuletzt einen Anstieg auf 1,86 Milliarden Euro.

Die Urabstimmung läuft voraussichtlich bis Ende des Monats. Pünktlich zum Start der Herbstferien in den ersten Bundesländern sind somit Streiks möglich. Der Umstellung auf das derzeitige Betriebsrentenmodell waren 14 Streikwellen vorausgegangen.

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