Mehr als 1000 Gütesiegel, Labels oder Qualitätskennzeichen gibt es in der EU. Und seit ein paar Wochen noch ein weiteres: Elektronikhersteller müssen seit Juni auf einer Skala angeben, wie gut sich ihre Geräte reparieren lassen.
Die Klassifizierung soll Verbrauchern helfen, zu entscheiden, ob sich eine Ausbesserung lohnt. Gleichzeitig steht sie für einen immer bedeutenderen Wirtschaftszweig. Denn indem der durchschnittliche Umsatz pro Kopf mit Elektronikgeräten laut Zahlen des Datendienstleisters Statista jährlich wächst, steigt auch die Relevanz der Reparatur-Branche.
Schlecht zugängliche Batterien in Smartphones oder Waschmaschinen, die nach wenigen Jahren den Geist aufgeben, sind für viele Verbraucher ein Ärgernis. Beim Kauf lässt sich das häufig nicht erkennen.
Kunden könnten viele Geräte auch gar nicht mehr selbst reparieren, sagt Autor Stefan Schridde, der sich auf das Thema „geplante Obsoleszenz“ spezialisiert hat. Darunter versteht man die bewusst fehlerhafte Konstruktion von Produkten oder eine Einschränkung der Nutzungsdauer.
Teile, so Schridde, würden zum Beispiel zunehmend so fest verbaut, dass sie sich nicht mehr tauschen ließen, ohne das Gerät zu beschädigen. Auch Zubehörelemente wie Kabel, die zu feste Kunststoffe verwenden und so früher brechen, oder Reifen aus Spezialgummi, das Laien nicht flicken könnten, gebe es immer öfter.
Zum Vorteil anderer: Die Instandsetzung hat sich zu einem beachtlichen Wirtschaftszweig entwickelt. Schätzungen des Statistischen Bundesamts legen nahe, dass sich der Umsatz der Reparatur-Branche hierzulande seit 2015 von 964 Millionen auf knapp 1,3 Milliarden Euro gesteigert hat.
Die Arbeiten an defekten Elektrogeräten brachten EU-weit einen Umsatz von 12,4 Milliarden Euro (2022), für alle anderen „Gebrauchsgüter“ waren es 12,2 Milliarden Euro.
Kunden wünschen sich längere Nutzungszeiten
Zum Vergleich: Laut dem Elektro-Verband ZVEI lag der Umsatz mit Haushaltselektronik allein in Deutschland bei mehr als 10,1 Milliarden Euro. Für Unterhaltungselektronik waren es dem Marktforschungsinstitut GfK zufolge knapp acht Milliarden Euro. Dass der Markt für neue Geräte schon bald vom Reparatur-Geschäft eingeholt werden könnte, scheint daher unwahrscheinlich.
Zwar wünschen sich laut Verbraucherzentrale Bundesverband Kunden längere Nutzungszeiten ihrer Elektrogeräte. Bei Smartphones, heißt es etwa in einer Umfrage von 2022, planten sie etwa fünf Jahre ein, bevor das Gerät durch ein neues ersetzt wird. Tablet-Computer müssten demnach sechs, Laptops acht Jahre halten.
Den Spitzenplatz belegten Waschmaschinen mit zwölf Jahren Wunsch-Nutzungszeit. Tatsächlich aber sinkt die Einsatzdauer von Elektrogeräten insgesamt, wie das private Öko-Institut oder auch das staatliche Umweltbundesamt betonen.
Waschmaschinen etwa hätten in den 1990er-Jahren noch deutlich länger gehalten, heißt es. Bei kleineren Artikeln trügen zudem die Konsumenten eine Mitschuld: Statt Geräte reparieren zu lassen, setzten viele doch auf den Neukauf.
Nach einer Analyse des Nürnberger Instituts für Marktentscheidungen werden Reparaturen in Deutschland am ehesten dann vorgenommen, wenn sie 16 Prozent der Kosten für eine Neuanschaffung nicht überschreiten.
Immerhin: Die Menge an Elektroschrott hierzulande sinkt insgesamt. Pro Bundesbürger sind es laut einer Umfrage des Statistischen Bundesamts aus dem vergangenen Jahr etwas mehr als zehn Kilo jährlich.
Der Wert liegt damit unter dem EU-Durchschnitt – und das bisher auch ohne Reparierbarkeitssiegel.
Felix Seifert ist Redakteur im Ressort Wirtschaft und Innovation. Er schreibt unter anderem über die Themen Karriere, Verbraucher, Mittelstand und Immobilien.
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