Staaten und Versicherungen stehen weltweit vor demselben Problem: Wer soll Schäden aus Klimakatastrophen absichern? Wenn das nicht gelingt, könnte das ganze Siedlungs- und Wirtschaftsräume gefährden.
Jahrzehntelang waren Naturereignisse für Versicherer leicht kalkulierbar. Sie wurden in sogenannten Elementarschadensversicherungen abgesichert. Doch durch den Klimawandel haben sich die Risiken teils drastisch erhöht. Mitunter ist noch nicht abzuschätzen, wie oft Schäden auftreten. Und wenn Versicherungen das nicht beurteilen können, können sie auch keine Versicherungsprämien errechnen und folglich keine Versicherung anbieten.
"Die teuerste Versicherung ist die, die es nicht gibt," kommentierte Luis Enrique Bandera von der Aufsicht in Panama. Der panamesische Behördenchef Bandera trat bei einer Tagung internationaler Versicherungsaufseher an der Universität Frankfurt am Main auf. Was er meint, zeigte sich diesen Sommer in Kalifornien, wo massenhaft große Siedlungen von Waldbränden erfasst wurden. Die Villen waren großenteils nicht versichert, weil Versicherer das Risiko für zu groß hielten oder weil den Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern die Prämien zu hoch waren.
Bei einer Tagung in Frankfurt betonte Bandera deshalb: "Leute verstehen die Risiken nicht." Katja Hanewald, Präsidentin der Asia-Pacific Risk and Insurance Association aus Australien bestätigte: "Es ist schwer zu verstehen, warum die Preise so gestiegen sind. Die Leute empfinden das als unfair."
Risikogebiete meiden?
Clement Cheung von der Versicherungsaufsicht in Hongkong bemerkte, dass Versicherungen über ihre Verträge Investitionen lenken und Verhalten steuern: "Versicherungen haben großen Einfluss." Es gehe immer um Änderung von Verhalten, sagte Jonathan Dixon vom internationalen Verband der Versicherungsaufseher. Das gelte für Versicherungen gegen Krankheit ebenso wie für Altersvorsorge und eben auch für Schutz vor Klimarisiken.
Bei der Tagung wurde deutlich, dass es besonders schwierig ist, private Entscheidungen über große Investitionen und den Heimat- oder Sehnsuchtsort über Versicherungsprämien zu steuern. Weder die Versicherungsagenten noch lokale, regionale oder nationale Behörden hätten Freude daran, mit Bürgerinnen und Bürgern über deren Lebensentscheidungen zu reden. Niemand wolle diese Diskussionen führen, sagte Jon Godfread von der amerikanischen Aufsicht: "Das ist eine Herausforderung."
Wie der Staat helfen soll
Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung warnten davor, dass der Staat bei Naturkatastrophen zu schnell Schadensersatz verspreche. Dadurch würde risikoreiches Verhalten unterstützt und das Interesse untergraben, sich selbst ordentlich zu versichern.
Sinnvoll könnten aber staatlich subventionierte Versicherungen sein. "Man kann nicht alles versichern", bemerkte Benoit Waltregny vom Versicherer Lloyd's Europe in Brüssel. Es bleibe immer eine Lücke für privates Risiko. Aber es gelte, so vorzubeugen, dass Naturkatastrophen nicht zu privatem Ruin führten.
Überschwemmungen, Erdbeben, Hurrikans oder Feuer
Die Bedingungen sind weltweit völlig verschieden. In Nordamerika wird großenteils leicht und instabil gebaut. Wirbelstürme in Florida und Waldbrände im Norden und Westen des Kontinents richten schnell große Schäden an. Auf den Bermudas, die auch regelmäßig von Wirbelstürmen und Großbränden heimgesucht werden, passiert hingegen wenig. Es gebe nationales Baurecht, das Betonkonstruktionen und solide Dächer vorschreibt, berichtete Lara Berry von der Versicherungsaufsicht der Bermudas.
Im portugiesischen Baurecht etwa wurde verankert, dass erdbebensicher bebaut werden muss. "Aber wir sind ein altes Land", sagte der Vertreter der Versicherungsaufsicht Portugals, "Wir haben noch viele Gebäude, die Erdbeben nicht aushalten". Ein Vertreter der spanischen Aufsicht berichtete, dass in Spanien weitgehend einheitliche Versicherungstarife gelten, egal, wie hoch das örtliche Risiko ist. Dadurch besteht kein Anreiz, aus Gegenden wegzuziehen, die von Waldbränden bedroht sind.
Für Deutschland wurde bei der Tagung kritisiert, dass Schadensersatz nur dann voll geleistet werde, wenn die Opfer sich wieder am Ort des Schadens einrichteten. Das habe zu zahlreichen Neubauten im Ahrtal nach der katastrophalen Überschwemmung vor vier Jahren geführt.
"Ohne Risiko keine Chancen"
Deutlich wurde, dass Staat und Versicherungen bei Klimakatastrophen ähnliche Interessen haben: Staaten wollen dafür sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger Wohlstand aufbauen und erhalten.
Versicherungen brauchen das Vertrauen großer Teile der Bevölkerung, um ihre Policen verkaufen zu können. Und sie wollen Geschäft machen: "Ohne Risiko keine Chancen", kommentierte Dieter Hendrickx von der belgischen Versicherungsaufsicht.
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