In Deutschland wird immer wieder gefordert, dass auch Beamte in die gesetzliche Rente einzahlen. Österreich hat diesen Schritt schon vor über 20 Jahren getan - und das aus mehreren Gründen.
Was in Deutschland immer wieder zu heftigen Debatten führt, ist in Österreich seit Jahrzehnten Realität: Alle zahlen in die Rentenversicherung ein, auch Beamte. Bereits im Jahr 2004 wurde hier das sogenannte Pensionsharmonisierungsgesetz verabschiedet. Es sah ein einheitliches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen vor. Danach stand jedem nach 45 Jahren eine Pension in der Höhe von 80 Prozent des Lebensdurchschnittseinkommens zu.
"Die Grundüberlegung dieses Gesetzes war, dass für alle Berufsgruppen jeder Beitrags-Euro gleich viel wert sein soll", erklärt Wolfgang Panhölzl von der Arbeiterkammer Wien gegenüber der ARD. "Niemand solle mit seinen Beiträgen eine bessere oder eine schlechtere Pension erhalten, egal ob man selbstständig, unselbstständig, Beamter oder Politiker ist." Jeder solle einzahlen und für seine Beiträge auch die gleiche Leistung bekommen, so Panhölzl.
Deutsche Beamte profitieren bei der Pension
Auch in Deutschland wird das Modell einer Rentenversicherung für alle immer wieder diskutiert. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas hatte erst im Mai vorgeschlagen, dass auch Beamte in die Rentenversicherung einzahlen sollten. Die Idee ist nicht neu, ebenso wenig wie der Widerstand dagegen. Denn anders als in Österreich existieren in Deutschland verschiedene Altersversorgungssysteme nebeneinander. Während die gesetzliche Rente derzeit bei 48 Prozent des Durchschnittslohnes liegt, bekommt ein Beamter bis zu 71,75 Prozent seiner letzten Bezüge als Pension.
Und anders als ein Arbeitnehmer, der monatlich 9,3 Prozent seines Bruttoeinkommens in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, müssen Beamte keine Beiträge fürs Alter abführen. Ihre Pensionen sind komplett steuerfinanziert. Volker Geyer vom deutschen Beamtenbund hält eine Angleichung von Beamten und Angestellten wie in Österreich, dennoch für den falschen Weg. "Der Beamte hat ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, hat beispielsweise auch kein Recht zu streiken, und damit ist eben auch eine eigenständige Besoldung, eine eigenständige Versorgung begründet."
Zunächst Politiker-Pensionen abgeschafft
Bevor Österreich die Beamtenpensionen reformierte, wurden dort die Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung integriert. Die Politiker-Pensionen wurden bereits 1997 abgeschafft. Laut dem Protokoll der damaligen Parlamentssitzung waren die zentralen Argumente "eine steuerliche und pensionsrechtliche Gleichstellung von Politikern und Bürgern" und "dass Politiker nicht irgendeinen automatischen Pensionsbezug haben, sondern dass sie mit gutem Beispiel vorangehen und Eigenverantwortung zeigen".
Andreas Khol von der Österreichischen Volkspartei, gehörte zu den Politikern, die damals den Reformschritt mit auf den Weg brachten. Möglich sei er gewesen, weil der Druck der Öffentlichkeit, Politiker und Bürger bei der Altersversorgung gleichzustellen, sehr groß war.
Die Forderung sei damals eindeutig gewesen, dass Politiker, die Regierungsmitglieder und die Abgeordneten keine Pension allein aus ihrer Stellung als Politiker erhalten sollen, sondern wie jeder andere auch nur dann eine Pension bekommen, wenn entsprechend eingezahlt wurde.
"Beamtenprivileg nicht mehr durchzuhalten"
Aus Sicht des Politikers sei dieser Schritt eine wichtige Voraussetzung gewesen, um die Reform der Beamtenpensionen dann in den folgenden Jahren auf den Weg zu bringen. "Die Gesetze werden im Parlament gemacht. Nachdem das Parlament sich selbst beschnitten hat, haben sie gesagt, dann räumen wir mit allen Privilegien auf. Das Beamtenprivileg war dadurch nicht mehr durchzuhalten", resümiert der heute 84 jährige ehemalige Präsident des Nationalrates.
Für Wolfgang Panhölzl von der Arbeiterkammer Wien war die Reform der entscheidende Beitrag , dass Österreich nach wie vor ein stabiles Pensionssystem mit einem guten Leistungsniveau im Durchschnitt hat. "Ohne die Einbeziehung der Beamten wäre in der gesetzlichen Pensionsversicherung für die anderen Arbeitnehmer, für die Angestellten und Arbeiterinnen der Reformdruck so groß geworden, dass das unweigerlich entweder zu Leistungskürzungen oder zu einer Anhebung der Altersgrenzen gekommen wäre", ist sich Panhölzl sicher.
Lange Übergangsfristen
Dass die Reform von den Beamten in Österreich akzeptiert wurde, lag auch an den langen Übergangsfristen, erklärt Christine Mayrhuber vom Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung. Für Ältere, die vor dem 1.1.2005 bereits 50 Jahre oder älter waren, galt das Gesetz nicht. Für Jüngere wurden Übergangsregelungen getroffen, um sie in ein gemeinsames System zu integrieren.
"Das war sozusagen der Kompromiss, dass es nicht von heute auf morgen passierte, sondern dass es eben Übergangsfristen gibt, wo sich die Beamtinnen und Beamten dran gewöhnen können und nicht von heute auf morgen deutliche Verschlechterungen haben", so Mayrhuber. Ab dem 1. Januar 2005 geschlossene Beschäftigungsverhältnisse zahlten automatisch in die gesetzliche Rentenversicherung ein.
Und noch einen wesentlichen Unterschied gibt es im Vergleich zu Deutschland. Anders als bei uns, wo Beamte gar keinen Beitrag zahlen, waren die Beamten in Österreich schon vor der Reform mit 12,55 Prozent beitragspflichtig. Sie waren es also gewohnt, für ihre Pensionen einzuzahlen.
Kaum noch Verbeamtungen
Mit der Reform wurde in Österreich zudem das Beamtentum rigoros zurückgefahren. "Abgesehen von wenigen Ausnahmen im Justizbereich gibt es bei uns keine Verbeamtungen mehr", so Mayrhuber. Das hilft, Kosten zu senken. "Gegenwärtig sind wir bei circa 3,3 Prozent der Wirtschaftsleistung, die wir für Beamte in Ruhe verwenden, durch den Rückgang der Beamtenschaft wird dieser Anteil bis zum Jahr 2050 auf knapp 1 Prozent und bis 2070 sogar auf 0,4 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. Also in Österreich ist das ein System, das sich auswächst."
Für den Sozialverband Deutschland e.V. (VdK) ist es eine Frage der Gerechtigkeit, auch in Deutschland den österreichischen Weg zu gehen und eine Rentenkasse für alle einzuführen. "Die Möglichkeit haben wir schon lange. Man muss es politisch wollen. Man muss sich überlegen, ob man weniger Menschen verbeamtet oder ob man wirklich von Anfang an sagt, alle neuen Beamtinnen und Beamten sind auch rentenversicherungspflichtig", sagt Verena Bentele, Präsidentin vom VdK Deutschland. Die Arbeitgeber könnten gegebenfalls ja noch über Zusatzversorgungen nachdenken. "Das alles ist in Deutschland ohne Probleme möglich", so Bentele.
Auf ARD-Anfrage schreibt eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums dazu: "Im Koalitionsvertrag ist (…) vereinbart, eine Rentenkommission einzusetzen, die bis Mitte 2027 Vorschläge vorlegen wird, wie die Alterssicherung insgesamt verlässlich und zukunftsfest ausgestaltet werden kann. Die Ministerin hat in diesem Zusammenhang (…) Überlegungen geäußert, etwa zur Frage, ob in Zukunft alle Erwerbstätigen - einschließlich Beamter oder Abgeordneter - in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden sollten. Zugleich hat sie deutlich gemacht, dass sie den Ergebnissen der Kommission nicht vorgreift."
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