US-Präsident Donald Trumps wütende Reaktion auf die jüngste Kartellstrafe der EU gegen Google ließ nicht lange auf sich warten. Kaum hatte die zuständige EU-Kommissarin Teresa Ribera am Freitag das Strafmaß im Verfahren um die Google-Werbetechnologie in der EU verkündet, legte der US-Präsident los. Die Maßnahme aus Brüssel sei „sehr unfair“ und bedrohe US-Investitionen und Arbeitsplätze, polterte er auf seiner Plattform Truth Social, und drohte prompt mit Vergeltungsmaßnahmen.

Seine Reaktion zeigt deutlich, wie anders die Regierung Donald Trumps das Thema Marktmacht der Netzkonzerne betrachtet als noch die Vorgänger-Regierung unter Joe Biden. Die EU-Kommission hatte am Freitag eine Strafe von 2,95 Milliarden Euro gegen den Konzern wegen Marktmachtmissbrauch im Online-Werbemarkt verhängt.

Ribera begründete die Entscheidung damit, dass „Google seine marktbeherrschende Stellung im Bereich Adtech missbraucht“ habe. Ihr Team in Brüssel hatte seit Monaten eine Strafe in dem Verfahren um Googles Werbetechnologie vorbereitet. Konkret werfen die EU-Wettbewerbshüter Google einen Interessenkonflikt vor: Einerseits vermarktet der Konzern selbst Werbeplätze auf den eigenen Webseiten, andererseits tritt er auch als Mittler für Werbeplätze auf fremden Seiten auf.

Bereits 2023 empfahl die Kommission dem Unternehmen deswegen einen Teil seines Werbeangebots zu verkaufen, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Parallel hatten auch US-Behörden diverse Verfahren auf Landes- und Bundesebene gegen Google eröffnet.

Doch in den USA weht inzwischen ein anderer Wind: In dem Verfahren der US-Regierung wegen Marktmachtmissbrauch rund um das Mobilbetriebssystem Android entschied ein US-Bundesrichter Anfang September, dass die vom Justizministerium unter Biden verfolgte Aufspaltung des Konzerns nicht infrage komme.

Der Konzern kam mit relativ milden Auflagen davon. Trump feierte den Ausgang des Verfahrens bei einem Dinner mit den CEOs (Chief Executive Officer) der Techkonzerne im Weißen Haus mit den Worten: „Google hatte gestern einen sehr guten Tag“, und wandte sich direkt an Google-CEO Sundar Pichai: „Sie wissen ja, dass Biden dieses Verfahren vorangetrieben hat.“

Anders als Biden realisiert Trump, dass die globale Marktmacht der US-Internetkonzerne ein echter Faktor im Kampf der USA um Dominanz in der Weltwirtschaft ist. Also betrachtet er Wettbewerbsverfahren in Europa und Asien konsequent als Angriff und droht mit den gleichen Vergeltungsmaßnahmen, die auch im Außenhandelskonflikt mit der EU im Raum standen. Mehr noch als die Milliarden-Strafen aus den Verfahren der Vergangenheit ist die aktuelle Internet-Gesetzgebung der EU mit dem „Digital Services Act“ Trumps Regierung ein Dorn im Auge.

Wer die US-Konzerne mit eigenen Gesetzen wie dem Digital Services Act reguliere, der müsse mit „erheblichen“ zusätzlichen Zöllen rechnen, hatte Trump in den vergangenen Wochen mehrfach verkündet. Sollten die betreffenden Länder ihre „diskriminierenden“ Maßnahmen nicht aufgeben, könnten auch zusätzliche Sanktionen wie etwa Exportbeschränkungen für US-Technologie und Computerchips greifen.

EU will „konsequent und ohne Angst“ handeln

Brüssels Reaktion auf die Drohung fiel eindeutig aus: Ribera stellte am Freitag klar, dass die EU ihre Wettbewerbsvorschriften „konsequent und ohne Angst oder Bevorzugung“ durchsetzen werde. Die eigenen Gesetze und Werte stünden „nicht zur Debatte“. Doch im Hintergrund wankt die Front der Europäer bereits.

Die aktuelle Strafe etwa, so heißt es in Brüssel, wurde bewusst verzögert verkündet, um die Zoll-Einigung mit den USA nicht zu gefährden. Sollte er seinen Worten tatsächlich Strafzölle folgen lassen, könnte der Streit über digitale Monopole einen neuen Handelskrieg entfachen.

In Brüssel wächst die Sorge, dass etwa Autoexporte ins Fadenkreuz Washingtons geraten. Umgekehrt könnte die EU mit Steuern auf US-Tech-Produkte reagieren. Die Netzkonzerne selbst sitzen in der Klemme: Google muss seine globale Strategie zwischen entgegenlaufenden Vorgaben aus Brüssel und Washington ausbalancieren.

Benedikt Fuest ist Wirtschaftskorrespondent für Innovation, Netzwelt, IT und Rüstungstechnologie.

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