Wall-Street-Anleger erlebten heute ein Wechselbad der Gefühle zwischen Zinshoffnungen und Konjunkturängsten. Auch der DAX konnte höhere Niveaus nicht halten und schloss leichter.
Es ist ein schmaler Grat, auf dem die Wall Street derzeit läuft. Kaum dass sich heute Zinshoffnungen nach einem schwachen Arbeitsmarktbericht verfestigten, kamen im Gegenzug Konjunktursorgen auf - denn die Zahlen vom Arbeitsmarkt fielen noch mal deutlich schwächer aus als ohnehin erwartet.
Erst Rekorde, dann Konjunktursorgen
Der marktbreite Aktienindex S&P 500 stieg zwar schon früh auf ein Rekordhoch von 6.532 Punkte, legte dann aber den Rückwärtsgang ein. Am Ende verlor der Index 0,32 Prozent auf 6.481 Zähler. Auch der Leitindex Dow Jones konnte seine moderaten Gewinne mit einer anfänglich neuen Bestmarke bei 45.770 Punkten nicht halten und fiel zuletzt um 0,48 Prozent auf 45.400 Zähler zurück.
Der Nasdaq 100 hatte anfangs ebenfalls deutlicher zugelegt und notierte letztlich noch um 0,1 Prozent leicht höher. Auch der Nasdaq-Composite-Index, der im frühen Handel bei 21.878 Punkten ebenfalls eine neue Bestmarke erzielte, schloss bei 21.700 Punkten um 0,1 Prozent leicht schwächer.
Dabei lösten sich die Indizes gegen Sitzungsende wieder von ihren Tiefs, so dass es zwar ein hochvolatiler Handelstag war, der aber nichts für schwache Nerven war. Kursgewinne der Indexgrößen Broadcom und Tesla stützten den technologielastigen Auswahlindex. Doch mit den Broadcom-Branchenkollegen AMD und Nvidia gab es auch schwergewichtige Verlierer.
US-Stellenaufbau bricht praktisch zusammen
Konkret kamen im August 22.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem im Vorfeld mit großer Spannung erwarteten Bericht der Regierung hervorging. Befragte Ökonominnen und Ökonomen hatten einen Zuwachs von 75.000 Stellen erwartet nach revidiert 79.000 im Juli. Die Arbeitslosenquote stieg im August wie erwartet leicht auf 4,3 Prozent.
Anleger gehen nun davon aus, dass die Zahlen die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zu einer Zinssenkung bei ihrer Sitzung im September bewegen werden, was die Aktien im früheren Handelsverlauf stützte. Zugleich schürten die Daten aber auch neue Konjunktursorgen.
"Die Warnsignale am US-Arbeitsmarkt, die vor einem Monat erstmals laut wurden, haben sich nun deutlich verstärkt", sagte Olu Sonola, Chefanalyst bei der Ratingagentur Fitch. Kevin Gordon vom Vermögensverwalter Charles Schwab stimmte ihm zu: "Dieser Bericht bedeutet nicht unbedingt, dass wir uns bereits in einer Rezession befinden, aber er schlägt eindeutig stärker in die negative als in die positive Richtung aus."
Broadcom haussiert und überholt Tesla
Bei den Einzelwerten stand Nvidia-Konkurrent Broadcom im Fokus. Die Erfolge des Chipherstellers mit Angeboten für Künstliche Intelligenz kamen heute in der Technologiebranche gut an. Die Titel des Chipriesen sprangen zur Eröffnung um fast 15 Prozent auf ein neues Rekordhoch von 356,34 Dollar nach oben. Zuletzt lag das Plus bei 9,41 Prozent.
Angetrieben wurden die Papiere vom Quartalsbericht und einem Großauftrag. So will die ChatGPT-Entwicklerfirma OpenAI, an der auch Microsoft beteiligt ist, sich offenbar mit Hilfe von Broadcom weniger abhängig von den leistungsstarken KI-Chips von Nvidia machen.
Broadcom will zusammen mit OpenAI einen sogenannten KI-Beschleuniger entwickeln und produzieren, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Der Konzern ist mittlerweile zu den sieben größten Tech-Werten in den USA aufgestiegen und hat in der Rangfolge Tesla überholt.
Im Kielwasser von Broadcom ging es zunächst es auch für Micron Technology und die in New York gelisteten Titel des Branchenzulieferers ASML hoch. Auch in Europa waren Chipaktien gefragt. Stärker als DAX-Mitglied Infineon zogen dort vor allem die Titel von STMicroelectronics nach einer Empfehlung der Investmentbank Exane BNP an.
Eine Billion Dollar für Elon Musk
Der Verwaltungsrat von Tesla lockt derweil Firmenchef Elon Musk mit einem beispiellosen Vergütungspaket. Dem Milliardär und reichsten Menschen der Welt winkt bis zu eine Billion Dollar, wenn Tesla seine ehrgeizigen Ziele erreicht, wie der US-Elektroautobauer am Freitag mitteilte. Sollte der Plan genehmigt werden, wäre es das mit Abstand höchste Vergütungspaket, das je einem Manager zugesprochen wurde. Die Ziele dürften vor allem an das Wachstum bei Produkten mit Künstlicher Intelligenz (KI) und autonomen Systemen gebunden sein.
Das Vorhaben verdeutlicht die Abhängigkeit des Autokonzerns von seinem Chef, während sich die Nachfrage nach E-Autos verlangsamt und der Wettbewerb durch chinesische Konkurrenten wie BYD zunimmt. Herkömmliche Vergütungspakete für Führungskräfte anderer Unternehmen seien für die Gestaltung von Musks leistungsbezogener Vergütung nicht geeignet, hieß es zur Begründung in einer Mitteilung an die Börsenaufsicht. Der in Südafrika geborene Unternehmer hatte Tesla von einem Nischen-Anbieter zum zeitweise wertvollsten Autobauer der Welt gemacht.
Studienerfolg treibt BioNTech
Die in New York hauptnotierten Aktien des Mainzer Impfstoffentwicklers BioNTech profitierten von positiven Zwischenergebnissen mit einem möglichen Brustkrebsmedikament. Die Aktien zogen 8,66 Prozent an. Sie hatten sich bereits am Vortag erholt, nachdem sie in dieser Woche unter 100 Dollar auf ihr niedrigstes Niveau seit Ende Mai gefallen waren.
BioNTech gab bekannt, dass in der Phase III einer zulassungsrelevanten Studie, die vom Partner Duality Biotherapeutics in China durchgeführt wird, in einer vorab definierten Zwischenanalyse ein Erfolg verbucht wurde. Ein primärer Endpunkt des progressionsfreien Überlebens sei erreicht worden, teilte das Unternehmen mit. Das Mainzer Unternehmen war während der Covid-19-Pandemie mit seinem Corona-Impfstoff bekannt geworden, der auf mRNA-Technologie basierte. BioNTech steckt seit Jahren viel Geld in Krebstherapien.
EU verhängt Milliardenstrafe gegen Google
Die Europäische Union hat eine Geldstrafe in Höhe von 2,95 Milliarden Euro gegen den US-Internetriesen Google verhängt. Die Kommission begründete dies heute kurz vor XETRA-Schluss mit "missbräuchlichen Praktiken im Bereich der Online-Werbetechnologie". Google kündigte umgehend an, gegen die "ungerechtfertigte" Strafe vorgehen zu wollen.
Aktien der Google-Mutter Alphabet zeigten sich in New York völlig unbeeindruckt und erreichten ein neues Rekordhoch. US-Präsident Trump drohte am Abend bereits mit Vergeltung.
DAX fällt wieder zurück
Die mit Spannung erwarteten August-Daten vom US-Arbeitsmarkt haben an der Frankfurter Börse heute nur ein Zins-Strohfeuer entfacht. Zwar fielen die neusten Daten vom US-Arbeitsmarkt erwartungsgemäß schwächer aus, dies war aber erwartet worden.
Nachdem der DAX ein Tageshoch bei 23.854 Punkten markiert hatte, verabschiedeten sich die Anlegerinnen und Anleger vor dem Wochenende vom markt. Der DAX rutschte ins Minus und schloss letztlich bei 23.596 Punkten um 0,73 Prozent deutlich tiefer. Hoffnungen auf eine Rückeroberung der auch markttechnisch wichtigen Widerstandsmarke von 24.000 Punkten sind damit erst einmal obsolet.
Der MDAX der mittelgroßen Werte hielt sich hingegen deutlich besser und gewann 0,74 Prozent auf 30.011 Punkte hinzu. Vor allem die zahlreich im Index vertretenen Immobilienaktien legten zu. Sie profitieren von der Aussicht auf niedrigere Zinsen.
Auch die Wall Street hilft nicht
Auch neue Rekordstände an der Wall Street im frühen Geschäft halfen dem heimischen Markt nicht. Dabei hat der neueste Arbeitsmarktbericht aus den USA für den August genau das bestätigt, was im Vorfeld erwartet wurde - der US-Jobmarkt kühlt sich ab, sogar deutlicher als erwartet. Was die Notenbank Federal Reserve (Fed) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Zinssenkung bewegen wird.
Die eingepreiste monetäre Entlastung in den USA sorgte am heimischen Markt aber nicht für Euphorie. Im Gegenteil, der weitere Verfall des US-Dollars im Zuge der sinkenden Zinsen belastet zunehmend die durch die neuen US-Willkür-Zölle ohnehin belastete Exportwirtschaft. Das Beispiel Porsche, dessen Aktie zuletzt aus dem DAX genommen wird, steht drohend für den Zustand der heimischen Auto-Vorzeigeindustrie. Aber auch andere Exporteure verspüren zunehmend Gegenwind.
Schwache Auftragseingänge für die deutsche Industrie sorgten zusätzlich für Ernüchterung. Nachdem bereits am Vortag die großen Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen für das heimische Wirtschaftswachstum gesenkt hatten, herrscht damit weiter Tristesse.
Einzig US-Zinshoffnungen oder der ungebrochene KI-Trend stützen zumindest die Wall-Street, was den heimischen Anlegerinnen und Anlegern aber nur bedingt hilft. Wachstumsgeschichten dieser Art gibt es auf dem heimischen Kurszettel jedenfalls nicht.
Euro springt nach oben
Die Aussichten auf einen US-Zinssenkung sorgten für kräftige Kursgewinne des Euro, zudem geriet der Greenback nach dem enttäuschenden US-Arbeitsmarktbericht unter Druck. Die Gemeinschaftswährung wurde im Tageshoch bei volatilem Handel bei 1,1760 Dollar gehandelt, zuletzt wurden im US-Handel in einer Gegenbewegung 1,1716 Dollar bezahlt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1697 (Donnerstag: 1,1647) Dollar fest.
"Eine derart deutliche Verlangsamung des Stellenaufbaus findet üblicherweise nur im Vorfeld einer Rezession statt", kommentierte Christoph Balz, Analyst bei der Commerzbank. "Dies wird die Sorgen bei der Fed erhöhen, dass sie zu lange gewartet hat und daher jetzt schneller agieren muss."
Gold mit neuem Rekordhoch
Am Goldmarkt sind die Anlegerinnen und Anleger ebenfalls in Kauflaune. Die Feinunze Gold stieg nach den US-Jobdaten zuletzt auf 3.600 Dollar und damit auf eine neue Bestmarke. Der schwache Dollar begünstigt die Kursgewinne, wird das Edelmetall für ausländische Investoren doch günstiger, was die Nachfrage steigert. Übergeordnet profitiert Gold von den gestiegenen US-Zinssenkungserwartungen, wirft das Edelmetall selbst doch keine Zinsen ab. Fallende Zinsen machen es daher attraktiver.
Ölpreise unter Druck
Die Erwartung einer sinkenden Nachfrage nach dem Einbruch des US-Arbeitsmarkts zog heute die Ölpreise nach unten. Die Nordsee-Rohölsorte Brent verbilligte sich zuletzt um 1,6 Prozent auf 65,69 Dollar je Fass, US-Leichtöl WTI koste knapp 2,0 Prozent auf 62,06 Dollar weniger. Lange steuerten die Preise auf den größten Tagesverlust seit Anfang August zu, ehe sie sich noch etwas fingen.
"Es ist eine Art unglückliche Verkettung von Umständen", sagte Phil Flynn, Analyst bei der Price Futures Group. "Der Rückgang beim Ölpreis begann mit Opec+. Auch der Arbeitsmarktbericht war nicht hilfreich. Das deutet darauf hin, dass der Markt schwächer wird."
Spekulationen auf höhere Fördermengen der Organisation erdölexportierender Länder und ihrer Verbündeten (Opec+) hatten die Ölpreise am Mittwoch und Donnerstag um insgesamt rund drei Prozent nach unten gedrückt. Auf Wochensicht kommen sie mittlerweile auf ein Minus von fast vier Prozent.
BMW hofft auf Schub bei E-Autos dank der "Neuen Klasse"
Der Münchner Autobauer BMW hat heute im Vorfeld der Automesse IAA als erstes Modell der "Neuen Klasse" das elektrische SUV iX3 vorgestellt. "Das Auto ist für BMW ein Meilenstein", sagte Pal Skirta, Autoanalyst beim Bankhaus Metzler. Damit könnte es gelingen, auf dem schwierigen chinesischen Markt wieder Boden gut zu machen. Die "Neue Klasse" wird in Ungarn produziert.
HelloFresh-Mitgründer verlässt das Unternehmen
Der Mitgründer und Chef des internationalen Geschäfts von Hellofresh, Thomas Griesel, verlässt den Kochboxenanbieter. Er habe den Aufsichtsratschef darüber informiert, dass er nicht beabsichtige, seine Vorstandstätigkeit über den 30. April 2026 hinaus weiter fortzusetzen, und damit die Firma verlassen werde, teilte das Unternehmen am Abend mit.
"Der Aufsichtsratsvorsitzende hat diese Entscheidung mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen." Griesel hatte Hellofresh 2011 zusammen mit Dominik Richter gegründet und war seitdem in der Geschäftsführung und im Vorstand.
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