Studierende geben im Schnitt mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Wohnung, den Wohnheim-Platz oder das WG-Zimmer aus. Unsere Autorin findet: So kann das nicht weitergehen.

Wohnen für Studierende ist einfach viel zu teuer. Aber seit Jahren kommen aus der Politik nur Versprechungen und Ankündigungen – und nichts ändert sich. Wie sehr Studentinnen und Studenten unter diesen leeren Versprechungen leiden, zeigen neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes. 53 Prozent ihres monatlichen Einkommens geben sie demnach inzwischen durchschnittlich für ihre Wohnkosten aus. Bei alleinlebenden Studierenden liegt die Quote mit 54 Prozent noch minimal höher. Bei Studierenden, die mit anderen Studierenden oder Auszubildenden zusammenleben, sind es 37 Prozent. Das ist zwar deutlich geringer, aber immer noch klar über den 25 Prozent Wohnkostenbelastung im Schnitt der deutschen Gesamtbevölkerung. Und höher als die 30 Prozent, die von Experten als maximale Mietkosten-Belastung empfohlen werden.

Währenddessen ist die Zahl der Bafög-Beziehenden wieder einmal auf ein neues Rekordtief gesunken. Nicht, dass Bafög viel an der Situation der Studierenden ändern würde: Der Bedarfssatz für den Wohnkostenzuschuss liegt bei 380 Euro, während Studierende laut Moses-Mendelsohn-Institut schon zum Beginn des letzten Wintersemesters durchschnittlich mit Wohnkosten von 489 Euro rechnen mussten. In Städten wie München, Stuttgart, Berlin oder Hamburg grenzt es fast an ein Wunder, wenn es gelingt, ein Zimmer unter 600 Euro zu finden. Aber eine Bafög-Reform scheint ebenfalls nicht in Sicht.

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Ex-Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) würde jetzt vermutlich ihren alten Spruch auspacken, man müsse ja nicht in die teuersten Städte ziehen, um zu studieren. Die Zahlen zeigen aber, dass die Überlastung durch Wohnkosten kein Problem einzelner Studierender ist, die sich zu fein für die Kleinstadt sind. Es ist ein übergreifendes Problem in vielen Uni-Städten.

Und überhaupt: Nicht jedes Studium ist in jeder Stadt möglich. Bei einigen Studiengängen gibt es Zulassungsverfahren, bei denen die Studierenden ihre Stadt nicht frei wählen können. Und wollen wir wirklich, dass die finanzielle Situation bestimmt, wo man studiert, und nicht der Inhalt des Studiums?

Kein neues Problem

Dass schon die inzwischen vorvorletzte Bundesbildungsministerin studentisches Wohnen in ihrer Amtszeit kommentiert hat, zeigt sehr deutlich: Die chronische Überlastung von Studierenden genauso wie von Azubis bei den Wohnkosten ist alles andere als eine neue Nachricht. Seit Jahren weisen Studierendenvertretungen in Dauerschleife auf das immer drastischer werdende Problem studentischer Wohnungsnot hin. Seit Jahren geht es dabei neben der Frage von zu wenig vorhandenem Wohnraum immer auch um die explodierenden Mieten. 

Und jedes Mal aufs Neue herrscht dann große Bestürzung, wenn neue Erhebungen zeigen, dass die durchschnittlichen Mietpreise für WG-Zimmer erneut gestiegen sind und ein Rekordwert den nächsten jagt. Gerne wird dann aus der Politik betont, man wolle sich für junges Wohnen starkmachen. Viel zu merken ist davon für die Betroffenen aber nicht. Auch das Programm für junges Wohnen, das noch die Bundesregierung unter SPD-Kanzler Olaf Scholz extra ins Leben gerufen hatte, schafft nur bedingt Abhilfe. Wie die neuen Zahlen wieder einmal belegen. 

Wie auch, denn das Programm setzt explizit auf den Aus- und Neubau von Wohnheimen. Noch allerdings wohnt die große Mehrheit der Studierenden eben nicht in Wohnheimen, sondern ist, ob sie wollen oder nicht, auf den freien Wohnungsmarkt angewiesen. Denn die Wartelisten für Wohnheime sind in vielen Städten gefühlt meterlang. Bleibt nur zu hoffen, dass sie für diejenigen, für die ein Wohnheim infrage kommt, etwas kürzer werden, wenn das Programm Erfolg hat.

Wohnungsmiete zahlen oder essen?

Es gibt keine belastbaren Zahlen dazu, wie viele der Menschen, die ihr Studium abbrechen, das nur tun, weil sie es sich nicht mehr leisten können. Weil das Bafög, das mal dazu da sein sollte, allen ein Studium zu ermöglichen, nicht genehmigt wird oder zu gering ist. Weil die Miete für das WG-Zimmer einfach nicht mehr zu bezahlen ist. Weil sie sich am Ende des Monats nicht mehr zwischen einem Essen und der pünktlichen Mietzahlung entscheiden wollen.

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Besonders hart treffen diese immer größer werdenden Belastungen Studierende aus weniger wohlhabenden Schichten, oft Menschen, die als Erste in ihrer Familie studieren. "Dann sollen die Studierenden doch arbeiten gehen", heißt es dann oft. Doch das tun die meisten ohnehin noch neben ihrem Studium. Und am häufigsten und meisten diejenigen ohne finanzielles Netz, die dadurch akademisch benachteiligt sind, weil sie weniger Zeit haben, sich auf die Studieninhalte zu konzentrieren. Die Kette ist endlos. So viel dann zu Chancengerechtigkeit.

Am Ende steht vor allem eins: Wenn wir es als Gesellschaft ernst meinen mit der Bildungsgerechtigkeit und Durchlässigkeit des Bildungssystems, dann gehört dazu auch, ein Umfeld zu schaffen, in dem die finanzielle Situation nicht dafür sorgt, dass manche Türen in die Zukunft gar nicht zu erreichen sind. Dazu gehört die Möglichkeit, angemessene finanzielle Unterstützung zu bekommen, um eine Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren. Dazu gehört aber auch, sich nicht aufgrund zu hoher Mietkosten gegen eine bestimmte Stadt entscheiden zu müssen oder gar den bisherigen Weg komplett abbrechen zu müssen. Und dafür trägt auch die Politik eine Verantwortung, der sie endlich gerecht werden muss.

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