RWE-Chef Markus Krebber ist für eine Streichung der Subventionen für private Solaranlagen. „Was wir heute erleben an Förderungen, sind alles Mitnahmeeffekte“, begründet der Manager vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Düsseldorf (WPV). Es sei daher richtig, dass Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) die Zuschüsse für neue Photovoltaik-Anlagen auf privaten Hausdächern politisch zur Debatte gestellt hat.
Aktuell werden Verbraucher für den Kauf und Betrieb einer Solaranlage staatlich unterstützt, etwa durch eine Steuerbefreiung und durch eine Einspeisevergütung gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Krebber hält das für unnötig und sozial ungerecht. Denn eine solche Anlage rechne sich auch ohne Förderung, weil die Besitzer zum einen weniger Strom kaufen und damit zum anderen weniger Netzausbaukosten bezahlen müssen. Schließlich würden die Netzentgelte nach der Menge des Stroms verteilt, nicht mit Fixkosten pro Anschlusspunkt.
Gleichzeitig seien die betreffenden Haushalte „eigentlich genau solche Nutzer und Einspeiser, wie sie keiner haben will“. Denn der private Anlagenbetreiber drücke immer dann Strom ins Netz, wenn zu viel Sonne ist und sein Strom gar nicht gebraucht wird, beschreibt der Vorstandschef des größten deutschen Stromerzeugers. Und dafür bekomme er dann auch noch einen Preis, der signifikant über dem Großhandelsstrompreis liegt.
Zudem würden Netzausbaukosten ausgelöst, für die dann nicht der Verursacher bezahlt, sondern die Allgemeinheit, die sich kein Solardach leisten kann. Umgekehrt schließlich ziehe dieser Haushalt Strom aus dem Netz, wenn die Knappheit ohnehin am größten ist. „Das kann kein System sein, das funktioniert und das wir wirklich wollen“, so Krebber. „Die Leute sollen sich gerne Solar aufs Dach bauen, aber bitte ungefördert und mit einem vernünftigen Beitrag zu den Netzausbaukosten.“
Krebber fordert verursachergerechte Kostenverteilung
Gemeint ist mit vernünftigem Beitrag laut Krebber eine – wie er es ausdrückt – Reallokation der Netzkosten. „Derjenige, der immer nur in Extremsituationen das Netz in Anspruch nimmt, der müsste eigentlich mehr zahlen.“ Wenn sich jemand komplett vom Netz abkoppelt, dann brauche er auch nichts zahlen. „Aber wenn er das Netz als Versicherung in Anspruch nimmt, um an den schlimmsten Tagen des Winters Strom zu beziehen, dann muss er mehr beitragen.“
Gleichzeitig regt Krebber eine „verursachergerechte Kostenverteilung“ für den Netzausbau an. „Wenn eine Anlage angeschlossen und dadurch Netzkosten ausgelöst werden, sei es eine Solaranlage auf einem Hausdach, ein Offshore-Windpark oder eine Biogasanlage, muss er einen Baukostenzuschuss zahlen, also sich direkt beteiligen“, fordert Krebber vor der WPV. Dann würden auch wieder ökonomisch rationale Entscheidungen getroffen. „Denn dann baue ich nur da, wo das Netz entweder verfügbar ist oder wo sich unter Berücksichtigung der Netzkosten der Aufbau trotzdem lohnt.“
Energieökonomen unterstützen Krebber. Die Speicher von Heim-Solaranlagen seien nicht netzdienlich, sagt zum Beispiel Lion Hirth von der Hertie School. Nach zwei Stunden seien sie bereits voll geladen und würden anschließend am Mittag bei höchster Sonneneinstrahlung nicht mehr zur Verfügung stehen. Das schade dem Netz eher als es der Versorgung nützt. „Viele Menschen kaufen sich einen Heimspeicher, um die Energiewende voranzubringen – die KfW fördert das mit Steuergeld“, so Hirth. „Leider ist das ziemlicher Quatsch: So wie wir Heimspeicher heute nutzen, bringen die kaum etwas für System und Gesellschaft.“ Die Hausbatterie sei „im Grunde ein Steuersparmodell“. Deutschland können nicht auf ein Stromsystem bauen, wo Hunderte Gigawatt Leistung stoisch eingespeist werden – unabhängig davon, ob Strom überhaupt benötigt wird.
Auch Netzbetreiber E.ON kritisiert Solar-Förderung
Zustimmung bekommt Krebber zudem auch von Leo Birnbaum, dem Vorstandschef von E.ON und damit des größten deutschen Netzbetreibers. Auch er hat kürzlich bei der Vorlage der Halbjahresbilanz seines Unternehmens ein Auslaufen der Subventionen für private Solaranlagen gefordert.
„Warum werden Kapazitäten gefördert, die wir nicht brauchen, und Technologien, die längst wirtschaftlich sind? Warum werden Speicher pauschal von Netzentgelten befreit, obwohl viele die Netze gar nicht entlasten und die Kosten für die Kunden erhöhen“, hinterfragt Birnbaum. Es brauche einen Neustart der Energiewende. Das unterstreicht auch Krebber. „Wenn wir die Energiewende nicht zu den günstigst möglichen Kosten organisieren, dann werden wir die Akzeptanz verlieren“, sagt der RWE-Chef. „Deswegen müssen wir an die Anreizsystematik ran.“
Wie hoch die Subventionen für Solarstrom in Deutschland mittlerweile sind, zeigt der Monitoring-Bericht 2024 der Bundesnetzagentur. Danach beliefen sich die EEG-Zahlungen für Solar im Jahr 2023 auf knapp zehn Milliarden Euro. Zweitgrößter Posten ist Biomasse mit gut 3,8 Milliarden vor Wind auf See mit knapp zwei Milliarden Euro und Wind an Land mit 1,4 Milliarden. Das ist bei allen Energieträgern mehr als ein Jahr zuvor, teils sogar deutlich.
Vielerorts kommt der notwendige Netzausbau mit dem rasanten Zuwachs bei den erneuerbaren Energien aber nicht mit. In Baden-Württemberg musste der Netzbetreiber FairNetz aus der Region Reutlingen daher im Juli mitteilen, dass in seinem Beritt auf absehbare Zeit keine neuen Solaranlagen ans Netz angeschlossen werden können. Im vergangenen Jahr gab es zudem einen ähnlichen Fall in Oranienburg im Bundesland Brandenburg. Dort war die Lage aber noch prekärer, ging es doch nicht nur um neue Solaranlagen, sondern auch um Wallboxen, Wärmepumpen und Industrieanlagen.
Photovoltaik erlebt in Deutschland schon länger einen Boom. Binnen zehn Jahren hat sich die installierte Erzeugungsleistung verdoppelt. Ende März 2025 waren laut dem Statistischen Bundesamt gut 4,2 Millionen Anlagen mit einer Nennleistung von knapp 100 Gigawatt auf Dächern und Grundstücken installiert. Ein Jahr zuvor waren es laut amtlicher Statistik 3,4 Millionen Anlagen mit 81 Gigawatt Nennleistung. Der Anteil von Solar am deutschen Strommix liegt mittlerweile bei rund 14 Prozent.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und Business Insider erstellt.
Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie sowie Mittelstandsunternehmen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke