Er ist ein Rentner im Arztkittel: Der pensionierte Hausarzt Arens hilft in einem Freiburger Krankenhaus aus. Es ist ein Modell gegen den Fachkräftemangel, von dem Patienten und Klinik profitieren.
Es ist halb sieben am Morgen im Loretto-Krankenhaus in Freiburg. Während andere in seinem Alter sich im Bett um diese Zeit noch einmal umdrehen, hat Elmar Arens bereits den weißen Kittel übergestreift. Der 66-Jährige ist eigentlich im Ruhestand - und doch beginnt hier sein zweites Berufsleben. "Ich arbeite offiziell vier Stunden, habe eine 40-Prozent-Stelle", sagt er. Meistens sei er aber deutlich länger hier. "Hier", das ist die orthopädische Station des Krankenhauses, auf der Arens mithilft. Mehr als 30 Jahre war er zuvor Hausarzt in Nordrhein-Westfalen.
Vor drei Jahren zog er mit seiner Frau nach Staufen bei Freiburg. Die Idee, wieder einzusteigen, kam nicht von ihm selbst, sondern vom Nachbarn, der ärztlicher Direktor des Krankenhauses ist. "Als unser Nachbar dann eines Tages dastand und gesagt hat: Ich habe eine Idee, schau dir das mal an, da habe ich gesagt, ja, das ist was für ihn", erzählt Arens' Frau Ulrike. Ihr Mann habe dann Probe gearbeitet und sei danach strahlend nach Hause gekommen.
Skepsis hielt nicht lange
Heute ist Arens festes Mitglied des Teams auf der orthopädischen Station. Sein Engagement ist ein Modellversuch gegen den drohenden Pflegenotstand: Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) aus dem Jahr 2022 werden in Deutschland bis 2035 rund 1,8 Millionen Fachkräfte im Gesundheitswesen fehlen. Ärzte wie Arens, die nach der Pensionierung weiterarbeiten, könnten ein Teil der Lösung sein.
Am Anfang sei die Skepsis im Loretto-Krankenhaus allerdings groß gewesen über den neuen Mitarbeiter. "So nach dem Motto: Was will der denn da? Das können wir doch alleine", erinnert sich Arens. Doch schon nach wenigen Wochen riefen ihn die Assistenzärzte regelmäßig. Mit Fragen wie: "Kannst du dir mal eben Frau Müller, Meier, Schulze angucken?" Oder: "Kommst du mal eben auf das geschwollene Bein gucken?" Und: "Kannst du noch mal nach dem Blutdruck schauen?"
Zeit, die sonst keiner hat
Arens' Aufgaben sind internistische Routinearbeiten, die sonst zwischen Operationen und Visiten untergehen: Blutdruck messen, Blutzucker kontrollieren, Nebenwirkungen im Blick behalten. Gerade bei älteren Patienten gebe es viele Vorerkrankungen.
Für die Station ist er ein Gewinn. "Dr. Arens ist eine Konstante", sagt die Assistenzärztin Cäcilia Mikolajek. "Er ist einfach immer da, er kennt die Patienten." Während alle anderen oft von einem Dienst zum nächsten wechselten. Elmar Arens größter Trumpf ist nicht das Fachwissen - sondern die Zeit. Die OPs sind streng getaktet, Visiten knapp bemessen. Außer für ihn.
Die Patientinnen danken es. "Er nimmt sich Zeit für die Patienten. Und das ist ganz, ganz wichtig", sagt Heidi Härtner. Sie bezeichnet den Arzt im Ruhestand sogar als "guten Engel". Auch Barbara Schwartz ist begeistert: "Es tut gut, wenn noch jemand da ist, der einem so ein bisschen Rückhalt gibt." Für viele sei das eine enorme psychische Entlastung im grauen Krankenhausalltag.
"Es haben alle was davon"
Für Klinikdirektor Frank Hassel - der Nachbar, der damals bei Familie Arens mit der Idee im Garten stand - ist das Projekt ein Glücksfall. "Warum soll man so eine Expertise nicht einfach nutzen?", fragt er. "Es haben alle was davon. Nicht nur wir, nicht nur die Patienten, nicht nur Herr Arens, sondern die gesamte medizinische Branche."
Ganz alleine könnten Ruheständler natürlich nicht das gesamte System retten. Aber es sei ein Baustein mit weiteren positiven Begleiterscheinungen: "Die jungen Kollegen können wahnsinnig viel lernen von der Lebenserfahrung und von dem medizinischen Know-how."
Morgens Arzt, nachmittags Rentner
Auch für Arens selbst ist die Rückkehr in den Beruf eine Bereicherung. Vieles habe er ausprobiert, Gartenarbeit, Kochen. Nichts sei eine richtige Erfüllung gewesen, so dass er erkannt habe: Arzt zu sein ist sein Leben - auch im Ruhestand. Die Mischung aus Teilzeitjob und Freizeit empfindet er heute als ideal.
"Wir reisen viel, wir machen viel in unserer Freizeit. Das ist genau das Richtige. Ich habe morgens meinen Job und ich habe nachmittags Urlaub", schildert er seinen Alltag. Um 10.30 Uhr endet Elmar Arens' Schicht schon wieder. Wenn er nicht mal wieder länger bleibt, weil noch ein Patient oder eine Patientin sein Ohr oder seinen Rat braucht.
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