Die Dienstwagen von deutschen Spitzenpolitikern werden nicht klimafreundlicher. Das ist der Befund des jährlichen „Dienstwagen-Checks“ der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Deutsche Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker fahren weiter mehrheitlich mit klimaschädlichen Dienstwagen“, lautet das Urteil der umstrittenen Umweltorganisation.
Von elf untersuchten Bundesministern erhalten sieben in der Studie eine Rote Karte. Der Grund: Der durchschnittliche CO₂-Ausstoß der Fahrzeuge ihres Spitzenpersonals überschreitet den EU-Flottengrenzwert von 93,6 Gramm CO₂ pro Kilometer, der seit 2025 für Neuwagen gilt. Zum Vergleich: Die durchschnittliche CO₂-Emission aller neuen Autos in Deutschland lag dem Kraftfahrt-Bundesamt zufolge 2024 bei knapp 120 Gramm je Kilometer.
Auf Bundesebene schneidet Umweltminister Carsten Schneider (SPD) am besten ab: Sein Elektro-Dienstwagen kommt laut Berechnung auf nur 62 Gramm CO₂ je Kilometer. Auf dem letzten Platz liegt Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD). Sie fährt einen Audi A8 L 60 TFSIe quattro, dessen CO₂-Ausstoß bei 209 Gramm je Kilometer liegt.
Diese Automarken sind am beliebtesten
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) toppt das Ganze noch einmal. Sein BMW X7 M60i xDrive stößt 292 Gramm CO₂ pro Kilometer aus – mehr als jedes andere Fahrzeug in der Rangliste. Den ersten Platz der Ministerpräsidenten belegt Baden-Württembergs Winfried Kretschmann (Grüne), dessen Mercedes EQS mit 70 Gramm CO₂ je Kilometer am klimafreundlichsten fährt.
Doch selbst bei den Umweltministern der Länder zeigt sich ein gemischtes Bild. Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) fährt mit 59 Gramm CO₂ je Kilometer den sparsamsten Wagen. Noch umweltfreundlicher geht es bei Bremens Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf (Grüne) zu: Sie nutzt laut der Erhebung ein Dienstfahrrad. Sachsen-Anhalts Umweltminister Armin Willingmann (SPD) setzt dagegen auf einen Hybrid – und fährt mit 205 Gramm CO₂ je Kilometer das Auto mit den höchsten Emissionen unter den Umweltministern.
Insgesamt erhalten 63 Prozent aller Dienstwagen eine rote Karte in der Erhebung, ein leichter Rückgang gegenüber 74 Prozent im Vorjahr. Der Anteil an rein batterieelektrischen Fahrzeugen stieg auf Bundesebene leicht von 50 auf 57 Prozent. Insgesamt hat die Zahl der reinen Elektro-Dienstwagen bei Bundes- und Landesregierungen allerdings stagniert. Lediglich 87 von 238 Dienstwagen fuhren ausschließlich mit Strom. Nach Parteien sortiert fahren die Grünen-Politiker die klimafreundlichsten Fahrzeuge. Am schlechtesten schneiden die Fahrzeuge der FDP-Regierungsmitglieder auf Länderebene ab.
Bei den Automarken zeichnet sich ein deutliches Bild ab. Die deutschen Spitzenpolitiker fahren am liebsten BMW und Audi. Bei den Plug-in-Hybriden liegt der BMW 750e xDrive (2024), bei den Verbrennern der Audi A8 (2024) und bei den Elektrowagen der BMW i7 xDrive 60 (2024) vorn. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) setzt auf einen BMW M760e xDrive, der mit einem Ausstoß von 178 Gramm CO₂ je Kilometer ebenfalls deutlich über dem EU-Flottengrenzwert liegt.
DUH befürchtet Ende des Verbrenner-Ausstiegs
Die Ergebnisse bieten einen Einblick darin, wie ernst es die Politiker mit klimafreundlichen Verkehrsmitteln nehmen. Bei der Methodik bezieht die DUH ihre Berechnungen auf die Emissionsangaben nach dem WLTP-Verfahren – ebenso wie etwa der ADAC. Dabei handelt es sich um einen standardisierten Messzyklus, der einen theoretischen CO2-Ausstoß angibt, den man im realen Straßenverkehr aber so gut wie nie erreichen kann.
Bei Elektro- und Hybridfahrzeugen wird zusätzlich der CO₂-Gehalt des deutschen Strommixes (Stand 2024) eingerechnet. Dadurch können auch Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb die Rote Karte der Umwelthilfe erhalten, wenn ihr Stromverbrauch pro 100 Kilometer zu hoch ist. Unterschiede ergeben sich zudem durch Erstzulassungszeitpunkte oder Ausstattungsvarianten – ein Faktor, der nicht transparent kontrollierbar sei.
Weiterhin fließen zentrale Regierungsfahrzeuge – etwa von Kanzler, Vizekanzler, Finanz-, Verteidigungs-, Innen- und Gesundheitsministerium – gar nicht in die Bewertung ein. Das liegt daran, dass diese Regierungsmitglieder besonderen Schutz benötigen und daher mit schweren, gepanzerten Fahrzeugen unterwegs sind. Der CO₂-Ausstoß ist daher nicht wirklich mit dem regulärer Autos vergleichbar.
Die DUH nutzt ihre Untersuchung auch, um politischen Druck zu machen: „Anstatt den Umstieg auf den zukunftsfähigen Elektroantrieb ernsthaft anzugehen, setzt die Bundesregierung auf klimaschädliche Verbrenner-Limousinen“, kritisiert der Verein und befürchtet, die Regierung könnte den vereinbarten Verbrenner-Ausstieg 2035 gemeinsam mit den Autobauern wieder einkassieren. Zumindest kommt der Umstieg auf Elektrofahrzeuge bei den Politikern selbst kaum noch voran.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit „Business Insider Deutschland“.
Klemens Handke ist Wirtschaftsredakteur. Er berichtet über Verkehrspolitik und die Deutsche Bahn.
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