Das ifo-Institut hat 170 Ökonominnen und Ökonomen zur Arbeit der schwarz-roten Regierung befragt. Deren Zwischenbilanz fällt verhalten aus. Kritik gibt es vor allem an den Plänen für die Rente sowie an der Energiepolitik.
100 Amtstage sind vorbei und das Zwischenfazit, das viele Ökonomen in Deutschland zur Arbeit der neuen Bundesregierung ziehen, fällt nicht sonderlich gut aus. Das geht aus einer Umfrage des Münchner ifo-Instituts hervor, für die 170 Uniprofessorinnen und -professoren für Volkswirtschaftslehre befragt wurden. Demnach schätzen 42 Prozent der Befragten die bisherigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen negativ ein.
Lediglich ein Viertel (25 Prozent) zieht eine eher positive Bilanz. Ein Drittel (32 Prozent) steht den Maßnahmen neutral gegenüber. Ein Prozent der Befragten machte keine Angaben. Als Grund für eine positive Bewertung wurde vor allem der stärkere Fokus auf öffentliche Investitionen durch die Einrichtung eines Sondervermögens benannt.
Auch die Investitionen in die Verteidigung, der sogenannte "Investitionsbooster", die Abschaffung des deutschen Lieferkettengesetzes sowie die Abschaffung der Gaspreisumlage wurden gelobt. Allerdings gaben 29 Ökonomen an, keine gelungene Entscheidung der Bundesregierung - bestehend aus Union und SPD - benennen zu können.
Kritik an Rentenpaket und Reform der Schuldenbremse
Kritisch sehen die Befragten vor allem die Ausweitung der Mütterrente, gefolgt von der umfangreichen Reform der Schuldenbremse einschließlich der Schaffung des Sondervermögens für Infrastruktur. Das verabschiedete Rentenpaket und die insgesamt fehlende Reformbereitschaft bemängelten ebenfalls viele der befragten Volkswirte. "Dringend notwendig ist eine Rentenreform, doch gehen die Maßnahmen der Bundesregierung bei der Rente vollständig in die falsche Richtung", sagte ifo-Forscher Niklas Potrafke.
In der Kategorie Energiepolitik dominierte die Kritik, dass die Stromsteuersenkung ausschließlich dem verarbeitenden Gewerbe zugutekommt. Zudem wurde der Regierung vorgeworfen, zu stark auf fossile Energieträger wie Gas zu setzen. Die Ökonomen merken an, dass sich die Stimmung in der Wirtschaft zwar bereits gebessert habe, bisher jedoch noch zu wenige konkrete Maßnahmen ergriffen worden seien.
Wirtschaftskompetenz? Eher mittel!
Eine wirtschaftspolitische Kompetenz spricht die Mehrheit der teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen der schwarz-roten Regierung nur in begrenztem Maße zu. 53 Prozent bewerten sie als "mittel", 26 Prozent als "eher gering" und fünf Prozent als "sehr gering". Nur 14 Prozent der Teilnehmenden attestieren der Regierung unter Friedrich Merz eine "eher hohe" wirtschaftspolitische Kompetenz.
Kurzfristig erwartet die Hälfte der Befragten eher positive Auswirkungen der bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung auf die Konjunktur. Lediglich zwölf Prozent gehen von eher negativen Effekten aus. Mit Blick auf die mittelfristigen Wachstumsaussichten sind die Experten hingegen skeptischer: 34 Prozent erwarten eher positive Folgen, während insgesamt 26 Prozent mit negativen mittelfristigen Wachstumsaussichten rechnen.
Kurzfristiges Ankurbeln der Konjunktur?
Als Hauptgrund für eine positive Einschätzung wird oft der expansive Fiskalimpuls genannt, also wenn der Staat mehr Geld in die Wirtschaft pumpt als er ihr entzieht. Der ergibt sich aus den zusätzlichen Mitteln für Infrastruktur und Verteidigung. Als hemmende Faktoren werden hingegen die lange Umsetzungsdauer der Investitionen sowie negative Effekte durch die neuen US-Zölle angeführt.
"Die schuldenfinanzierte Fiskalpolitik wird vor allem kurzfristig die Konjunktur ankurbeln", sagte ifo-Experte Potrafke. Um nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu schaffen, würden allerdings marktorientierte Strukturreformen benötigt. "Von solchen Reformen ist gegenwärtig nur noch nichts zu sehen", sagte er.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke