Worum geht es? In Ankara tritt eine überparteiliche Kommission des Parlaments zusammen, um Pläne auszuarbeiten, wie kurdische Kämpferinnen und Kämpfer in die Gesellschaft reintegriert werden können. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass vor rund drei Wochen Mitglieder der Kurdischen Arbeiterpartei PKK damit begonnen haben, ihre Waffen abzugeben.
Nur die Mitgliedschaft in der PKK soll nicht mehr bestraft werden.
Wird es eine Amnestie für PKK-Mitglieder geben? Die Regierungspartei AKP – die Partei Erdogans – strebe eine begrenzte Amnestie für PKK-Mitglieder an, sagt Thomas Seibert, freier Korrespondent in Istanbul. «PKK-Mitglieder, die ihre Waffen niederlegen, sollen straffrei ausgehen, solange sie keine anderen Verbrechen begangen haben», so der Korrespondent. «Nur die Mitgliedschaft in der PKK soll nicht mehr bestraft werden.» Eine solche Lösung würde darauf hinauslaufen, dass Tausende Kämpferinnen und Kämpfer heimkehren könnten – allerdings nicht die Kommandeure der PKK. Sie werden für Anschläge und Gefechte verantwortlich gemacht.

Was erwartet die Opposition von den Beratungen? Die legale Kurdenpartei DEM wolle die Anti-Terrorgesetze entweder ganz abschaffen oder zumindest nach EU-Normen reformieren, sagt Seibert. «Das würde bedeuten, dass die Meinungsfreiheit in der Türkei gestärkt würde und die regierungstreue Justiz nicht mehr mit der Terrorismuskeule gegen Regierungskritiker vorgehen könnte.» Zurzeit werden die Anti-Terrorgesetze in der Türkei so ausgelegt, dass jeder Widerspruch gegenüber der Regierung als Aufruf zum Terror interpretiert werden kann.
Was, wenn die Regierungspartei zu wenig Zugeständnisse macht? Der Friedensprozess mit der PKK ist nicht unumkehrbar. Die PKK kann den Prozess abbrechen, wie sie es beim letzten Friedensversuch 2015 getan hat.

Welches Ziel verfolgt Erdogan? Es gibt Stimmen, die unterstellen, dass der türkische Präsident eine Verfassungsänderung nicht nur dazu nutzen könnte, um eine kurdische Identität in der Verfassung zu verankern, sondern auch dafür, dass er bei den nächsten Präsidentschaftswahlen wieder antreten könnte. Dies verbietet ihm die Verfassung zurzeit. «Die Beratungen werden zeigen, ob er das wirklich beabsichtigt», so der Korrespondent.
Sie können nicht auf der einen Seite an die Demokratie appellieren und auf der anderen Seite Verwalter ernennen.
Was sagt die Oppositionspartei CHP? Die grösste Oppositionspartei im türkischen Parlament, die CHP, beobachtet den Prozess kritisch. Im März hatte die Festnahme und Absetzung des Istanbuler Stadtpräsidenten Ekrem Imamoglu landesweite Proteste ausgelöst. Mindestens 16 Stadtpräsidenten der Partei sitzen in Haft. Die CHP, der bei den landesweiten Kommunalwahlen im vergangenen Jahr ein Überraschungserfolg gelungen war, wertet das Vorgehen gegen die Partei als politisch motiviert. In Bezug auf den Friedensprozess mit der PKK forderte Burhanettin Bulut von der CHP die Regierung auf, Beständigkeit zu zeigen: «Sie können nicht auf der einen Seite an die Demokratie appellieren und auf der anderen Seite Verwalter ernennen.»
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