Handwerkspräsident Jörg Dittrich kritisiert den Kurs der Bundesregierung und zweifelt an der Verlässlichkeit der schwarz-roten Koalition. Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks spricht mit Blick auf die "gebrochene Zusage" einer Stromsteuersenkung von einem Vertrauensverlust. "Wenn eine klare Zusage einfach einkassiert und ohne jede Vorwarnung oder Einbindung der betroffenen Gruppen verkündet wird, dann erzeugt das Frust", sagte Dittrich der Deutschen Presse-Agentur. "Vertrauen kann man nicht an- und ausschalten wie Licht. Es entsteht durch Verlässlichkeit. Und daran fehlt es aktuell."
Enttäuschung im Handwerk
Der Koalitionsvertrag sei an vielen Stellen ambitioniert, sagte Dittrich. Die Umsetzung werde jedoch erst einmal durch die Sommerpause unterbrochen. Das sei unglücklich, weil diese Pause zu einem Zeitpunkt komme, an dem sich viele Menschen nach Veränderungen sehnen. "Stattdessen gibt es durch das Handeln der neuen Regierung die ersten Ernüchterungen."
Auf der einen Seite stünden konkrete, einfach umsetzbare Punkte im Koalitionsvertrag - wie die Abschaffung der Bonpflicht sowie Erweiterungen der Sonn- und Feiertagsbeschäftigung für Bäckereien. "Das ist nicht umgesetzt", sagte der Handwerkspräsident. "Auf der anderen Seite kommt eine zunächst für alle versprochene Stromsteuersenkung nicht, sondern es bleibt bei dieser Senkung nur für die Industrie, das produzierende Gewerbe und nun ergänzt um die Land- und Forstwirtschaft. Das ist Willkür."
Die Enttäuschung darüber sei groß. "Und das bleibt über den Sommer im Gedächtnis." Der von der Regierung bis zur Sommerpause prognostizierte deutliche Stimmungsumschwung zum Positiven sei im Handwerk bislang nicht festzustellen.
CDU, CSU und SPD hatten im Koalitionsvertrag eine Senkung der Stromsteuer für alle auf das EU-Mindestmaß angekündigt, wenn auch unter Finanzierungsvorbehalt.
Zweifel an Zusagen
Die Entscheidung der Bundesregierung zur Stromsteuer lasse viele Betriebe ratlos zurück, sagte Dittrich. "Die stellen sich natürlich die Frage nach dem Wert von politischen und sogar schriftlichen Zusagen. Wenn jetzt alles Zugesagte nur unter Vorbehalt gilt, womit sollen sie planen? Gilt das dann auch für die Bonpflicht oder die Arbeitszeitflexibilisierung? Oder muss jetzt immer damit gerechnet werden, dass sich die Regierung aus Zugesagtem mit dem Hinweis hinausschleicht: Geht gerade nicht."
Steigende Sozialversicherungsbeiträge und Lohnkosten erzeugten zusätzlichen Kostendruck im Handwerk. Umso dringlicher wäre eine Stromsteuersenkung für alle Betriebe gewesen. "Gerade energieintensive Bereiche wie die Textilreiniger, die Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime mit hygienischer Wäsche versorgen und einen gigantischen Energieverbrauch haben, brauchen dringend Entlastung. Doch für sie wird die Stromsteuer nicht gesenkt." Es gebe nach wie vor die klare Erwartung, dass die Entscheidung zur Stromsteuer korrigiert wird, betonte der Handwerkspräsident.
Wird der Mittelstand vernachlässigt?
Mittelstand und Handwerk erlebten derzeit, dass sie bei konkreten Maßnahmen nicht im Fokus stünden, so Dittrich. "Das ist ein Signal, das hängen bleibt." Es gehe um Wertschätzung, aber auch um Prioritätensetzung und eine klare Mittelstandsorientierung. "Das Handwerk übernimmt bei der Ausbildung, bei der Fachkräftesicherung, bei der Integration Verantwortung. Was wir erwarten, sind faire und planbare Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln."
Es gehe um Verlässlichkeit. "Offenbar wurde die Verlässlichkeit gegenüber Mittelstand und Handwerk als nicht so dringlich erachtet. Das hinterlässt den Eindruck: "Wir sind der Politik wohl doch nicht so wichtig." Und das erschüttert Vertrauen, was jedoch Grundlage jeder tragfähigen Wirtschaftspolitik ist."
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