Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz ist sichtlich mit sich zufrieden. Deutschlands Standing in Europa und der Welt? «Germany is back», Deutschland ist wieder da. Die Wirtschaftslage? Zum ersten Mal seit drei Jahren senken die Konjunkturforschungsstellen ihre Prognosen nicht mehr. Die Migrationswende? Die Asylantragszahlen sind im ersten Halbjahr 2025 um 43 Prozent zurückgegangen. Die Energiekosten? Sie sinken, zumindest fürs Gewerbe, Otto Normalverbraucher profitiert nicht davon.
Aber, betonte Merz an der Generaldebatte vom vergangenen Mittwoch im Bundestag, seine Regierung habe dieses Versprechen doch zu «drei Vierteln» eingehalten. Na ja.
Gebrochene Versprechen
Es ist ein radikaler Wandel: Vom Oppositionsführer, der einen realitätsfernen Wahlkampf führte, Maximalforderungen stellte und das Blaue vom Himmel versprach. Hin zum Kanzler, der an die Grenzen des Machbaren stösst. Friedrich Merz hat diesen Wandel in Windeseile vollzogen und seither reihenweise Versprechen gebrochen. Wie hatte er geschworen, die Schuldenbremse niemals anzutasten – um diese noch vor Amtsantritt auszuhebeln.
Das Schuldenpaket, das die neue Bundesregierung dadurch schnüren kann, ist gigantisch. 850 Milliarden Euro für die Aufrüstung, für die Sanierung der maroden Infrastruktur, für die Wirtschaft, die im dritten Jahr in Folge stagniert. Wie laut hatte Merz getönt, bei Amtsantritt faktisch die Grenzen zu schliessen, um die irreguläre Zuwanderung einzudämmen. In der Realität bleibt es mit den verstärkten Grenzkontrollen bei Symbolpolitik. Mit jedem gebrochenen Versprechen verliert der Kanzler etwas an Glaubwürdigkeit.
Warten auf den Stimmungsumschwung
Immerhin: Wirtschaftspolitisch ging es voran, der «Investitionsbooster» ist auf den Weg gebracht, der «Bauturbo» gezündet. Merz‘ Strategie, mit Verbesserungen für die Wirtschaft einen Stimmungsumschwung herbeizuführen, ist noch nicht aufgegangen, es ist nicht mehr als ein Silberstreif am Horizont.
Einen, den viele Deutschen nicht sehen, weil nichts Konkretes bei ihnen ankommt. Zwar wurden viele richtigen Entscheidungen getroffen, um eine Dynamik auszulösen. Aber das braucht Zeit. Dahingehend ist Merz ein Opfer seiner eigenen Ankündigungspolitik.
Innenpolitisch nachsitzen
Die Zwischenbilanz nach rund 60 Tagen fällt damit ambivalent aus. Aussenpolitisch ist der Start gelungen, innenpolitisch muss Merz nachsitzen. Da ist er ganz offensichtlich zu wenig präsent, wie das Fiasko um die Ernennung neuer Verfassungsrichter vom Freitag zeigt. Eigentlich eine Routinesache, eskalierte die Wahl zu einer Saalschlacht, die nur Verlierer kennt. Weder der Kanzler noch sein Fraktionschef Jens Spahn scheinen die eigenen Truppen im Griff zu haben, das bislang stabile Bündnis mit der SPD wackelt.
Statt sich befriedigt in die parlamentarische Sommerpause plumpsen zu lassen, findet sich die Bundesregierung damit plötzlich im Kleinklein politischer Streitereien wieder, das fatal an die Kakophonie der Ampelregierung erinnert.
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