Heute sollen sie kommen, die Briefe von US-Präsident Donald Trump an all jene Länder, mit denen es in Sachen Zollstreit ein Verhandlungsergebnis gibt. Auch die Schweiz soll unter den Ländern sein. Was drin steht, dürfte frühestens am Abend bekannt werden.

Sicher ist: In seinem Verhandlungsmandat hat der Bundesrat auch gewisse Agrarzölle erwähnt, die Gegenstand der Gespräche mit den USA sein würden. Das ist bemerkenswert, denn in den vergangenen Jahren hat der umfassende Schutz der Schweizer Landwirtschaft durch Zölle und Subventionen Freihandelsgespräche mit den USA erschwert.

Legende: Womöglich kommen jetzt bald neue Impulse aus den USA, was den Agrarfreihandel angeht. Die Geschichte zeigt zugleich, dass die Schweiz den Schutz ihrer Landwirtschaft nur sehr ungern antastet. Keystone/ALINE HENCHOZ

Wird der Agrarprotektionismus gelockert?

Im Mandat erwähnt der Bundesrat explizit die Zölle auf Zitrusfrüchte, Nüsse und Meeresfrüchte - alles Produkte, die die Schweizer Landwirtschaft kaum produziert. Und doch wäre es eine Lockerung des bisher strengen Schutzes bestehend aus Zöllen, Direktzahlungen und anderen Subventionen. Rund sechs Milliarden Franken lässt sich die Schweiz diesen Protektionismus jährlich kosten.

Für uns ist klar, dass man bei den Produkten, die wir auch selber produzieren, keine Konzessionen machen darf.
Autor: Martin Rufer Direktor Schweizer Bauernverband

»Für uns ist klar, dass man bei den sensiblen Produkten, also Produkten, die wir selber auch in der Schweiz produzieren, keine Konzessionen machen darf», betont Martin Rufer, Direktor des Schweizer Bauernverbands. Denn so käme die Inlandproduktion unter Druck, und der Selbstversorgungsgrad der Schweiz würde weiter sinken. Bei einer Aufhebung der Zölle auf Zitrusfrüchte, Nüsse und Meeresfrüchte sieht Rufer dagegen keine Probleme.

Steuerung des Konsums

Aber warum überhaupt Zölle auf Orangen? Laut Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) dienen solche Zölle nicht etwa dem Schutz von Orangenproduzenten, sondern sind Teil einer allgemeinen Strategie zur Förderung des Konsums einheimischer Früchte wie Äpfel oder Birnen.

Nicht alle Bauern sind deshalb einverstanden mit dem Verhandlungsmandat. Kilian Baumann von der Kleinbauern-Vereinigung kritisiert: «Dann werden Orangen besonders günstig aus den USA importiert. Das verdrängt die Schweizer Äpfel oder etwa die Bio-Orangen aus Italien.» Zu einer solchen Entwicklung werde man nicht Hand bieten.

Wir haben 2023 einen durchschnittlichen Agrarzoll von 24.8 Prozent. Das ist sechsmal höher als in den USA und dreimal so hoch wie in der EU.
Autor: Michele Salvi Vizedirektor Avenir Suisse

Liberalisierung hat also innerhalb der Bauernschaft wenig Fans. Ausserhalb gibt es aber durchaus Stimmen, die sich etwas mehr Freihandel wünschen. Michele Salvi vom liberalen Thinktank Avenir Suisse zum Beispiel kritisiert die Stützung der Schweizer Landwirtschaft als überproportional: «Wir haben 2023 einen durchschnittlichen Agrarzoll von 24.8 Prozent. Das ist sechsmal höher als in den USA und dreimal so hoch wie in der EU.»

Käse als Spezialfall

Als Beispiel, wie es gut laufen kann, führt Michele Salvi den Bereich Käse an. Tatsächlich ist der Käsehandel mit der EU seit 2007 komplett liberalisiert. Die Schweizer Käseproduzenten sind dadurch nicht verschwunden. Produktion und Exporte sind sogar gestiegen.

Dass die Schweiz beim Käse das Wagnis Freihandel eingegangen ist, ist aber wohl kein Zufall. Agrarökonom Robert Finger von der ETH Zürich spricht von einem komparativen Vorteil der Schweiz bei der Produktion von hochqualitativem Käse. Entsprechend sei der Käse sehr bewusst gewählt worden. Freihandel mit Tomaten dagegen würde die inländische Produktion sicher unter Druck setzen, so Robert Finger.

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