Zehn Euro pro Monat vom Staat ab dem sechsten Lebensjahr - 2026 soll die neue Frühstart-Rente kommen. Vieles ist noch unklar, aber schon gibt es viele Lockangebote. Was ist dabei zu beachten?

Christoph Stibbe arbeitet für die Sparkasse in Koblenz. Er ist dort stellvertretendes Vorstandsmitglied. Stibbe beobachtet schon seit einigen Jahren ein Umdenken bei der Kundschaft. "Die Renten- und Pensionssysteme haben ein grundlegendes Finanzierungsproblem - und das seit Jahrzehnten. Die Bürger haben das längst verstanden und handeln. Das sehe ich jeden Tag in unserer Filiale", so Stibbe.

Bislang hätten Eltern, Großeltern oder Paten bei der Geburt für das Kind ein Depot eröffnet - mit Blick auf den Führerschein oder zur Finanzierung der Ausbildung. "Jetzt interessieren sich aber auch Berufseinsteiger und junge Erwachsene für langfristige Anlagen. Sie haben Recht. Auf lange Sicht von mindestens 20 Jahren sind Aktien in puncto Rendite praktisch nicht zu schlagen." 

Vor allem junge Kundschaft ist interessiert

Die Frühstartrente der Bundesregierung ist für Stibbe ein Schritt in die richtige Richtung. "Zehn Euro sind natürlich bei weitem nicht geeignet, die Finanzierungsprobleme für eine spätere Rente über private Vorsorge zu lösen." Stibbe greift dazu zu einem Bleistift und rechnet vor: "Angenommen ein sechsjähriges Kind startete mit einem Sparplan von zehn Euro im Monat. Der deutsche Aktienindex DAX hat eine ungefähre Durchschnittsrendite von sieben Prozent im Jahr. Nach 50 Jahren wären das dann rund rund 50.000 Euro", so Stibbe.

Das allein reiche natürlich noch nicht. Je früher und je mehr investiert werde, desto höher sei der Ertrag - aufgrund des Zinseszinseffektes. "Erhöht man die Summe von zehn auf 100 Euro, sind sogar eine Million Euro möglich", kalkuliert Stibbe. Zu empfehlen seien kostengünstige Anlagen mit breiter Streuung. "Wir beobachten, dass gerade junge Leute sich für diese Anlage interessieren, um ihren Ruhestand finanziell deutlich aufzubessern." 

Was ist die Frühstart-Rente?

Die Frühstart-Rente ist Teil der von Union und SPD geplanten Rentenreform. Die Idee ist nicht ganz neu: Bereits im vergangenen Jahr hatten die sogenannten "Wirtschaftsweisen" ein ähnliches Konzept vorgeschlagen. Die Frühstart-Rente soll junge Menschen an den Kapitalmarkt heranführen und für die private Altersvorsorge sensibilisieren. Konkret soll jedes Kind vom sechsten bis 18. Lebensjahr ab 2026 pro Monat zehn Euro vom Staat bekommen.

Voraussetzung: Es muss eine Bildungseinrichtung in Deutschland besuchen. Das Geld soll in ein Altersvorsorgedepot fließen. Die angesparte Summe kann dann ab dem 18. Lebensjahr bis zum Renteneintritt durch private Einzahlungen bis zu einem jährlichen Höchstbetrag erhöht werden - wie hoch, ist aber noch unklar. Die Erträge sollen bis zum Renteneintritt steuerfrei sein. Wichtig: Das Geld darf erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze ausgezahlt werden. Und: Wer verwaltet das Depot? In welche Anlageklassen wird investiert? Diese entscheidenden Fragen sind alle noch unklar.

Im Wahlkampf hatte sich der damalige Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz auch zu den anfallenden Kosten geäußert: "Bei ungefähr 700.000 jungen Menschen pro Jahrgang kostet das sieben Millionen Euro monatlich für jeden Jahrgang", so Merz damals gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Daraus ergeben sich rund 84 Millionen Euro pro Jahr - für einen Jahrgang. Woher das Geld aus dem Bundeshaushalt kommen soll, ist auch noch nicht geklärt. Im Herbst soll es zu den zahlreichen Fragen dann auch Antworten geben. Das genaue Konzept soll dann im Kabinett vorgelegt, beschlossen und auf den parlamentarischen Weg gebracht werden. 

Vor allem auf die Kosten achten

Auch Timo Halbe wartet noch auf die Details rund um die Frühstart-Rente.  Er ist Geldanlage-Experte bei "Finanztip", einem unabhängigen Ratgeber für Finanz- und Verbraucherthemen. Auch Halbe äußert sich grundsätzlich positiv: "Es gibt eine erhebliche Rentenlücke, die man über private Vorsorge schließen sollte. Am Kapitalmarkt sind langfristige Investitionen entscheidend." Die veranschlagten zehn Euro haben für den Anlageexperten lediglich Symbolwert. "Es geht um das Signal: der Staat beziehungsweise die Rente allein kann den Lebensstandard im Alter nicht mehr sichern. Jeder muss etwas selbst beisteuern", so Halbe.

Der Experte rät, vor allem auf die entstehenden Kosten bei den unterschiedlichen Anbietern zu achten, sobald die Details rund um die Frühstart-Rente geklärt sind. Das heißt konkret: "Welche Kosten entstehen für die Depotführung oder bei der Ausführung des Sparplanes?"

Halbe glaubt, dass ein weltweit breit gestreuter Aktienfonds die beste Lösung für die Frühstart-Rente wäre. "Das hilft, die Risiken am Aktienmarkt deutlich zu senken. Der Fonds sollte zudem nicht aktiv gemanagt werden. Wir wissen inzwischen, dass das keine Vorteile bringt und deutlich teurer ist." Zudem hat Halbe noch eine eindringliche Botschaft an die Deutschen, die im internationalen Vergleich doch eher Aktien meiden: "Setzen Sie auf Anlagen mit sehr langen Laufzeiten. So können Sie kurzfristige Krisen locker überstehen."

Neobroker oder Sparkasse?

Für die Anlage empfiehlt der "Finanztip"-Experte Online-Direktbanken. Diese böten besonders günstige Depots - oder sogenannte Neobroker, bei denen alles nur noch über eine App laufe. "Ich weiß, dass es hier noch viele Vorbehalte gibt. Im Gegensatz zur Hausbank vor Ort soll man jetzt sein Geld in ein anonymes Geldhaus auf dem Smartphone geben? Das Aktiendepot dort ist aber genauso sicher wie auch sonst." Halbe hat noch einen weiteren Tipp: "Führen die Banken auch automatisch die Steuern ab? Das ist nicht bei allen Online-Dienstleistern der Fall, spart aber viel Arbeit bei der Steuererklärung."

Von Banken oder Sparkasse rät Halbe ab - diese seien bei der Depotführung doch teurer. Hier widerspricht Christoph Stibbe von der Sparkasse: "Wie bieten spezielle Depots für Kinder und junge Erwachsene an - ohne Gebühren. Bei Neobrokern gibt es beim Wertpapierkauf häufig versteckte Gebühren oder Rückvergütungen, die nur für Profis zu erkennen sind. Immerhin müssen die genauso Geld verdienen wie die übrigen Anbieter."

Einig sind sich Stibbe und Halbe aber in einem Punkt: Das neue Produkt werde für viel Konkurrenzdruck sorgen - und das werde auch die Kosten drücken.

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