Vor vier Monaten startete die Urlauber-Airline Condor einen überraschenden Angriff auf die Domäne des Marktführers Lufthansa und bietet seither selbst Inlandsflüge in Deutschland und insgesamt neun neue Städteverbindungen an. Entgegen den Erwartungen vieler Skeptiker scheint der Außenseiter-Coup aus Sicht der Fluggesellschaft offenbar erfolgreich. Am Dienstag kündigte Condor-Chef Peter Gerber sogar eine kurzfristige Ausweitung des Angebots an.
Seit März fliegt die in Frankfurt beheimatete Condor zweimal täglich von und nach Hamburg, Berlin und München und bietet in gleicher Frequenz weitere Städteverbindungen mit Prag, Zürich, Rom und Wien sowie Mailand und Paris an. Schon in den wenigen Monaten habe Condor auf den neuen Verbindungen 2500 Flüge durchgeführt und mehr als 100.000 Fluggäste befördert, mit einer ungewöhnlich hohen Pünktlichkeit von 88 Prozent.
Nun wird die Offensive ausgeweitet und die Frequenz erhöht. „Es läuft so gut, dass wir uns entschieden haben, die meisten Verbindungen im Winter dreimal täglich zu fliegen“, erklärte Gerber am Dienstagmittag am Frankfurter Flughafen. Schon jetzt habe Condor sein Sitzplatzangebot in Frankfurt durch die Expansion im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent gesteigert.
Condors Einstieg in die City-Verbindungen war in der Branche von manchen Skeptikern als eine Art Verzweiflungsakt belächelt worden, mit welcher der Touri-Flieger das Problem zu lösen versuche, welches ihr der große Wettbewerber Lufthansa eingebrockt hatte. Diese hatte jahrelang auf Basis nun ausgelaufener Verträge Langstrecken-Passagiere von Condor zum Frankfurter Flugdrehkreuz geflogen, wo sie dann in die gestreiften A330-Langstreckenjets Richtung USA und anderswo umsteigen konnten. Diese Kooperation hat die Lufthansa in der Form beendet, worauf es viel Ärger gab und bis heute andauernde kartellrechtliche Ermittlungen. Nur noch 5 Prozent der Condor-Umsteiger würden heute noch von der Lufthansa gebracht, sagt Gerber.
Nun fliegt Condor seine Passagiere, sowie die einiger internationaler Lufthansa-Konkurrenten, eben selbst aus neun europäischen Städten nach Frankfurt und umgekehrt. Und tut damit etwas, was nach Darstellung der Lufthansa auf profitable Weise angeblich kaum noch oder gar nicht möglich ist. Wegen der hohen Steuern und Abgaben an deutschen Flughäfen hat der Marktführer sein innerdeutsches Flugangebot in letzter Zeit immer mehr zusammengestrichen und wächst nur noch im Ausland.
Innerdeutsch profitabel - das geht
Condor-Chef Gerber hingegen sagt, dass Städteverbindungen auch innerhalb Deutschlands profitabel angeboten werden könnten, „wenn Sie die richtige Kostenstruktur haben“. Er verweist auf eine frühzeitig modernisierte Flugzeugflotte, durch die Condor deutlich spritsparender fliegen kann als die meisten Wettbewerber, die noch auf Flugzeuglieferungen warten.
Aufgrund des Erfolgs will Condor jetzt nicht nur zum Winter die Frequenz erhöhen und einen zusätzlichen Mittagsflug einführen. Im kommenden Jahr will Gerber zudem drei zusätzliche Städteverbindungen dreimal täglich bedienen, nach Barcelona, Venedig und Budapest, und zudem die Frequenzen zu Langstreckenzielen erhöhen.
Dass Condor mit seinen Städteverbindungen aktuell allerdings noch kein Geld verdient, dementiert Gerber nicht. Der Ladefaktor, so räumte er auf Rückfrage ein, liege bei den Städteverbindungen im Schnitt erst bei rund 50 Prozent – was bedeutet, dass die Flugzeuge halb leer fliegen.
Dies liege auch daran, dass viele deutsche Kunden auf diesen Strecken gar nicht mit einem Konkurrenzangebot rechneten und statt über Suchmaschinen gleich auf der Lufthansa-Seite suchten, glaubt Gerber, der die Bekanntheit des neuen Condor-Angebots mit gezielten Marketingmaßnahmen erhöhen will. Überraschend erfolgreich sei jetzt schon Wien, wo die Maschinen bereits zu 80 Prozent voll seien.
Condor ist nicht die erste Airline, die es mit innerdeutschen Städteverbindungen versucht. Air Berlin hatte es vor Jahren ebenfalls versucht und ging pleite. Airline-Chef Gerber sieht darin kein schlechtes Omen. Condor sei „nicht der Air Berlin-Fall“, sagt er. Anders als die gescheiterte Hauptstadt-Airline verfolge seine Airline eine Mischstrategie.
In ihren City-Fliegern säßen neben reinen Point-to-Point-Passagieren, die wie bei Air Berlin einfach nur zum Beispiel von Berlin nach Frankfurt wollen, eben auch noch Umsteigepassagiere, die weiter auf die Langstrecke oder zum Beispiel auf die Kanaren fliegen wollten. Zudem führe man Gespräche mit zahlreichen internationalen Partnern, um sich gegenseitig mit Zubringerflügen in den jeweiligen Ländern zu unterstützen.
„Wir gehen davon aus, dass man das langfristig profitabel fliegen kann“, sagt Gerber, der sich in seiner Expansion nur durch die Lufthansa gebremst sieht, die ihre Marktmacht noch immer ausnutze, um Wettbewerber fernzuhalten. „Mit normalem wettbewerbsgemäßen Verhalten haben wir aber kein Problem.“
Steffen Fründt ist Wirtschaftskorrespondent der WELT und berichtet über Themen aus Luftfahrt, Tourismus sowie die Sport- und Freizeitbranche. Mit Condor flog er zuletzt nach Los Angeles und war von Fluggerät und Service an Bord positiv angetan.
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