Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland von derzeit 12,82 Euro soll in zwei Schritten bis zum 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro pro Stunde steigen. Dies sieht ein am Freitag mitgeteilter Beschluss der Mindestlohnkommission vor, der formell vom Bundesarbeitsministerium umgesetzt werden muss. 2026 soll der Mindestlohn im ersten Schritt auf 13,90 Euro steigen.

Die Entscheidung sei von den Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern im Gremium „einstimmig“ getroffen worden, sagte die Vorsitzende Christiane Schönefeld. Die Mindestlohnkommission entscheidet alle zwei Jahre über die Anpassung.

Die Kommission blieb damit unter der Zielmarke, die vor allem die SPD vorgegeben hatte. Die Sozialdemokraten hatten erklärt, der Mindestlohn werde noch 2026 auf 15 Euro steigen. Diese Marke wird nun nicht einmal 2027 erreicht. Der designierte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf hatte im Nachrichtenmagazin POLITICO am Freitag gesagt, dass der umstrittene Wert 2026 aus SPD-Sicht auch etwas unter den erwünschten 15 Euro liegen dürfe: „Wenn er knapp drunter ist, würden wir kein Gesetzgebungsverfahren anschließen.“

Die nordrhein-westfälische SPD-Landeschefin Sarah Philipp forderte, den Mindestlohn gesetzlich anzuheben. „Ich halte es für absolut wichtig, hier einen Pflock einzuschlagen und den Mindestlohn auf 15 Euro anzuheben, notfalls per Gesetz“, sagte Philipp POLITICO. „Das ist notwendig.“

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann begrüßte die Verständigung. „Es ist gut, dass die Mindestlohnkommission sich einvernehmlich geeinigt hat“, sagte er. „Das ist gelebte Sozialpartnerschaft und zeigt, dass die Kommission funktioniert. Die Lohnfindung bleibt auch in Zukunft Sache der Tarifpartner.“

Schönefeld sprach von einem tragfähigen Kompromiss, der für einen Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und Betriebe sorge. Mit Blick auf in der Öffentlichkeit geäußerte Erwartungen über einen Mindestlohn von 15 Euro sprach sie von sehr schwierigen Gesprächen. „Versuche der politischen Beeinflussung“ seien mit der gewollten Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission „nicht vereinbar“, kritisierte sie.

Der Verhandlungsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Stefan Körzell, sagte, es seien „harte Verhandlungen“ gewesen. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Steffen Kampeter, kritisierte den großen Druck, der in den letzten Monaten von politischer Seite auf die Kommission ausgeübt worden sei. Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 sei „erreichbar“.

Nun ist Bärbel Bas am Zug

Über Wochen war man sich in dem Gremium aber uneins gewesen, wie aus Verhandlungskreisen verlautete. Wäre die unabhängige Mindestlohnkommission nicht zu einer Einigung gekommen, hätte der Gesetzgeber handeln können. Die Mindestlohnerhöhung muss nun von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) per Rechtsverordnung umgesetzt werden. Die Bundesregierung kann den Beschlussvorschlag nicht ändern.

Der Mindestlohn in Deutschland war 2015 unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeführt worden. Bei der Erhöhung auf 12 Euro im Oktober 2022 hatte ausnahmsweise der Gesetzgeber dem Gremium die Entscheidung per Gesetz aus der Hand genommen. Damals hatte der spätere Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Mindestlohn mit ins Zentrum seines Wahlkampfs für mehr „Respekt“ gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern gestellt.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte in einem Interview klargestellt, dass es „keinen gesetzlichen Automatismus“ geben werde. Der Mindestlohn könne „bei dieser Höhe zum 1.1.2026 oder 2027 liegen“, so Merz bereits im April.

Ziel: Armutsbekämpfung

Entscheidende Faktoren für die Lohnuntergrenze sind die zurückliegende Entwicklung der Tariflöhne in Deutschland, errechnet durch das Statistische Bundesamt. Zudem dient der mittlere Lohn als Ausgleichsgröße, denn als angemessener Mindestlohn gelten 60 Prozent des nationalen Medianlohns, also des statistisch errechneten mittleren Lohns. So soll vermieden werden, dass künftig noch mehr Menschen durch Armut gefährdet sind.

Vergangenes Jahr waren laut offizieller Statistik 15,5 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet – rund 13,1 Millionen Menschen in Deutschland. Als armutsgefährdet gelten laut EU-Definition alle, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügen. 1378 Euro im Monat nach Steuern und Sozialabgaben waren dies 2024 für eine alleinlebende Person in Deutschland. Die Arbeitgeber hatten allerdings vor gravierenden ökonomischen Folgen durch eine deutliche Mindestlohnerhöhung gewarnt. Deutschland droht 2025 das dritte Rezessionsjahr in Folge.

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