Fahrradhersteller und Handel finden nicht aus dem Nachfragetal heraus. Zwar versichern Branchenvertreter auf der Messe Eurobike, man sehe Licht am Ende des Tunnels. Das sagten sie allerdings auch schon vor einem Jahr.
Der Fahrrad-Verkauf sei aktuell besser als im Vorjahr, sagte der Geschäftsführer des Fahrradindustrie-Verbandes ZIV, Burkhard Stork, auf der Fahrradmesse Eurobike in Frankfurt. Doch trotz schönen Wetters im Frühjahr blieb das Geschäft im März und April schwach.
Stork rechnet damit, dass Hersteller an den Handel in den ersten vier Monaten fünf bis sechs Prozent mehr Räder als im Vorjahreszeitraum verkauft haben. Die Verkäufe in den ersten vier Monaten 2024 waren allerdings außerordentlich schlecht.
Sinkender Umsatz, sinkende Preise Der Umsatz der Fahrradbranche in Deutschland lag 2024 einer Studie der Beratungsgesellschaft EY zufolge bei rund 6,3 Milliarden Euro. Das waren zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der verkauften E-Bikes schrumpfte um zwei Prozent auf zwei Millionen. Noch stärker ging der Absatz mechanischer Räder zurück - um fünf Prozent auf 1,8 Millionen. Für Verbraucher bedeutet dies sinkende Preise. Der Durchschnittspreis eines E-Bikes sank 2024 um zehn Prozent auf 2.650 Euro.Nach wie vor belastet früheres Fehlmanagement das Geschäft. Während der Lockdowns in der Corona-Pandemie war die Nachfrage nach Fahrrädern enorm gestiegen. Hersteller konnten nicht schnell genug produzieren; es mangelte an Zulieferteilen.
Nachdem das wieder funktionierte, füllten Groß- und Einzelhändler ihre Lager. Sie erwarteten weiter glänzende Geschäfte. Doch die Nachfrage ebbte ab; die Lager blieben voll. Eurobike-Messechef Stefan Reisinger sprach von "gewissen Warenüberhängen". Es werde mit hohen Rabatten verkauft, weshalb es bei Händlern "Liquiditätsthemen" gebe.
Akkus halten länger als gedacht
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sieht einen "gesättigten Markt". Es gehe aber nicht nur um eine Normalisierung der Nachfrage nach dem Corona-Hoch und um billige Angebote aus übervollen Lagern. "Ein zusätzlicher Dämpfer für die deutsche Fahrradbranche könnte die Lebensdauer der verkauften E-Bikes sein", schreibt das IW. Die Akkus halten deutlich länger als gedacht, so dass der Ersatzbedarf gering ist.
Die Messeveranstalter versuchen, das Image des Fahrradfahrens als ökologisch vorbildlich zu schärfen. Was die Messeleitung unter "Ecomobility" verspricht, ist wenig konkret. Riese & Müller, ein Odenwälder Hersteller teurer E-Bikes, wirbt in einer Messezeitung mit einer Nachhaltigkeitschefin. Sie berichtet von großen Fortschritten im Einsparen von CO2. Der umfangreiche "Verantwortungsbericht" von Riese & Müller nennt aber nur Daten aus der eigenen Produktion. Ausgespart ist die Frage, wo Material und Vorprodukten herkommen oder wie alte Räder entsorgt werden.
Schlechte und fehlende Radwege sind ein Problem
In der Branche ist man sich einig, dass bessere Infrastruktur den Fahrradabsatz ankurbeln könnte. Es gehe um mehr, bessere und sichere Fahrradwege. Wasilis von Rauch vom Lobbyverband "Zukunft Fahrrad" sagte, 70 Prozent der Radfahrer fühlten sich nicht sicher. Wenn das gelöst sei, werde Radfahren noch populärer.
Die Behauptung, auf dem Land seien Menschen aufs Auto angewiesen, sei Unsinn, so von Rauch. In vielen Dörfern seien Krankenhaus, Oberschule, Einzelhandel, Schwimmbad, Kino und Baumarkt in 15 bis 20 Minuten mit Fahrrad oder Lastenrad erreichbar. "Auch die Krankenschwester auf dem Land kann mit dem Rad fahren", berichtet von Rauch aus seinem Wohnort mit 2.000 Einwohnern an der Oberhavel. "Mehr noch: Sie will das auch gern, wenn ihr ein gescheiter Radweg geboten würde."
Wo ist die Zielgruppe?
Allzu oft werde nur von Autos und dem Angebot des öffentlichen Verkehrs gesprochen. Von Rauch plädierte dafür, dass sich die Fahrradbranche mit Seniorenverbänden und Gesundheitslobbyisten zusammentut, um aus ihrer angestammten Ecke von Sportlern und wohlhabenden Städtern herauszukommen.
Verbands-Geschäftsführer Stork bestätigte, dass die Branche gern in die falsche Richtung schaue. Ältere Menschen, die am Samstagnachmittag Ausflüge auf teuren E- Bikes machen, gälten als langweilig. "Aber die kaufen unsere Räder", so Stork.
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