Wie schon zuvor in Europa haben auch die US-Anleger positiv auf die Waffenruhe im Nahen Osten sowie den Rückgang der Ölpreise reagiert. Die Krisenwährung Dollar war hingegen nicht mehr gefragt.
Die Wall Street hat heute wie schon zuvor die europäischen Märkte positiv auf die Entspannung im Nahen Osten reagiert. Alle großen Aktienindizes legten unter der Führung der Technologiebörse Nasdaq zu, die am Ende 1,43 Prozent höher schloss bei 19.912 Punkten. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte 1,53 Prozent vor.
Der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte, gewann 1,19 Prozent auf 43.089 Zähler und der marktbreite S&P 500 schloss 1,11 Prozent besser.
Bereits zum Wochenstart hatten die Kurse davon profitiert, dass der Iran vergleichsweise moderat auf den US-Angriff auf iranische Atomanlagen vom Wochenende reagiert hatte. Auch Berichte, wonach sowohl Israel als auch der Iran die Waffenruhe im Laufe des Tages verletzt haben, brachten Investoren nicht aus dem Tritt. Trumps Aufruf zu einem Waffenstillstand markiert eine Kehrtwende in dem Konflikt. Am Wochenende hatten die USA iranische Atomanlagen bombardiert und der Iran daraufhin als Vergeltung Raketen auf einen US-Stützpunkt in Katar abgefeuert.
Ölpreise auf Talfahrt
Ausdruck der Erleichterung der Anleger ist auch die anhaltende Talfahrt der Ölpreise, die Inflationssorgen bremst. Ein Barrel (159 Liter) Brent-Öl aus der Nordsee mit Lieferung im August kostete zuletzt 66,86 Dollar, über fünf Prozent weniger als gestern. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI fällt in ähnlicher Höhe auf 65,02 Dollar.
Bereits gestern waren die Ölpreise um neun Prozent gefallen, nachdem ein iranischer Vergeltungsschlag auf einen US-Stützpunkt ohne Folgen geblieben war. Der symbolische Angriff wurde als Signal gewertet, dass der Iran vorerst auf weitere Aktionen verzichtet. Nach Einschätzung des Analysten Chris Weston vom australischen Handelshaus Pepperstone sind Anleger mittlerweile der Überzeugung, dass das Risiko eines Angebotsschocks am Ölmarkt endgültig gebannt sei.
Powell dämpft Zinshoffnungen
Etwas Wasser in den Wein goss allerdings Notenbankchef Jerome Powell. Denn trotz der Forderung nach kräftigen Zinssenkungen aus dem Weißen Haus hält er an seiner vorsichtigen Linie fest, was aber kaum überraschte. "Es steht außer Frage, dass Trump Druck gemacht hat, die Zinssätze zu senken", sagte Peter Cardillo, Chefvolkswirt bei Spartan Capital Securities. "Aber ich glaube nicht, dass Powell nachgeben wird."
Man sei vorerst gut positioniert, um vor einer Anpassung der Geldpolitik mehr über den wahrscheinlichen Verlauf der Wirtschaft zu erfahren, sagte Powell heute laut Redemanuskript vor einem Kongressausschuss. Die Erhöhung der Zölle in diesem Jahr dürfte die Preise in die Höhe treiben und die Wirtschaftstätigkeit belasten. Die Auswirkungen auf die Inflation könnten zwar nur vorübergehend sein. Es sei aber auch möglich, dass inflationäre Effekte längerfristig seien, warnte der Fed-Chef.
DAX kommt in Fahrt
Auch wenn die Waffenruhe zwischen dem Iran und Israel noch wackelt, griffen die Anleger am Aktienmarkt heute kräftig zu. Sie zeigten sich erleichtert, dass sich der Konflikt zwischen Israel und dem Iran zumindest nicht ausgeweitet hat. Zudem profitierte der heimische Markt heute von fallenden Ölpreisen sowie einem anziehenden ifo-Geschäftsklimaindex. .
Israel will nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von weiteren Angriffen gegen den Iran absehen. Das sicherte Netanjahu nach Angaben seines Büros heute nach einem Gespräch mit US-Präsident Donald Trump zu.
Der DAX schloss am Ende bei 23.641 Punkten um 1,6 Prozent höher. Gestern hatte der deutsche Leitindex noch 0,3 Prozent auf 23.269 Punkte eingebüßt, bei einem Tagestief bei 23.081 Punkten. Heute lag die Handelsspanne zwischen 23.599 und 23.812 Zählern.
Auch der MDAX der mittelgroßen Werte stieg deutlich um 2,3 Prozent und hat dabei im Verlauf die Marke von 30.000 Punkten überwunden. Der Schlussstand lag bei 29.957 Punkten knapp darunter.
Laut dem Marktbeobachter Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets gehen Anleger davon aus, dass das größte Risiko im Konflikt zwischen Iran und Israel aus dem Markt ist. "Die Rückkehr in Aktien wird getrieben durch die Hoffnung auf ein dauerhaftes Ruhen der Waffen im Nahen Osten", schrieb er am Morgen. Am Ölmarkt werde die zuletzt eingepreiste Risikoprämie wieder abgebaut.
Euro steigt über 1,16 Dollar
Am Devisenmarkt setzte der Euro seinen Anstieg vom Vortag fort. Gestern war die Gemeinschaftswährung im US-Handel über einen ganzen Dollar-Cent höher gehandelt worden als zum europäischen Fixing bei 1,1472 Dollar. Heute sank der Greenback gegen den Euro in der Spitze bis auf 1,1642 Dollar. Zuletzt wurden im US-Handel 1,1612 Dollar bezahlt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1607 (Montag: 1,1472) Dollar fest. Auch der japanische Yen legte gegen den Dollar zu.
US-Verbrauchervertrauen trübt sich deutlich ein
Gegenwind für den Dollar kam am Nachmittag auch vom US-Verbrauchervertrauen des privaten Forschungsinstituts Conference Board. Denn die Stimmung der Verbraucher in den USA hat sich im Juni unerwartet eingetrübt. Der Konsumindikator sei um 5,4 Punkte auf 93,0 Punkte gefallen, teilte das Conference Board heute in Washington mit. Volkswirte hatten hingegen im Schnitt mit einem Anstieg auf 99,8 Punkte gerechnet. Im Mai hatte sich der Indikator noch deutlich erholt, nachdem er zuvor fünf Monate in Folge gefallen war.
"Die Verbraucher waren pessimistischer, was die Geschäftslage und die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen in den nächsten sechs Monaten angeht, und der Optimismus hinsichtlich der künftigen Einkommensaussichten nahm leicht ab", kommentierte Stephanie Guichard, Volkswirtin beim Conference Board. "Zölle standen bei den Verbrauchern weiterhin ganz oben auf der Agenda und wurden häufig mit der Sorge um ihre negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Preise in Verbindung gebracht."
Unternehmensstimmung auf höchstem Stand seit Mai 2024
DAX und Euro profitierten heute vom aktuellen ifo-Geschäftsklima. Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer stieg den sechsten Monat in Folge und erreichte den höchsten Wert seit Mai 2024. "Die deutsche Wirtschaft schöpft langsam Zuversicht", sagte ifo-Präsident Clemens Fuest.
Der Anstieg sei ein klares Signal, dass das Konjunktur-Tief hinter uns liege, kommentiert Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. "Von nun an dürfte sich die deutsche Wirtschaft erholen, nicht wegen besserer Rahmenbedingungen für die Unternehmen, sondern vor allem wegen des riesigen Finanzpakets der Regierung und der Zinssenkungen der EZB. Für 2026 erwarten wir ein Wachstum von 1,4 Prozent."
Heidelberg Materials an der DAX-Spitze
Die fallenden Energiepreise stützten unter den Einzelwerten gleich eine ganze Reihe von Branchen. Die Aktien des Reisekonzerns TUI, der Lufthansa und des Flughafenbetreibers Fraport legten deshalb zu.
"Die Lufthansa profitiert zweifach von der überraschend schnellen Deeskalation im Nahen Osten und auch dem fallenden Ölpreis", kommentierte ein Händler. Auch andere Airlines hoben ab. British Airways-Mutter IAG zog in London zeitweise um acht Prozent an, ebenso die Titel von EasyJet und Wizz Air.
Auch der Zementhersteller Heidelberg Materials gehörte zu den Gewinnern - dessen Aktie führte den DAX mit einem Plus von rund sechs Prozent an. Einem Händler zufolge profitierte der Baustoffkonzern auch davon, dass die Analysten der Bank of America das Kursziel auf 215 Euro von zuvor 205 Euro erhöht hätten.
Auch zum Schweizer Rivalen Holcim habe es einige positive Analysten-Notes gegeben. "Ich denke, dass der Fokus wieder stärker auf das Infrastrukturprojekt wandert", sagte der Börsianer. Rüstungswerte sind hingegen nicht gefragt. Rheinmetall gehörten im DAX zu den größten Verlieren, Renk und Hensoldt im MDAX.
Continental senkt die Ziele, Aktie fällt
Die Conti-Aktie stand im DAX ebenfalls unter Druck. Das Hannoveraner Unternehmen wird künftig zum reinen Reifenhersteller. Während die Autosparte im September unter dem Namen Aumovio über die Börse abgespalten wird, haben die Niedersachsen nun auch die Trennung von ihrer Kunststofftechnik-Sparte Contitech über einen Verkauf im kommenden Jahr besiegelt.
Das Management um Konzernchef Nicolai Setzer senkte zugleich wegen der US-Zölle seine Jahresziele und sorgte damit zum heutigen Kapitalmarkttag für einen Stimmungsdämpfer. Als Reaktion prüft Continental nun auch einen Ausbau der Produktion in den bestehenden drei US-Reifenwerken. "Wir werden so viel lokalisieren, wie wir können", sagte Konzernchef Nikolai Setzer. "Die Werke, die wir haben, werden wir jetzt weiter hochfahren."
Schweizer Untersuchung gegen Beiersdorf
Sind Nivea-Produkte in der Schweiz teils so teuer, weil der Hersteller Beiersdorf seine Marktmacht wettbewerbswidrig ausnutzt? Dies ist der Kern einer Untersuchung, die die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) angekündigt hat. Sie prüfe, ob Beiersdorf von der Schweizer Supermarktkette Migros für Nivea-Produkte höhere Preise verlangt als von vergleichbaren Ketten im Ausland. "Für Beiersdorf gilt die Unschuldsvermutung", betonte sie.
Traton sieht schwierigere Zeiten
Die VW-Nutzfahrzeugholding Traton stellt sich angesichts der erhöhten Zölle der USA auf schwierige Quartale ein. Eigentlich habe der Hersteller seine Produktion im zweiten Quartal erhöhen wollen, sagte Traton-Chef Christian Levin heute auf einer Konferenz im schwedischen Almedalen. Doch die Zahlen zum Auftragseingang entwickelten sich nicht so, wie sie sollten. Levin hofft nun darauf, dass die staatlichen Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung in Europa die Lkw-Bestellungen langfristig nach oben treiben.
US-Behörde nimmt Teslas Robotaxis ins Visier
Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA verlangt von Tesla Auskunft über dessen neuen Robotaxi-Dienst. Anlass sind Online-Videos, die zeigen sollen, wie eines der fahrerlosen Fahrzeuge die falsche Spur benutzt und ein anderes zu schnell fährt. Tesla erklärte der NHTSA daraufhin, seine Antworten auf Fragen zur Sicherheit des Robotaxi-Einsatzes in Texas seien vertrauliche Geschäftsinformationen und sollten nicht veröffentlicht werden. Die Tesla-Aktie gibt einen Teil der hohen Gewinne vom Vortag wieder ab.
Brainlab kurz vor Börsengang
Der Münchner Medizintechnik-Softwareanbieter Brainlab geht an die Börse. Das Unternehmen wird dabei mit bis zu 2,1 Milliarden Euro bewertet. Brainlab will innerhalb einer Woche bis zu 5,2 Millionen Aktien in einer Preisspanne von 80 bis 100 Euro verkaufen, wie die vor der Umwandlung in eine Europa-SG (SE) stehende Firma mitteilte. Das Emissionsvolumen läge damit bei bis zu 520 Millionen Euro.
160 bis 200 Millionen davon gehen an das Unternehmen selbst, der Rest an Firmengründer Stefan Vilsmeier, seine Verwandten und den Münchner Finanzinvestor EMH Partners. Die Aktien können von heute an bis zum 1. Juli gezeichnet werden. Das Debüt von Brainlab an der Frankfurter Börse ist für den 3. Juli geplant.
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