Die Angriffe Israels und der USA auf iranische Nuklearanlagen haben nicht nur militärische Ziele im Visier. Sie zielen auch auf das politische Herz des Landes: das Regime in Teheran.

Was von aussen wie ein Befreiungsschlag aussieht, kann innen als Zerstörung wahrgenommen werden.
Autor: Katajun Amirpur Professorin für Islamwissenschaft an der Universität Köln

Doch daran, dass ein solcher Umsturz von aussen gelingen kann, äussert die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur, Professorin für Islamwissenschaft in Köln, im Gespräch mit SRF erhebliche Zweifel. «Ein Regimewechsel durch Bomben ist ein gefährlicher Irrglaube», warnt sie. Die Geschichte zeige, dass militärische Interventionen selten stabile Demokratien hervorbringen – Libyen und der Irak seien mahnende Beispiele. «Was von aussen wie ein Befreiungsschlag aussieht, kann innen als Zerstörung wahrgenommen werden.»

Die Empfehlungen der «Bombenwerfer»

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte gegenüber «Fox News», die militärische Operation könne «in einem Regimewechsel enden», da die iranische Führung «sehr schwach» sei. Auch US-Präsident Donald Trump sprach auf «Truth Social» davon, dass man wisse, wo sich der «Oberste Führer» verstecke. Das ist ein kaum verhüllter Hinweis auf gezielte Angriffe.

Legende: Diesen Eintrag hat US-Präsident Donald Trump auf seinem eigenen Social-Media-Kanal «Truth Social» veröffentlicht. SRF/Screenshot

Trump schrieb auch: «Es ist nicht politisch korrekt, den Begriff Regimewechsel zu verwenden, aber wenn das derzeitige iranische Regime nicht in der Lage ist, den Iran grossartig zu machen, warum sollte es dann nicht einen Regimewechsel geben??? MIGA!!!» Das Kürzel steht offenbar für Make Iran Great Again!, zu Deutsch: Macht den Iran wieder gross!

Legende: Eine bewaffnete Wache steht im Zentrum von Teheran. (24. Juni 2025) Reuters/Majid Asgaripour

Diese Aussagen entfalten Wirkung. Sie senden ein Signal an die iranische Bevölkerung und an die Opposition im Exil. Der Sohn des letzten Schahs, Reza Pahlavi, ruft offen zum Sturz des Regimes auf.

Viele Iraner empfinden es als zynisch, wenn ausgerechnet jene, die Bomben werfen, zum Aufstand aufrufen.
Autor: Katajun Amirpur Professorin für Islamwissenschaft an der Universität Köln

Doch Iran-Kennerin Amirpur bleibt skeptisch: «Ich habe im Iran noch nie jemanden getroffen, der ernsthaft sagt, er wünsche sich Reza Pahlavi zurück.» Seine Nähe zu Trump und Netanjahu mache ihn eher unbeliebt. «Viele Iraner empfinden es als zynisch, wenn ausgerechnet jene, die Bomben werfen, zum Aufstand aufrufen.»

«Krieg hilft nicht»

Der Druck von aussen stärke nicht zwangsläufig die Opposition – im Gegenteil: Das Regime könne sich darauf berufen, von «ausländischen Feinden» bedroht zu sein, und damit jede Protestbewegung als fremdgesteuert diskreditieren.

Dieser Krieg hilft der Demokratiebewegung im Iran nicht.
Autor: Katajun Amirpur Professorin für Islamwissenschaft an der Universität Köln

Amirpur betont, dass ein Wandel nur von innen kommen könne. «Dieser Krieg hilft der Demokratiebewegung nicht», sagt sie. «Das Regime verfügt über eine Million bewaffneter Kräfte. Wer soll es stürzen?»

Legende: US-Präsident Donald Trump und der Iran: Was will Trump erreichen? Reuters/Dado Ruvic/Illustration

Zugleich sei der Wille zum Wandel ungebrochen. «80 Prozent der Bevölkerung wollen einen Regimewechsel – aber nicht unter einem Bombenhagel.» Die Menschen hätten Angst, dass ein Umsturz ins Chaos führe. «Ein Regimewechsel ohne Plan für die Zeit danach ist brandgefährlich.»

Plädoyer für realistische Aussenpolitik

Amirpur nennt Alternativen: «Es gibt viele glaubwürdige Stimmen im Land – Menschenrechtsaktivisten, Anwältinnen, Gewerkschafter. Sie geniessen weit mehr Ansehen als Pahlavi.» Doch sie würden systematisch unterdrückt. «Viele sagen mir: Ich bin doch nicht bescheuert, Leib und Leben zu riskieren – für etwas Aussichtsloses.»

Die Islamwissenschaftlerin plädiert für eine realistische Aussenpolitik. «Wer wirklich helfen will, sollte die Zivilgesellschaft stärken – nicht mit Raketen, sondern mit wirtschaftlicher Öffnung und politischem Druck auf das Regime.» Denn eines sei klar: «Ein demokratischer Iran lässt sich nicht herbeibomben.»

Diskutieren Sie mit:

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke