Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) spricht sich für eine breitere Förderung von Elektroautos aus. Nach der von der Bundesregierung beschlossenen ausgeweiteten Abschreibung von Firmenwagen sei es nun nötig, auch Privatleute beim Kauf solcher Autos zu unterstützen, sagte der Politiker im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten (CHW). Dabei müsse es auch um Gebrauchtwagen gehen. „Dadurch würde ein großer Teil der Gesellschaft, der sich heute von der Technik ausgeschlossen fühlt, erreicht“, sagte er.
Es gehe darum, Mobilität von morgen für alle bezahlbar zu machen – auch mit Blick auf den perspektivisch steigenden Preis von Benzin und Diesel durch die steigende CO₂-Abgabe, sagte Lies. Es sei bereits klar, dass Tanken besonders ab 2027 teurer werde und E-Autos daher die günstigste Form der individuellen Mobilität würden. Wichtig sei für den Umstieg, zuverlässig einen niedrigen Strompreis zu gewährleisten.
Zudem müsse der Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos belebt werden, um die Restwerte von Leasing-Autos zu stützen und das Leasing so zu verbilligen. Es müsse sich herumsprechen, dass gebrauchte E-Autos etwa bei der Batterieleistung weiterhin technisch mithalten könnten.
Lies sagte, die 2009 und 2010 gezahlte „Abwrackprämie“ habe sich bewährt. Ein ähnliches Instrument sei erneut denkbar. „Wir müssen Konsumimpulse setzen. Dabei spielt die Automobilindustrie – neben ganz vielen anderen – eine wesentliche Rolle.“
Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der stimmberechtigten Stammaktien am VW-Konzern. Daher ist Lies Mitglied im Aufsichtsrat des Automobilherstellers. Der Sozialdemokrat lobte den Fortschritt beim vereinbarten Stellenabbau des Konzerns. Der Konzern sei dabei „sehr weit“.
Volkswagen will bis Ende 2030 in Deutschland 35.000 Stellen streichen. Laut einer internen Mitteilung des Betriebsrats vom Mittwoch sind allein an den westdeutschen Standorten bereits 20.000 Stellen identifiziert. Nur 1300 Mitarbeiter davon gehen durch Aufhebungsverträge, also mit einer Abfindung. Allerdings ist das bislang nur für Büroarbeiter möglich, in den Werken wird das Abfindungsprogramm erst noch ausgerollt. Ein Viertel des bereits festgezurrten Abbaus läuft über den regulären Renteneintritt. Den größten Anteil macht die Altersteilzeit aus. Die Quote für diesen früheren Renteneintritt liegt bei den älteren Jahrgängen je nach VW-Standort bei 70 bis 90 Prozent, denn VW gleicht lebenslang einen Teil der Renteneinbuße aus.
Lies sagte, der Abbau werde in jedem Fall wie vereinbart umgesetzt. Volkswagen müsse dabei allerdings darauf achten, trotzdem für künftig wieder steigende Nachfrage gerüstet zu bleiben. Für besonders betroffene Standorte wie im Werk Osnabrück brauche es intelligente Lösungen. Ein Beispiel sei eine Werksschließung beim Zulieferer Continental in Gifhorn. Hier hatten unter anderem der Wärmepumpenbauer Stiebel Eltron und Rheinmetall Anlagen und Mitarbeiter übernommen.
Lies verteidigte die zuletzt bei der VW-Hauptversammlung von Vertretern der Kleinaktionäre stark kritisierte Doppelrolle von VW-Chef Oliver Blume, der zugleich den unabhängigen Konzernableger Porsche führt. „Das, was er heute macht, macht er gut“, sagte Lies über den Manager. Mit Blick auf die Umstellung auf Elektromobilität und notwendige gemeinsame Technologien etwa bei Batteriezellen sei es sinnvoll, den gesamten Konzernverbund inklusive Porsche im Blick zu haben statt einzelner Marken.
Lies ist seit dem 20. Mai dieses Jahres Ministerpräsident von Niedersachsen als Nachfolger des aus Altersgründen zurückgetretenen Stephan Weil. Zuvor war der studierte Elektrotechniker Wirtschafts- und Umweltminister des nördlichen Bundeslands.
Christoph Kapalschinski ist Wirtschaftsredakteur und schreibt für WELT über die Automobilbranche.
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